Halterner Pfarrer lässt sich nicht beirren „Kirchenasyl ist keine Raketenwissenschaft“

Pfarrer Ostholthoff wehrt sich gegen Kritik: „Kirchenasyl ist keine Raketenwissenschaft“
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Das Kirchenasyl ist zwischen Behörden und Kirchen umstritten. Eine Handreichung der katholischen Bischöfe spricht vom Kirchenasyl als „letztem Mittel“, um in Einzelfällen „unzumutbare Härten“ abzuwenden. Die Pfarrei St. Sixtus hat schon vielen Geflüchteten im Kirchenasyl Schutz geboten: Menschen, die im Rahmen des Dublin-Verfahrens in das Land abgeschoben werden sollen, wo sie erstmalig EU-Boden betraten. Das sind die Länder Spanien, Bulgarien oder Rumänien, in deren Lagern menschenunwürdige Verhältnisse herrschen. Derzeit beherbergt die Pfarrei sieben Personen.

Im Pfarrhaus an der Gildenstraße sind Jessiden, Mutter und Sohn, sowie ein junger afghanischer Wissenschaftler im Asyl, in Sythen drei syrische Männer und im Pfarrhaus Hl. Kreuz eine syrische Frau. „Es sind Menschen, die voller Angst stecken und schreckliche Traumata erlebt haben“, sagt Pfarrer Michael Ostholthoff.

Würde mit Füßen getreten

Pfarrer Michael Ostholthoff gewährt seit 2020 Kirchenasyle. Er versteht darunter keinen Gesetzesbruch, sondern einen Akt der Menschlichkeit. Es geht ihm zunächst nicht darum, dass die Geflüchteten ein dauerhaftes Bleiberecht in Deutschland bekommen.

Für den Geistlichen ist wichtig, dass das Asylverfahren im rechtsstaatlichen Deutschland bearbeitet wird und nicht in EU-Ländern, in denen die Menschenwürde mit Füßen getreten wird. „Alle, die bis jetzt bei uns im Kirchenasyl waren, sind ins deutsche Asylverfahren überführt worden“, berichtet er von Erfolgen.

„Wir arbeiten maximal transparent mit den Behörden zusammen“, das hilft in einer Zeit, in der der Druck auf Kirchenasyle wächst. Die Debattenkultur nehme gerade einen anderen Ton an, „aber wir halten an unserer Grundhaltung fest und stellen sie nicht durch Tagespolitik zur Disposition“, bekräftigt Pfarrer Ostholthoff. Wir, das sind neben der Pfarrei unter anderem auch der Halterner Tafelladen, der Asylkreis, Vitus und viele Einzelpersonen.

Dass es wegen des praktizierten Asyls Kirchenaustritte in Haltern gab, bedauert der leitende Pfarrer, Für ihn aber ist dieser Schutz die beste Prävention gegen Hass, Gewalt und Terrorismus. 25.000 Euro spendeten Halterner übrigens im vergangenen Jahr, damit die Geflüchteten im Kirchenasyl betreut werden können.

Keine Sonderrechte

Kürzlich fand in Münster, in der Kirche Liebfrauen-Überwasser, eine Ausstellung „Zuflucht geben – gemeinsam hoffen“ statt. Diese Wander-Ausstellung kommt am 1. Dezember nach Haltern. In Münster gab es im Rahmen dieser Veranstaltung ein Podiumsgespräch unter anderem mit Michael Ostholthoff. „Kirchenasyl ist keine Raketenwissenschaft!“, sagte er an diesem Abend, wiederholte es jetzt bei einem Gespräch in Haltern und will sagen: Kirchenasyl ist kein Hexenwerk. „Der gute Wille führt uns an die Ziellinie.“

Er wie auch die anderen Gesprächs-Teilnehmenden wollten vor allem eines: Kirchengemeinden ermutigen, „Brot, Bett und Beziehungen“ bereitzustellen, um von Abschiebung bedrohten Flüchtlingen eine erneute Überprüfung ihrer Situation zu ermöglichen.

Obwohl den Kirchen keine gesetzlichen Sonderrechte zustehen, wird das Kirchenasyl meist respektiert. Doch in letzter Zeit gab es wiederholt Polizeieinsätze gegen Kirchenasyle (Titel in der Taz: „In Hamburg ist nichts mehr heilig“), vereinzelt streben Kommunalbehörden sogar eine Strafverfolgung von Pfarrerinnen und Pfarrern an.

Ausstellung mit Porträts von Geflüchteten in der Sixtuskiche in Haltern.
Die Ausstellung "Zuflucht geben - gemeinsam hoffen" kommt am 1. Dezember (bis 5. Januar 2025) nach Haltern. Sie porträtiert in Wort und Bild Geflüchtete, die im Kirchenasyl waren oder sind. © Privat

Die Ausstellung „Zuflucht geben - gemeinsam hoffen“ soll Bewusstsein wecken. Diese Ausstellung in der Sixtuskirche wird vom 1. bis 17. Dezember begleitet von Gottesdienst, Podiumsgespräch, Vortrag und Begegnungen. Dann wird unter anderem auch Razeya Rasooli von ihren Erfahrungen im Kirchenasyl St. Sixtus berichten. Sie ist inzwischen anerkannt und lebt sicher in Haltern.

Kirchenasyl, sagt Michael Ostholthoff, ist eine großartige Aufgabe der Kirche. Er möchte andere Gemeinden ermutigen, dem Beispiel Halterns zu folgen. „Das scheitert leider oft am Willen, weil Pfarreien keinen Ärger haben oder sich nicht politisieren wollen.“