Heftiger Streit um St.-Martins-Umzug in Sythen Mit Pferd oder ohne?

Heftiger Streit um St. Martins-Umzug in Sythen: Mit Pferd oder ohne?
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Jedes Jahr organisiert der Kindergarten St. Joseph zusammen mit den Eltern den traditionellen Martins-Umzug. Bis 2019 war ein Pferd dabei, auf dem der heilige Martin die Scharen von Kindern und Eltern mit ihren bunten Laternen auf dem Weg durchs Dorf anführte. Auf dem Dorfplatz teilte er dann seinen Mantel.

2019 wurde erstmals auf ein Pferd verzichtet. Dann kam Corona. In diesem Jahr beschloss der Sythener Kindergarten endgültig das Aus für ein Ross beim Martins-Umzug, der in diesem Jahr am 7. November stattfindet. Das gefällt nicht allen Eltern.

„Es hat immer ein Pferd beim Laternenumzug in Sythen gegeben“, sagen viele Erziehungsberechtigte. Sie sind sauer. „Ein Umzug ohne Pferd ist kein richtiger Umzug.“ Namentlich wollen die Kritiker sich in der Zeitung nicht zu der teils erbittert geführten Debatte äußern. Sie fürchten um ihre Kinder, die dann möglicherweise im Kindergarten benachteiligt werden könnten. Der Redaktion sind die Namen bekannt.

Auf dem Holzpferd?

„Soll St. Martin etwa auf einem Holzpferd reiten?“, fragt eine Mutter erbost. Zusammen mit einigen Familien überlege sie, ob sie überhaupt noch an der „bisher immer äußerst beliebten“ Veranstaltung teilnehmen werde. „Ich finde das alles peinlich“, sagt die Sythenerin.

Der Elternrat des Kindergartens möchte sich nicht zu dem Thema äußern. „Wir wollen uns jetzt auf das Fest konzentrieren“, erklärt Sprecher Matthias Angeneter ganz neutral. Er steht zwischen den Stühlen. Denn offenbar halten sich Befürworter und Kritiker der neuen Regelung die Waage.

Verständnis geäußert

Die Wellen schlagen hoch. In einem Schreiben hat sich das Team der Kita St. Joseph jetzt an die Eltern gewandt. „Wir verstehen, dass einige von Ihnen enttäuscht und wütend sind, dass es auch in diesem Jahr wieder kein Pferd zu St. Martin geben wird. Wir möchten Ihnen versichern, dass diese Entscheidung nicht leichtfertig getroffen wurde“, ist darin zu lesen.

Bis 2019 sei das Pferd „sicherlich ein besonderer Anblick für alle Kinder“ gewesen. Aufgrund der Größe des Umzugs wolle das Kindergartenteam aber „einige Sicherheitsaspekte berücksichtigen“. Bis zu 800 Menschen hatten in der Vergangenheit an dem Martins-Umzug teilgenommen.

Daniel Elting und Pferd Rambazotti waren oft beim Martins-Umzug in Sythen dabei.
Daniel Elting und Pferd Rambazotti waren oft beim Martins-Umzug in Sythen dabei. © Archiv

Der Kindergarten stehe im Austausch mit der Polizei, die den Umzug sichere und Handlungsempfehlungen ausgesprochen habe. „Das Wohl der Kinder und Tiere liegt uns sehr am Herzen und wir möchten keine Risiken eingehen, die zu Verletzungen oder Unfällen führen könnten“, erklärt das Team weiter.

Pferde könnten aufgrund ihrer Größe und Natur insbesondere in einer Menschenmenge unberechenbar sein. Das weiß auch Kindergartenleiterin Julia Jansen-Beckmann, selbst Reiterin, aus eigener Erfahrung. Es bestehe die Möglichkeit, dass Pferde sich erschrecken, unruhig werden und ausbrechen, erklärt sie auf Anfrage. „Um das Risiko zu minimieren, die Sicherheit aller zu gewährleisten und aus Tierschutzgründen haben wir uns bereits 2019 dazu entschieden, auf ein Pferd zu verzichten“, heißt es in dem Schreiben schließlich.

Viele Gespräche mit Eltern

Es seien „etliche“ Gespräche mit Eltern geführt worden, bestätigt Jansen-Beckmann. Die Kindergartenleiterin ist ein wenig verärgert: „Jedes Jahr wird erneut über das Pferd diskutiert.“ Die Pädagogin verweist auf die tierschutz- und sicherheitsgerechten Standards für den Einsatz von Pferden bei Brauchtumsveranstaltungen, die von einer Expertengruppe im Auftrag des Ministeriums für Umwelt, Natur- und Verbraucherschutz NRW erarbeitet worden seien.

Julia Jansen-Beckmann sind auch die ethischen Grundsätze beim Umgang mit Pferden wichtig. „Diese Brauchtumspferde werden zum Teil sediert, damit sie ruhig bleiben“, sagt sie. Denn der Stress gerade bei größeren Veranstaltungen sei für die Tiere enorm.

„Kinder im Mittelpunkt“

Die Leiterin fordert dazu auf, den Fokus beim St.-Martins-Umzug in Sythen nicht ausschließlich auf das fehlende Pferd zu legen. „Wir wollen die Kinder in den Mittelpunkt stellen“, erklärt sie. Und die Bedeutung dieses Brauchtums.

St. Martin habe seinen Mantel mit einem Bettler geteilt. Kinder können sich an ihm ein Beispiel nehmen und so Mitgefühl, Hilfsbereitschaft und Empathie lernen. „Das Teilen ist seine wichtigste Botschaft und darum geht es auch bei unserem Fest“, ist in dem Elternbrief zu lesen.

Das Kita-Team möchte mit dem Brief die Wogen glätten: „St. Martin ist ein wunderschönes Fest, das viele andere Traditionen und Aktivitäten bietet, die genauso spannend und bedeutungsvoll sein können. Lassen Sie uns gemeinsam den Sinn und die Botschaft dieses Festes feiern, indem wir die Geschichte von St. Martin erzählen, Laternen basteln und gemeinsam singen. Es gibt so viele verschiedene Möglichkeiten, wie wir den Geist von St. Martin aufleben lassen können.“

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