
Ein Wildschwein-Kadaver (in diesem Fall ein Dummy) ist aus einem Teich geborgen worden und wird von zwei Veterinären untersucht. © Michael Wallkötter
Afrikanische Schweinepest: Es wird ein Wettlauf gegen die Zeit
Mit Video / Tierseuche
Bei der bislang größten Tierseuchenübung geht es in Haltern-Lavesum vor allem um die Bergung von Wildschwein-Kadavern. Beim Aufspüren leisten 16 speziell trainierte Hunde bemerkenswerte Hilfe.
Wenn die Afrikanische Schweinepest (ASP) den Kreis Recklinghausen erreicht, wird es höchstwahrscheinlich ein Wildschwein sein, welches das Virus in sich trägt. Die Verbreitung der für Schweine tödlichen Seuche zu verhindern, wird dann zum Wettlauf mit der Zeit. Seit Jahren bereiten sich die Veterinärämter im nördlichen Ruhrgebiet und im Münsterland auf den Ernstfall vor. Die bislang größte Übung mit mehr als 100 Vertretern von Behörden und Hilfsorganisationen - gemeinsam organisiert von den Kreisen Recklinghausen, Coesfeld und Borken - fand am Mittwoch (21. September) in der Gegend um Haltern-Lavesum statt. Im Mittelpunkt: die Bergung von Wildschwein-Kadavern.

Die Landräte (v.r.) Bodo Klimpel (RE), Christian Schulze Pellengahr (Coesfeld) und Dr. Kai Zwicker (Borken) verfolgen das Geschehen in Haltern-Lavesum. © Michael Wallkötter
A43-Raststätten sind ein Risikofaktor
Lavesum mit viel Wald und Flur ist nicht zufällig als Schauplatz ausgewählt worden. „Wir liegen hier mitten im gefährdeten Bereich“, sagt Landrat Bodo Klimpel, der mit seinen Amtskollegen aus Borken (Dr. Kai Zwicker) und Coesfeld (Christian Schulze Pellengahr) die Übung begleitet. An den beiden nahen A43-Raststätten machen viele Lkw-Fahrer aus Osteuropa, wo die ASP schon seit Jahren grassiert, Station. Ein achtlos weggeworfenes Wurstbrot könnte reichen, um das Virus in Umlauf zu bringen. Denn der Erreger kann Wochen bis Monate in der verarbeiteten Wurst infektiös bleiben. Und an Wildschweinen, die sich über solche „Leckerbissen“ hermachen, mangelt es im Bereich der Lavesumer Autobahnraststätten absolut nicht.
Alle Alarmglocken schrillten bereits, als in der Grafschaft Bentheim (Niedersachsen), in unmittelbarer Nachbarschaft zum Kreis Borken, ein ASP-Fall aus einem landwirtschaftlichen Betrieb gemeldet wurde.
Hunde dürfen Kadaver finden, aber nicht berühren
Wenn eines Tages im Kreis Recklinghausen bei einem verendeten Wildschwein die Afrikanische Schweinepest nachgewiesen werden sollte, laufen fest definierte Prozesse ab. Dann wird auch Olaf Müller zum Einsatz kommen. Er ist beim Landesbetrieb Wald und Holz NRW dafür zuständig, eine auf ASP-Kadaver spezialisierte Suchhundeeinheit aufzubauen. 16 Tiere sind derzeit in der Ausbildung. „Sie werden darauf trainiert, die Witterung von toten Wildschweinen aufzunehmen, dürfen aber nicht an die Kadaver gehen“, berichtet er. Im November sollen die Hunde so weit sein, dass sie ihre Aufgabe zuverlässig erfüllen. „Vorher sollte besser kein ASP-Fall auftreten“, meint Müller.
Im Ernstfall werden ganze Gebiete rund um den Kadaver-Fundort, durchaus 20 bis 30 Quadratkilometer groß, eingezäunt. So soll verhindert werden, dass infizierte Rotten weiterziehen. In NRW sind dafür Weidezäune, die unter Strom gesetzt werden können, mit 150 Kilometer Länge und stabile Maschendrahtzäune für 250 Kilometer zentral eingelagert. Thomas Lühn ist Chef einer dieser Zaunbaufirmen, mit denen das Land einen Vertrag geschlossen hat. „Bei optimalen Voraussetzungen schaffen wir fünf Kilometer am Tag“, sagt er.

Ein unter Strom gesetzter Weidezaun soll die Wildschweine am Weiterziehen hindern. „Fünf Kilometer schaffen wir am Tag“, sagt Zaunbauer Thomas Lühn. © Michael Wallkötter
Bergung aus unwegsamem Gelände und einem Gewässer
Die Einsatzkräfte selbst müssen sich darauf einrichten, in unwegsamem Gelände tätig zu werden. Das macht das Aufspüren und vor allem die Bergung der verendeten Wildschweine nicht einfacher. Bei der Tierseuchenübung in den Wäldern bei Lavesum wird allerdings nicht nur das mit Hilfe von Kadaver-Dummys trainiert. Auch die Bergung aus einem Gewässer wird exerziert. Am Ende steht dann der Abtransport der toten Tiere und die Entsorgung in einer Tierkörperbeseitigungsanstalt. Der entsprechende Lkw darf das abgesperrte Gelände erst verlassen, nachdem er eine Schleuse zur Dekontamination durchfahren hat.

Ein Lkw transportiert die Tierkadaver ab. Er muss zunächst dekontaminiert werden. © Christian Pozorski
Infektion im Schweinestall könnte Landwirt ruinieren
Was würde ein ASP-Fall bei Wildschweinen für die umliegenden landwirtschaftlichen Betriebe bedeuten? Auf jeden Fall müssten sie sich auf Einschränkungen einstellen. „Tiere aus der Sperrzone herauszubringen, ist nur nach besonderen Untersuchungen möglich“, erläutert der Chef des Kreisveterinäramtes, Dr. Siegfried Gerwert. Der wirtschaftliche Schaden, der den Schweinebauern der betroffenen Region wegen weiterer Exporteinschränkungen droht, dürfte noch schwerer wiegen. Schon heute leidet die deutsche Fleischwirtschaft unter Exportbeschränkungen in Folge der Afrikanischen Schweinepest. Die Landwirte selbst unternehmen große Anstrengungen, um das Virus von ihren Ställen fernzuhalten. Eine ASP-Infektion im eigenen Betrieb kann einen Landwirt an den Rand des Ruins bringen.
Keine Gefahr für Menschen
- Die Afrikanische Schweinepest ist eine Viruserkrankung, deren Verlauf sowohl für Wild- als auch für Hausschweine tödlich ist.
- Bislang gibt es noch keinen Impfstoff gegen die Erreger.
- Eine Ansteckungsgefahr für Menschen besteht nicht.
Geboren 1960 in Haltern am See, aufgewachsen in Marl und jetzt wohnhaft in Dorsten: Ein Mensch, der tief verwurzelt ist im Kreis Recklinghausen und dort auch seit mehreren Jahrzehnten seine journalistische Heimat gefunden hat. Schwerpunkte sind die Kommunal- und Regionalpolitik sowie Wirtschafts- und Verbraucherthemen.