
© Elisabeth Schrief
Ortsteilforum: Die Hullerner lieben ihre Idylle, aber sie haben millionenschwere Wünsche
Ortsteilforum Hullern
Fast wie im Rausch notierten Hullerner beim Ortsteilforum Wünsche und Kritik auf Zetteln. Am Bier lag das nicht. Vielmehr brannten ihnen Themen wie fehlende Baugrundstücke auf den Nägeln.
Der Saal in der Gaststätte Kuhlmann war rappelvoll. Der Einladung zum Ortsteilforum - das zweite nach Lippramsdorf - folgten am Donnerstagabend geschätzt 90 Bürger. „Mit dieser Resonanz haben wir gar nicht gerechnet“, staunte Andreas Meyer, Abteilungsleiter Stadtentwicklung im Dortmunder Planungsbüro Junker+Kruse.
Dieser war schon zuvor zwecks Bestandsaufnahme durch den Ort gefahren. Hullern, so findet er, ist ein ruhiger Wohnort im Grünen, ideal für Familien, eine Idylle für Besucher, die wie er aus dem Ruhrgebiet kommen. Aber Hullern ist nicht Bullerbü.
Baudezernent war von dem Eifer „schwer beeindruckt“
Als die Bürger im Anschluss an die Bestandsaufnahme des Planungsbüros nach ihrer Meinung gefragt wurden, sausten Filzstifte und Kugelschreiber über bereitgelegte farbige Zettel. Einige hatten Listen als Gedächtnisstützen von zu Hause mitgebracht. „Ich bin schwer beeindruckt von den vielen Pins“, überflog Baudezernent Siegfried Schweigmann das Ergebnis nach abgekürzten Workshops (weil die Lautstärke nicht mehr auszuhalten war).

An den Pinnwänden tauschten sich die Hullerner während des Ortsteilsforums aus. Für die Sportler war klar: Ein zweiter Tennenplatz täte dem Sportverein gut, aber wer soll den bezahlen? © Elisabeth Schrief
Es kam zum Vorschein, was die Hullerner bewegt. Ihnen fehlen Bauplätze, ein Versammlungsort, ein zweiter Sportplatz, bessere Radwegeverbindungen, enger getaktete Buslinien nach Haltern und Lüdinghausen, Gastronomie, Ärzte und ein Altenheim.
Junge Familien suchen händeringend Bauplätze
Hullern hat aktuell etwa 2400 Einwohner. Kinder von alteingesessenen Bürgern würden gern hier bauen, aber es gibt kaum Grundstücke. „Hullern ist durch die Bundesstraße 58 und eine 110 KV-Leitung als Barrieren stark in der Entwicklung eingeschränkt“, bemerkte Raimund Schumacher. Er stellt sich wie viele andere zumindest ein Baugebiet im Anschluss an die Gärtnerei Schwalvenberg vor. Dort kann er sich auch gut eine Seniorenresidenz vorstellen.
Auch der SV Hullern hat eine Fläche dort im Blick. Er hätte gern einen zweiten Fußballplatz. Mit der Auslagerung des Steverstadions könnte das Areal an der Hauptstraße dann als Baugrund vermarktet werden. Das sind sportliche Träume, aber woher soll das Geld kommen?

Das Ortsteilforum Hullern fand im Saal der Gaststätte Kuhlmann statt und war außerordentlich gut besucht. © Elisabeth Schrief
„An der Pinnwand hängen Wünsche, die mindestens fünf Millionen Euro schwer sind“, bemerkte Baudezernent Siegfried Schweigmann. Wie schon in Lippramsdorf mochte er nichts versprechen. Erst wenn alle Ortsteile im Rahmen des Forums abgefragt sind, will die Stadt eine Prioritätenliste erstellen und sehen, was überhaupt machbar ist.
Architekt weist auf die Förderprogramme des Landes hin
Arno Huesmann legte den Finger in die Wunde: „Vor 29 Jahren gab es das Dorferneuerungsprogramm, aus dem nicht viel gefolgt ist.“ Heinz-Werner Vißmann machte verbal Druck: „Wir haben schon den Anspruch, dass für uns dabei etwas herauskommt.“ Am Donnerstagabend waren es erst einmal nicht-alkoholische Freigetränke, gesponsert aus dem Bürgermeister-Etat. Und der Hinweis von Martin Rogge (Stadtraum-Architektengruppe) auf Förderprogramme des Landes. Einzusehen unter Heimat.Zukunft.NRW.
Denn Martin Rogge erkannte sehr wohl das starke Bürgerengagement in Hullern, mit dem sich seiner Meinung nach in dem Ort einiges bewegen lasse. Sowohl er als auch Andreas Meyer empfinden Hullern als eigenen Kosmos - „weit weg von Haltern“. Sehr idyllisch, mit sympathischen Elementen rund um die Andreas-Kirche, gepflegten Vorgärten und starken Qualitäten mit See, Stever und Lippe für Erholungssuchende.
Bis zum 6. Februar sind noch Anmerkungen möglich
Für Martin Rogge kristallisierte sich heraus, dass die Hullerner zwar den Radius des Ortsteils zur Stärkung der Infrastruktur größer ziehen möchten, aber sehr viel Wert auf den Erhalt ihres Dorfbildes und ihrer eigenen Identität legen.
Wer den Termin am Donnerstag verpasst hat, kann über die Internetseite der Stadt noch bis zum 6. Februar Anregungen geben und Kritik äußern.
Haltern am See ist für mich Heimat. Hier lebe ich gern und hier arbeite ich gern: Als Redakteurin interessieren mich die Menschen mit ihren spannenden Lebensgeschichten sowie ebenso das gesellschaftliche und politische Geschehen, das nicht nur um Haltern kreist, sondern vielfach auch weltwärts gerichtet ist.
