Diese Zeilen haben Helfer Markus Delitsch berührt. Er verspricht Josefine: „Dein Brief kommt bei den Flutopfern an.“

© Markus Delitsch

Hochwasser: Halterner Landwirte räumen auf - Josefine berührt mit Brief

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Halterner Landwirte sind Retter in der Not im Hochwassergebiet. Das Mädchen Josefine macht Flutopfern und Helfern Mut. Erster Transport mit Hilfsgütern aus Haltern in Erftstadt angekommen.

Haltern

, 19.07.2021, 17:47 Uhr / Lesedauer: 3 min

Wenn Landwirt Tobias Beermann etwas gerade nicht hat, dann ist das Zeit. In seinem Betrieb in Hullern werden am Montag Ferkel sortiert. Am späten Sonntagnachmittag ist der 33-Jährige erst vom Einsatz im Katastrophengebiet zurückgekommen. Am Dienstagmorgen um 4 Uhr fährt er wieder los, um sich wie andere Landwirte aus Haltern an den Aufräumarbeiten nach dem Hochwasser zu beteiligen.

„Eigentlich habe ich dafür keine Zeit, aber ich kann nicht anders, mein Gewissen gibt mir vor, was zu tun ist“, sagt der Landwirt. Er steckt mitten in der Erntezeit. Am Dienstag und Mittwoch wird sich seine Frau Sandra auf den Trecker setzen, um die Heuernte in Hullern einzufahren. Tobias Beermann berichtet, dass andere Landwirte aus der Krisenregion Lohnunternehmer bestellt haben, um selbst bei der Linderung der Not mit eingreifen zu können.

Dafür kann man einen Gülletank auch benutzen: Wasser wird aus einer Grundschule in Bad Neuenahr abgepumpt.

Dafür kann man einen Gülletank auch benutzen: Wasser wird aus einer Grundschule in Bad Neuenahr abgepumpt. © Tobias Beermann

Als es in der WhatsApp-Gruppe des Vereins „Land schafft Verbindung“ darum ging, Hilfe zu organisieren, hat Tobias Beermann nicht lange überlegt. Wie beispielsweise auch Stefan Hawig, Stefan Natrop und Markus Tappe aus Haltern ließ er zu Hause alles stehen und liegen und fuhr ins Hochwassergebiet.

Er selbst übernahm die Aufgabe, die Logistik der Landwirte in Bad Neuenahr zu koordinieren. Ihre Hilfe wird vor Ort dringend benötigt. „Die Feuerwehr und das THW sind total überfordert“, berichtet Tobias Beermann und fügt hinzu: „Ohne die Landwirtschaft würden die Aufräumarbeiten nicht funktionieren.“ Mit ihren Treckern und anderen schweren Maschinen räumen sie zum Beispiel Wege frei oder helfen dabei, Autos zu bergen und Wasser aus Gebäuden zu pumpen.

In den Hochwassergebieten wird mit schwerem Gerät gearbeitet.

In den Hochwassergebieten wird mit schwerem Gerät gearbeitet. © Tobias Beermann

Um die 35 Stunden am Stück haben er und viele seiner Kollegen beim Einsatz am Wochenende durchgearbeitet. Dienstagmorgen rückt er gemeinsam mit Stefan Hawig wieder aus, um Stefan Natrop und seine Mannschaft auf Bagger und Radlader abzulösen. Dann wird er wieder Bilder sehen, die sich in seinen Kopf brennen. „Den psychischen Druck hatte ich unterschätzt, obwohl ich versucht hatte, mich vorzubereiten. Es ist schlimmer, als ich es mir habe vorstellen können“, sagt er.

In Haltern sind am Wochenende unglaublich viele Menschen einem Spendenaufruf von Soraya Dünninghaus gefolgt und haben Pakete für die Hochwasseropfer gepackt.

Josefines Gruß geht ans Herz

Unter ihnen auch Josefine (Nachname unbekannt), die einen persönlichen Brief in einen Karton legte. Als dieser für die Sortierung des Inhalts geöffnet und auf Paletten umgepackt wurde, damit die Spenden schnell an die richtigen Adressaten kommen, flatterte Helfer Markus Delitsch das Schreiben entgegen.

Der Halterner findet, dass Josefine für ihre aufrichtigen und empathischen Zeilen unbedingt eine Antwort verdient hat. Deshalb wandte er sich an die Halterner Zeitung und lässt an Josefine ausrichten: „Ich möchte Dir, liebe Josefine, als Helfer Danke sagen und Dir mitteilen, dass Dein Zettel und Deine Spenden im Karton unterwegs ins Hochwassergebiet sind.“ Und: „Deine lieben Worte wird ein Flutopfer lesen und es macht in einer solchen Situation den Menschen Mut. Du hast es klasse gemacht!“

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Er selbst sei von der positiven Energie beflügelt worden, die mit Josefines Grüßen verbunden sei. Ihre Botschaft hat sichtlich sein Herz berührt.

Die ersten Hilfsgüter aus Haltern haben Erftstadt erreicht.

Die ersten Hilfsgüter aus Haltern haben Erftstadt erreicht. © privat

Der erste 40-Tonner mit zwei Containern voller Hilfsgüter aus Haltern hat am Montag das vom Hochwasser stark betroffene Erftstadt, Ortsteile Liblar und Kierdorf, erreicht. Sechs weitere Container werden folgen, kündigte die Halternerin Soraya Dünninghaus an, die aus Kerpen im Rhein-Erftkreis stammt. Sie hat Freunde vor Ort aktiviert, die beim Entladen helfen. Die Jugendwerkstatt der AWO in Erftstadt wird die Verteilung der Spenden an Bedürftige übernehmen. Drei gespendete Schmutzwasserpumpen wurden direkt für den Einsatz weitergegeben.

Markus Becker vom Jugendwerk der AWO in Erftstadt ist froh über die Hilfe aus Haltern.

Markus Becker vom Jugendwerk der AWO in Erftstadt ist froh über die Hilfe aus Haltern. © privat

Soraya Dünninghaus ist noch immer überwältigt von der Hilfsbereitschaft der Halterner. Auch Unternehmen hätten ihre Aktion unterstützt. So habe Edeka Kiwall & Schürmann Lebensmittel im Wert von über 1000 Euro zur Verfügung gestellt. Vom Halterner dm-Markt seien Hygieneartikel gekommen. Das Schuhhaus Schämann habe neue Schuhe geschickt und der Hagebaumarkt habe Kartons zum günstigen Preis abgegeben.