Höhere Mehrwertsteuer in der Gastronomie „Die 12 Prozent mussten wir draufschlagen“

Höhere Mehrwertsteuer: „Die 12 Prozent mussten wir draufschlagen“
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Wegen der Coronabelastungen war die Mehrwertsteuer auf Speisen in der Gastronomie auf 7 Prozent gesenkt worden. Diese Regelung ist zum Jahresende 2023 ausgelaufen. Seit dem 1. Januar dieses Jahres gilt wieder der alte Satz von 19 Prozent. Haltener Gastronomen hatten deutliche Preiserhöhungen und ausbleibende Gäste befürchtet.

Durch steigende Kosten in vielen weiteren Bereichen von Energie bis zu Lebensmitteln werde man mit einer Anhebung der Preise um 12 Prozent möglicherweise nicht auskommen, befürchteten die Gastronomen. Seit sechs Wochen gilt jetzt diese neue Regelung. Wie sehen die ersten Erfahrungen aus? Drei Gastwirte ziehen ein erstes Fazit.

„Man spürt schon, dass die Gästezahlen etwas weniger werden,“ sagt Christian Zehren, Sprecher des Halterner Hotel- und Gaststättenverbandes. „Es ist aber noch ein bisschen zu früh, um gesicherte Erkenntnisse zu haben.“ Auch Zehren musste die Preise in seinen Betrieben (unter anderem Rossini, Kolpingtreff und Kajüte) anheben. „Die 12 Prozent mussten wir draufschlagen, sonst kämen wir bei den insgesamt steigenden Kosten nicht mehr klar.“

Ausgehverhalten der Gäste

Was sich noch nicht abschätzen ließe, seien die Langzeitfolgen, so Christian Zehren. „Wird sich das Ausgehverhalten der Gäste insgesamt ändern, wenn sie auf Dauer die höheren Preise zahlen müssen? Das ist die entscheidende Frage. Also kommen die Mittagsgäste, die bisher dreimal pro Woche kamen, nur noch zweimal? Oder findet das monatliche Familienessen vielleicht nur noch alle zwei Monate statt? Das müssen wir abwarten.“

Was Zehren besondere Sorgen macht, ist, dass immer mehr Betriebe ganz schließen. „Ich denke da an Landgasthöfe aus dem Münsterland, deren Betreiber aufgeben, weil die Rahmenbedingungen insgesamt nicht mehr stimmen. Immer mehr Gastronomie, gerade im ländlichen Raum, verschwindet. Das ist in strukturschwachen Regionen fatal. Muss ich mir mein Butterbrot bald selber schmieren, wenn ich in diese Gegenden fahre?“

Gelegentlich wird Christian Zehren auch von Gästen auf die neuen Rahmenbedingungen angesprochen. „Viele haben die Diskussionen natürlich in den Medien verfolgt“, sagt er. „Sie waren vorab informiert, überrascht wurde davon eigentlich niemand.“

Preise 12 Prozent angehoben

Auch Marijo Pavlovic musste die Restaurantpreise im Hotel am Turm um 12 Prozent anheben. „Seit wir den Betrieb vor fünf Jahren übernommen haben, habe ich die Preise so gut wie gar nicht verändert, aber jetzt ließ sich das nicht mehr vermeiden“, sagt er. Negative Reaktionen von Gästen habe es bisher aber nicht gegeben.

Marijo Pavlovic vom Hotel am Turm steht in seinem Restaurant.
Auch Marijo Pavlovic vom Restaurant am Turm musste nach der Mehrwertsteuererhöhung die Preise anheben. © Jürgen Wolter

Januar und Februar seien in Bezug auf die Restaurantbesuche generell die schwächsten Monate des Jahres, sagt Pavlovic. Insofern ließe sich zurzeit schlecht sagen, ob es durch die Mehrwertsteuererhöhung zu sinkenden Gästezahlen kommt. „Das wird man erst in den Sommermonaten tatsächlich beurteilen können“, vermutet er.

Cornelia Arentz von Arentz Bauernladen, Café und Restaurant in Lippramsdorf hat die Preise ebenfalls angepasst. „Es sind nicht immer exakt 12 Prozent, das würde ja zu sehr krummen Preisen führen“, sagt sie. „Wir versuchen das dadurch auszugleichen, dass wir unser Angebot zum Beispiel beim Frühstücksbüfett angepasst und erweitert haben. Außerdem bauen wir einen neuen Wintergarten und wollen den Gästebereich vergrößern.“

Cornelia Arentz vom Bauernladen, Café und Restaurant Arentz Bauernladen,
"Die Gäste haben verständnisvoll auf die Preiserhöhungen wegen der Mehrwertsteuer reagiert", sagt Cornelia Arentz. © Jürgen Wolter

Die Gäste hätten größtenteils mit Verständnis auf die Preiserhöhungen reagiert, berichtet Cornelia Arentz. „Allerdings haben wir festgestellt, dass die Gäste manchmal beim Trinkgeld sparen. Das ist weniger geworden, was natürlich für die Angestellten nicht so schön ist.“

Keine Zwischenstufe

Ende November hatten die Halterner Gastronomen das Gespräch mit dem SPD-Bundestagsabgeordneten Brian Nickholz gesucht. Dieser hatte darauf hingewiesen, dass die Senkung er Mehrwertsteuer für 2024 nur unter erneuter Aussetzung der Schuldenbremse finanzierbar sei. Dazu ist es aber nicht gekommen. Auch seine Idee, die Steuer vielleicht nur auf 10 oder 12 Prozent zu erhöhen, lässt sich nicht realisieren.

„Brian Nickholz hat mir in einem Schreiben mitgeteilt, dass das nach EU-Recht nicht zulässig ist. Es dürfe keine dritte Mehrwertsteuerstufe eingeführt werden“, sagt dazu Christian Zehren. „Uns blieb also nichts anderes übrig, als mit Preiserhöhungen zu reagieren.“