
Der SPD-Bundestagsabgeordnete Brian Nickholz vertritt die Städte Marl, Herten, Haltern, Datteln und Oer-Erkenschwick in Berlin. © Fionn Große
Brian Nickholz ist ein Jahr im Bundestag: „Es gab auch einen Realitätsschock“
Politik in Berlin und in der Region
Seit einem Jahr vertritt Brian Nickholz die Städte Marl, Herten, Datteln, Haltern und Oer-Erkenschwick im Bundestag. Für den SPD-Politiker stand plötzlich auch das Thema Krieg auf der Agenda.
von Martina Möller
Marl, Herten, Oer-Erkenschwick, Datteln
, 26.09.2022, 05:00 Uhr / Lesedauer: 3 minMit 37,4 Prozent der Stimmen wurde der Marler SPD-Politiker Brian Nickholz am 26. September 2021 im Wahlkreis 122 in den Bundestag gewählt. Der damals 31-Jährige ahnte schon, dass es herausfordernd wird, als Bundestagsneuling in Corona-Zeiten einer Regierungskoalition anzugehören. „Nach der Euphorie des Wahlsiegs war es ein harter Einstieg“, sagt er heute. Jetzt ist das erste Jahr in der Bundespolitik fast vorbei. Der Marler zieht eine erste Bilanz seiner Arbeit.
Wir treffen den Bundestagsabgeordneten vor Beginn der Haushaltswoche in Berlin in seinem Wahlkreisbüro an der Victoriastraße in Marl. Hier werden seine lokalen Termine koordiniert, hier findet auch im digitalen Zeitalter noch die klassische Bürgersprechstunde statt. „Sie hat immer noch größere Wirkung als Online-Konferenzen oder Telefongespräche.“ Im Marler Wahlkreisbüro arbeiten Büroleiterin Marina Verkamp und Sachbearbeiterin Miriam Breuckmann zurzeit mit Praktikantin Dana. Im Berliner Büro ist der Stab größer. Anna Conradt leitet das Bundestagsbüro und betreut mit den wissenschaftlichen Mitarbeitern Tabea Zahlmann und Christian Botz die Ausschussarbeit des Bundestagsabgeordneten. Malte Weinert koordiniert Termine und Cornelius Wilke sorgt für Öffentlichkeitsarbeit, insbesondere in den sozialen Medien. Brian Nickholz nutzt Facebook, Twitter, Instagram, hat einen eigenen Podcast und arbeitet mit seinem Team in Berlin weiter daran, die Netzwerke für sich zu nutzen, auch um jüngere Menschen für Politik zu interessieren.

Brian Nickholz im Wahlkreisbüro an der Victoriastraße in Marl mit Büroleiterin Marina Verkamp (Mitte) und Praktikantin Dana. © Martina Möller
Nicht viel Zeit zum Eingewöhnen
Viel Zeit zum Eingewöhnen blieb dem frisch gewählten Bundestagsabgeordneten nach dem 26. September 2021 nicht. Umzug nach Berlin- zuerst nur ins Hotel - Sondierungsgespräche, dann Koalitionsverhandlungen und im Dezember endlich die Regierungsbildung. Themen wie Infektionsschutzgesetz und Coronahilfen beschäftigten das Parlament durchgehend. Auch wer nicht mit Verhandlungstisch saß, schob immer wieder Nachtschichten, um bei diesen Themen am Ball zu bleiben - für Brian Nickholz hieß das Gespräche und Online-Konferenzen aus seiner Berliner SPD-WG heraus. „Wir saßen oft zu dritt am Bildschirm“, erzählt er. Er teilt sich eine 125-Quadratmeter-Wohnung im Berliner Regierungsviertel mit den SPD-Bundestagskolleginnen Ye-One Rhie und Lena Werner. Die Wohngemeinschaft ist sein zweites Zuhause geworden. „Wir teilen die Hausarbeit und die Kosten“, verrät er, räumt aber gleichzeitig ein. „Aber man sieht sich eigentlich kaum.“

Brian Nickholz im Wahlkreisbüro an der Victoriastraße in Marl mit Büroleiterin Marina Verkamp (Mitte) und Praktikantin Dana. © Martina Möller
Aber dann kam der 24. Februar. Mit Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine kam für den jungen SPD-Politiker noch einiges mehr ins Wanken.
„Alle Staaten in der Nato hatten sich geirrt“, lautete damals die bittere Erkenntnis für den Sozialdemokraten aus Marl. Plötzlich musste er über Waffenlieferungen und Sanktionen mitentscheiden. Das 100 Milliarden Euro Sondervermögen zur Stärkung der Bundeswehr habe er anfangs wie einen „Realitätsschock“ empfunden, erklärt er. Der Krieg in der Ukraine, die Folgen für Deutschland und die Welt gehören nun seit mehr als einem halben Jahr zu seinem politischen Alltag. Ausdrücklich befürwortet er die Sanktionen gegen Russland. „Ich glaube immer noch, mit einem Import-Stopp wären wir nicht gut bedient gewesen.“
Problematische Entscheidungen mittragen
Schnell weitreichende Beschlüsse zu fassen, das sieht der 32-jährige Berufspolitiker aus Marl nach wie vor als eine der Herausforderungen im Bundestag an. „Ich muss auch Entscheidungen mittragen, die ich problematisch finde“, betont er. Trotzdem sei er in der Bundespolitik und in der Bundeshauptstadt mittlerweile angekommen.
In den Sitzungswochen macht sich Brian Nickholz meistens von Marl aus mit dem Zug auf den Weg nach Berlin. Sein vorläufiges Fazit als Marler Bahnpendler: „Mal so, mal so.“ In seinen ersten Tagen als Bundestagsmitglied endete seine Reise schon mal auf halber Strecke. „Ich bin aber auch schon mal vor der fahrplanmäßigen Zeit angekommen“, berichtet er. Die Fahrzeit in der Bahn nutzt er, Dokumente zu bearbeiten und seine Lesemappe zu leeren. Ein Flugzeug nach Berlin nimmt er nur in Ausnahmefällen.

Auch zu Hause läuft der Alltag jetzt anders: Brian Nickholz, hier mit seiner Ehefrau Jaqueline. © Meike Holz (A)
Zeit fürs Privatleben bleibt dann in Berlin kaum noch. „Den Bundestag verlässt man als Abgeordneter selten, wenn man einmal da ist“, erklärt er. „Auch wenn das im Plenarsaal oft nicht so aussieht.“ Zu Hause in Marl mussten Brian Nickholz und seine Frau nach der Wahl ebenfalls ihr Privatleben völlig umkrempeln. Jaqueline Nickholz arbeitet als Krankenschwester im Schichtdienst, ist oft im Einsatz, wenn ihr Mann gerade da ist. Sie hat eher selten Gelegenheit, ihn in Berlin zu besuchen. Trotzdem haben sich beide in der neuen Situation mittlerweile gut eingelebt.
Junge SPD-Fraktion im Bundestag
In der SPD-Fraktion des Bundestags fühlt sich der Marler gut aufgehoben. Ein Viertel der 206 Mitglieder ist wie er unter 35 Jahre alt. Die NRW-Landesgruppe ist die größte in der Berliner SPD-Fraktion. Brian Nickholz gehört im Bundestag dem Ausschuss Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen an, dort ist er Schriftführer. Als stellvertretendes Mitglied wurde er außerdem in den Finanzausschuss und den Familienausschuss entsandt.
Kontakt zu Brian Nickholz per Mail an brian.nickholz.wk@bundestag.de oder telefonisch unter 02365 508 9803.
Geboren und aufgewachsen in Haltern am See, nach der Schulzeit zunächst für einige Jahre an der Waterkant in Hamburg heimisch geworden. Nach der Rückkehr zunächst in Marl und dann wieder in Haltern zu Hause. Seit 2007 im Medienhaus Bauer verwurzelt, anfangs in der Regionalredaktion, seit 2014 in der Marler Redaktion, seit 2017 als Ressortleiterin. Mag die Menschen im Revier besonders wegen ihrer direkten Art, ihre Meinung kundzutun.Die Menschen in ihrem Alltag und den Wandel der Stadt zu begleiten, bietet uns jeden Tag aufs Neue eine Fülle von spannenden Themen und Geschichten, die unter die Haut gehen. Ist beruflich und privat kulturinteressiert, leidenschaftliche Museumsbesucherin, Konzert- und Theatergängerin.