Tobias Schlüter ist verärgert. Das angekündigte Aus der Steuervorteile für Landwirte seitens der Bundesregierung macht den Betreiber eines Milchviehbetriebes in Haltern-Holtwick fassungslos: „Mir fehlt jedes Verständnis für diesen Plan, sagt er. „Als Landwirte werden wir gleich dreifach bestraft.“
Er habe die Gespräche der Ampelkoalition zum Bundeshaushalt gespannt verfolgt und bis zuletzt gehofft, „dass die Regierung ihre Ausgaben kürzt, statt ihre Einnahmen zu erweitern“, so Schlüter. Dass sie sich ihre Gelder nun aus der Landwirtschaft holen wolle, sei ein Unding.
Seinen Frust erklärt der Halterner so: „Was mich stört, ist die Mehrfachbelastung, der wir Landwirte dann ausgesetzt sind. Zum einen, wenn die Befreiung der Kfz-Steuer wegfällt; dann, wenn wir keine Dieselrückvergütung erhalten und zuletzt dadurch, dass der Sprit ohnehin für alle teurer wird.“
Bislang muss Schlüter keine Kfz-Steuer für seine Nutzfahrzeuge zahlen – was er auch nur als logisch ansieht: „Die Steuer wird nach dem Verursacherprinzip für Fahrzeughalter berechnet, die das Straßennetz beanspruchen. Wir sind mit unseren Fahrzeugen zu 70 Prozent auf dem Acker, da macht man keine Straßen kaputt“, sagt er.
23.000 Euro Einbußen
Eine ausbleibende Dieselrückvergütung würde ihn finanziell jedoch noch härter treffen: Um seine Fläche von 200 Hektar zu bewirtschaften, verbrauche er jährlich rund 61.000 Liter Kraftstoff. Allein der Futtermischwagen, mit dem er seine 380 Kühe versorgt, schlucke täglich 50 Liter Diesel.
Hochgerechnet auf 365 Tage seien das rund 20.000 Liter. Hinzu komme das Bestellen der Felder und die Futterernte mit dem Häcksler, der weitere 40.000 Liter Diesel pro Jahr verbraucht.
Ohne Steuerentlastung fehlten Schlüter so 13.000 Euro im Jahr. Zuzüglich der erhöhten Spritkosten von 2.500 Euro und der Kfz-Steuern von 7.500 Euro mache das eine Summe von 23.000 Euro.
„Das ist eine Menge Geld, die wegfällt“, sagt Schlüter. „Wir beschäftigen hier noch sechs Arbeitskräfte, die auch bezahlt werden wollen.“ Darüber hinaus befürchtet der Landwirt, dass die Wettbewerbsfähigkeit leiden könne und Mitbewerber aus anderen EU-Ländern bevorteilt würden.

Protest in Berlin am Montag
Berufskollege und Leidensgenosse Ludger Winkelkotte sieht das ähnlich: „Die französischen und holländischen Nachbarn kommen sicher nicht in den Schlaf vor Lachen, die fahren teilweise noch mit Heizöl.“
Entsprechend schlecht sei die Stimmung unter den hiesigen Landwirten. Auflagen und finanzielle Hürden machten den Beruf ohnehin immer unattraktiver: „Die jungen Leute werden ihre landwirtschaftlichen Betriebe nicht länger weiterführen, wenn das so weitergeht“, prophezeit er.
Ganz kampflos will Winkelkotte dem Schicksal seiner Berufsgruppe aber nicht entgegensehen: Der Deutsche Bauernverband hat bereits zu einer Kundgebung am kommenden Montag (18. Dezember) am Brandenburger Tor in Berlin aufgerufen. „Da wird sicher auch jemand aus Haltern mitfahren“, sagt er. Tobias Schlüter hat der Aufruf auch schon erreicht.
Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 15. Dezember 2023.