Recklinghäuser Impfskandal: Patientin aus Haltern enthüllt So lief eine Scheinimpfung ab

Prozess um Scheinimpfungen: Arzt hantierte wohl mit „Schweigezettel“
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Im Prozess um knapp 600 vorgetäuschte Corona-Schutzimpfungen in einer Praxis im Recklinghäuser Paulusviertel hat eine Ex-Patientin enthüllt, warum sie sich von dem angeklagten Arzt (66) nur zum Schein impfen lassen hat. „Wir hatten in der Familie einen Todesfall nach einer anderen Impfung und für meine Ausbildung brauchte ich unbedingt eine Bescheinigung“, sagte die Frau aus Haltern.

Die ehemalige Patientin litt nach eigenen Angaben unter Angst vor Impfungen und möglichen Nebenwirkungen. „Dass man bei ihm ein Zertifikat ohne Impfung bekommen kann, habe ich auf den ‚Montags-Spaziergängen‘ erfahren. Meine Mutter und ich haben dann in der Praxis sofort einen Termin gemacht“, so die Zeugin.

Mit ihren Sorgen sei sie bei dem Arzt sofort auf offene Ohren gestoßen. Die Auszubildende: „Er hat mir einen Zettel gezeigt, auf dem stand, dass er mich jetzt piksen muss und ich nichts sagen soll. Dann hat er seinen Finger auf den Mund gelegt und eine Spritze aufgezogen.“

Und was war da drin? „Er hatte auf den Zettel geschrieben, dass da nur Kochsalz oder so drin ist“, erinnerte sich die Zeugin.

Die mitangeklagte Praxis-Angestellte (56) aus Herten habe ihr danach den Impfausweis mit den Original-Chargenaufklebern ausgehändigt. Als Gegenleistung habe ihre Mutter in eine aufgestellte „Spendenbox“ freiwillig 20 Euro eingeworfen.

Im Frühjahr 2022 standen dann bei Mutter und Tochter in Haltern zwei Polizistinnen vor der Tür. „Sie sagten, es gibt den Verdacht, dass wir gefälschte Impfausweise haben und dass sie uns auch zu einem Bluttest mitnehmen können“, so die Auszubildende.

Nach kurzer Überlegungszeit hätten sie die Vorwürfe zu- und die Impfpässe abgeben. Später sei ihr Strafverfahren gegen eine Geldzahlung eingestellt worden.

Hände in Einmalhandschuhen setzen eine Injektion an einem Oberarm an.
Ein Mediziner aus Recklinghausen soll Corona-Impfungen vorgetäuscht und Impfstoffe vernichtet haben. (Symbolbild) © picture alliance/dpa

Geständnis zurückgezogen

Der vor seiner Festnahme im Mai 2022 in Dortmund-Oespel wohnende Mediziner hatte zuletzt überraschend sein Geständnis zurückgezogen, eine offizielle Vereinbarung über die Strafhöhe aufgekündigt.

Der neue Verteidigungs-Kurs ist erkennbar auf Konfrontation ausgerichtet. Sein neu hinzugezogener Anwalt, ein bekennender Impfkritiker und Redner auf Demos gegen Corona-Maßnahmen, beanstandete die Vernehmungsmethoden der Polizei als illegal, die Aussagen von Patienten seien im Grunde alle unverwertbar.

Arzt freute sich über Schindler-Vergleich

Von einem überwachten Gefängnisbesuch im Februar war dokumentiert geworden, dass der Recklinghäuser Arzt Freude über einen Vergleich mit „Oskar Schindler“ empfunden hat, er und seine Frau zudem die Ausgrenzung von Ungeimpften durch Corona-Maßnahmen mit der Judenkennzeichnung durch den gelben Stern verglichen haben sollen. Im Prozess hieß es dazu jetzt, der Arzt habe „nur Literatur zitiert“.

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