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Hunderte dieser Anzeigen für Streunerhunde aus dem Ausland lassen sich über Plattformen wie Ebay-Kleinanzeigen finden. Nicht nur die Überschriften und Fotos ähneln sich. Auch der Text in den Anzeigen ist nahezu identisch. „Es sind die gleichen Standardsprüche“, sagt Judith Grümer, Hundetrainerin aus Haltern.
Sie kritisiert die Tricks vieler Tierschutzorganisationen. In ihrer Hundeschule „Bunterhund“ hat Judith Grümer fast täglich Kontakt mit Personen, die einen Streuner aus dem Ausland adoptiert haben. „Gerade heute habe ich wieder mit einem Paar aus Haltern telefoniert“, sagt sie.

Die emotionalen Anzeigen gehen ans Herz. Das Helfersyndrom springt an. „Ich habe damals denselben Fehler gemacht“, gibt Judith Grümer heute ehrlich zu. 2017 hat sie die Hündin Yella aus einem Tierheim in Italien adoptiert. „Ich würde das nie wieder machen. Das war unheimlich viel Arbeit.“
Viele Streuner in Haltern
Ihre Gruppen in der Hundeschule bestehen mittlerweile zur Hälfte aus Streunerhunden. „Durch Corona sind es mehr geworden“, sagt die 57-Jährige, „seitdem aber konstant auf dem Level geblieben. Aber keiner der Hunde kommt aus einem deutschen Tierheim. Die wurden alle aus dem Ausland geholt.“
In den östlichen Ländern wie Rumänien ist der Export von Hunden ins Ausland mittlerweile ein großes Geschäft geworden. Aus Tierschutz-Sicht ist es dabei oft gar nicht nötig, die Hunde von der Straße zu holen. Dann werden sie aus ihrem gewohnten Umfeld gerissen. Es gibt viele Studien zu diesem Thema. Ein Literaturtipp: Die Pizza-Hunde von Günther Bloch.
„Die Hunde sollten kastriert und dann zurück in ihr soziales Umfeld gebracht werden“, meint die Hundetrainerin. „Aber das ist ein politisches Problem.“ Für die Kastration von Straßenhunden fehlt den Städten oft das Geld.
Hunde werden blind gekauft
Die Hundetrainerin will hiesige Tierheime oder Züchter gar nicht auf den hohen Thron stellen. Aber es gibt deutliche Vorteile, wenn ein Hund aus Deutschland gekauft wird statt über eine Tierschutzorganisation aus dem Ausland. Man weiß genau, wo der Hund herkommt. Kann ihn vorher besuchen, sich kennenlernen.
Bei den meisten Tierschutzorganisationen geht das nicht. Interessierte bekommen nur ein Foto zugeschickt, vielleicht sogar noch ein Video dazu. Die Hunde sind dann meistens noch im Ausland. Auf dieser Grundlage sollen die Leute dann entscheiden, ob sie dem Hund ein Zuhause geben möchten.
Eine Kennlernphase fällt komplett weg. „Ich suche mir doch auch keinen Lebenspartner aus, von dem ich nur ein Foto gesehen habe“, zieht Judith Grümer einen anschaulichen Vergleich. „Aber genau das ist ein Hund. Ein Lebensbegleiter.“
Streuner oft verhaltensgestört
Kommt es zum Zuschlag, müssen die neuen Besitzer Geld bezahlen. Meistens kostet ein Streuner zwischen 350 und 500 Euro. Eines der Probleme: Über den Tierschutz kommt man deutlich günstiger an Hunde. Bei einem Züchter zahlt man etwa zwischen 1000 und 1200 Euro.

Gibt es genug Kaufabschlüsse in einer Region, wird ein Sammeltransport organisiert. Die Tiere werden verladen und auf die mehrstündige Reise geschickt. Total gestresst kommen sie in Deutschland an.
Den neuen Besitzern wird eine Anlaufstelle genannt, an der sie ihr neues Familienmitglied abholen können. „Die bekommen dann die Leine übergeben und haben einen Hund“, sagt Judith Grümer. „Als Trainerin fängt dann für mich die Arbeit an.“
Wenn die Hunde in Deutschland ankommen, dann sind sie oft gestört. Sie haben Angst vor Menschen, Angst vor lauten Geräuschen. Durch ihre Angst werden sie aggressiv an der Leine. Häufig bringen sie auch Krankheiten mit, die es in Deutschland schon lange nicht mehr gab. „Die Tierärzte laufen Amok, weil Krankheiten wieder angeschleppt werden.“ Ist der Hund krank, kommen zudem immense Kosten auf die neuen Besitzer zu.
„Bricht mir das Herz“
In den meisten Fällen gelingt es Judith Grümer, die Streuner zu erziehen. Dahinter steckt dann viel Arbeit und intensives Training. Doch es gibt auch Ausnahmen. Vier Fälle hatte sie schon, in denen der Hund aus der Familie herausmusste. „Das bricht mir dann das Herz“, sagt sie.
Es gibt aber auch Tierschutzorganisationen, die sich bei der Vermittlung der Hunde aus dem Ausland viel Zeit nehmen. Vorher werden die Gegebenheiten in dem neuen Zuhause geprüft. Es wird darauf geachtet, dass der Hund einige Wochen in die Hundeschule geht. Sie sind für Fragen offen und helfen. Trotzdem bleibt die Hundetrainerin dabei: „Ich würde den Tierschutz aus dem Ausland nicht unterstützen.“
Trainer beraten beim Hundekauf
Wer sich dennoch dafür interessiert, einen Hund aus zweiter Hand zu adoptierten, dem legt die Hundetrainerin die Tierheime in Deutschland ans Herz. „Es können auch gerne Hundeschulen kontaktiert werden“, sagt sie. Die Trainer beraten gerne und sind gut vernetzt.
Das Allerwichtigste bleibt aus ihrer Sicht aber: Sich vorher ausreichend Gedanken darüber zu machen, ob man die Verantwortung für einen Hund finanziell und personell stemmen kann. „Oft überlegen die Halter leider nicht lange genug.“
Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 4. Juni 2023.
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