Kevin (24) fühlt sich wohl als schwuler Mann Als Dragqueen lebt er seine feminine Seite aus

Wie aus Kevin Dominic (24) die Dragqueen Sandra Bullcock wurde
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Spaß an ausgefallenen Verkleidungen hat Kevin Dominic, der seinen Nachnamen nicht öffentlich machen möchte, schon als Kind. Rosenmontag und Halloween sind seine Feiertage. Mit 13 rollt er als Kinderprinz beim Rosenmontagszug durch Recklinghausen. Als Teenager macht sich der Junge selbst mit einem aufwendigen Make-up und flüssigem Latex zum blutigen Zombie. Zur Abi-Mottowoche am Freiherr-vom-Stein-Gymnasium erscheint Kevin zum ersten Mal als Dragqueen.

Der 24-Jährige ist ein gut aussehender schlanker Mann, stattliche 1,95 Meter groß, der viel Wert auf sein Aussehen legt. Auch als Kevin in Jeans und Hemd ist er dezent geschminkt, so fühlt er sich wohl. „Die Idee für den Geschlechtertausch-Tag in der Mottowoche kam damals von mir. Viele meiner Mitschülerinnen und Mitschüler haben mich gar nicht erkannt. Ich habe Komplimente in Serie bekommen für mein Outfit“, erinnert er sich.

Kevin Dominic aus Recklinghausen als Dragqueen Sandra Bullcock.
Immer perfekt geschminkt: Eine von vielen Looks von Dragqueen Sandra Bullcock alias Kevin Dominic. © Privat

Da hatte er seinen Eltern längst seinen ersten Freund vorgestellt. Dass er schwul ist und sich mehr zu Männern hingezogen fühlt, weiß Kevin im Alter von 14 Jahren. „Ich habe schon als Kind gern mit Puppen gespielt.“ Seine Familie und Freunde seien ganz selbstverständlich und tolerant mit dem Thema umgegangen.

Skeptischer ist die Mama allerdings bei Kevins Hobby. „Sie hatte Angst vor negativen Reaktionen und hätte sich eher gewünscht, dass ich töpfere.“ Aber der Sohn ist nicht mehr zu bremsen. Auf Youtube, Instagram & Co. inhaliert er Videos, experimentiert mit immer glamouröseren Make-ups und Outfits.

„Ausdruck anderer Facetten meines Ichs“

Schon damals wird Sandra Bullcock geboren. „Der Namensvorschlag kam von meiner Drag-Mutter, ein Freund meines damaligen Partners, die eine Art Mentorin für mich war“, erzählt Kevin. Seitdem ist die Kunstfigur Sandra ein wichtiger Teil seines Lebens. „Sie ist meine Gender-Expression. Ich fühle mich nicht 100-prozentig männlich oder weiblich. Aber ich fühle mich wohl in meinem Körper. Durch die Verwandlung zur Dragqueen habe ich die Möglichkeit, alle Facetten meines Ichs auszuleben.“

Kevin Dominic aus Recklinghausen als Dragqueen Sandra Bullcock
Mehr als 40 verschiedene Outfits hat Kevin für seine Kunstfigur Dragqueen Sandra Bullcock. © Privat

Seit 2019 ist Sandra Bullcock eine der Stargäste beim Christopher Street Day (CSD) in Recklinghausen. Auf der Bühne tanzt sie und macht Lipsync, das neue Wort für Playback, auch bei der Parade durch die Stadt ist sie ein Hingucker. Inspiration und Tipps für die Auftritte lieferten die Drag-Vorbilder vom Hertener Revuepalast, wo Kevin seit Jahren Stammgast ist.

Drei Stunden von der Rasur bis zum letzten Strassstein dauert die Verwandlung von Kevin zu Sandra. Fast 40 Outfits hängen im großen Extra-Kleiderschrank seiner Wohnung in der Innenstadt. Dazu kommen unzählige Perücken, Schmuck, Highheels (bis 13 cm!), Make-up etc. für den sexy-glamourösen Drag-Look. Einen vierstelligen Betrag habe er schon in sein Hobby investiert, verrät Kevin.

Kevin Dominic aus Recklinghausen als Dragqueen Sandra Bullcock.
Im Barbie-Look: Drei Stunden dauert die Verwandlung von Kevin zur Dragqueen Sandra. © Privat

Die Mutter, längst sein größter Fan, die sich inzwischen gerne von ihrem Sohn schminken lässt, kann er beruhigen: Die meisten Reaktionen sind positiv. „Viele Männer erkennen mich nicht als Mann, pfeifen mir als Sandra hinterher. Und natürlich gibt es auch manchmal doofe Sprüche. Aber insgesamt ist Recklinghausen schon eine sehr tolerante Stadt.“ In Schwulen-Kreisen werde er aber manchmal von den eher maskulinen Männern kritisiert. „Die machen uns Dragqueens leider für viele Vorurteile verantwortlich.“

Queerer Stammtisch in der Altstadtschmiede

Aber auch von seinen Freundinnen und Freunden der queeren Szene bekommt Kevin, der aktuell solo ist, nur positives Feedback. Beim queeren Stammtisch in der Altstadtschmiede in der Kellerstraße findet der 24-Jährige viele Gleichgesinnte, schätzt die guten Gespräche.

Aktuell beginnt für ihn eine kleine neue Ära. Beim CSD in Haltern tritt er am Samstag, 19. August, zum ersten Mal für Gage auf und feiert Premiere als DJane. Das Lampenfieber steigt. Zumal Sandra Bullcock und ihre Drag-Schwester Jade Déjà.Vu zusammen mit Miss Cee aus Nürnberg nur eine Woche später, am 25. August, ihre erste eigene Show in der Altstadtschmiede zeigen. Wenn alles gut läuft, wird es nicht die einzige Show für Sandra bleiben. Obwohl er seinen Job als Küchenplaner liebt, hätte Kevin nichts dagegen, demnächst sogar in der Entertainment-Branche im Fernsehen zu landen. Seine Fühler hat er bereits ausgestreckt. Aber das ist eine andere Geschichte, die wir demnächst erzählen.

Mehr über Sandra Bullcock auch auf Instagram: @sandrabullcock_

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