
© Eva-Maria Spiller
Halterner Therapeut erklärt, was es mit der Liebe auf sich hat
Liebe und Psyche
Manchmal hält sie gefühlt ewig, dann wieder verschwindet sie. Gefühle, sagt der Halterner Therapeut Pascal Hartmann-Boll, sind Naturgewalten. Wir haben mit ihm über die Liebe gesprochen.
Die Liebe – ein unberechenbares Gefühl: Bei manchen scheint sie ewig zu halten, bei anderen für einen flüchtigen Augenblick. Aber was ist das eigentlich, diese Liebe? Redakteurin Eva-Maria Spiller hat mit dem Systemischen Therapeuten Pascal Hartmann vom Psychologischen Beratungszentrum Haltern (PBZ) über die Liebe gesprochen.
Herr Hartmann-Boll, was ist eigentlich Liebe?
Das ist eine Frage, die die Menschheit seit Anbeginn der Zeit beschäftigt. Das definieren zu wollen, ist vielleicht etwas anmaßend. Das Lexikon würde wahrscheinlich sagen, es ist eine große Zuneigung zwischen zwei Menschen. Jeder beschreibt Liebe als etwas anderes – die einen als tiefe Verbundenheit, die anderen eventuell als langes Zusammengehörigkeitsgefühl. Es gibt Dinge, die Menschen gemeinsam beschreiben, wie ein flaues Gefühl im Magen oder dass man nicht klar denken kann. Aber diese Zustände sind eher die Spitzen, also Hochphasen wie beim Kennenlernen, der Hochzeit oder der Geburt des Kindes. Manche Paare schwimmen vielleicht auf so einer Welle, aber schlussendlich würde auch jeder Therapeut etwas anderes beschreiben.
Wie kann man die Liebe erhalten?
Gefühle sind Naturgewalten. Man kann Bedingungen schaffen, in denen Zuneigung wächst oder erhalten bleibt, aber weil die Liebe so unberechenbar ist, taucht sie manchmal unter den kuriosesten Umständen auf und manche erleben sie unter den besten Bedingungen nicht. Es ist ein Glücksfall, dass wir die Liebe entdecken können. Dass ich mich einem anderen Menschen zuwenden kann, dafür braucht es, dass ich mir keinen Stress und Druck mache. Dass ich sein kann, wie ich bin, dass ich mir das erlauben darf. Und dass die Liebe manchmal stärker ist in manchen Stunden und in anderen Momenten schwächer ist.
Gibt es Dinge, die wir in der Liebe falsch machen?
Ich glaube, man kann sich viel Stress machen, indem man sich mit anderen vergleicht. Stress ist Gift für die Liebe. Für manche Paare ist eine stetige Beziehung ohne große Unternehmungen die größte Erfüllung, für andere ist es der blanke Horror. Man sollte sich selbst die Erlaubnis geben, so zu leben, wie man das in der Lebensphase gerade möchte. Ich würde vielleicht sagen, liebe, wann, wen, wie und wo du willst. Gefühle sind da und sie sind nicht immer berechenbar, aber sie müssen keine zwingende Konsequenz haben. Sie können beobachtet werden, man kann auf eine gewisse Art handeln, aber erstmal sind sie nur da. Die Vorstellungen von Gefühlen und Liebe verändern sich stetig.
Haben wir eine zu romantische Vorstellung von der Liebe?
Die tiefe, beständige Liebe bis an das Lebensende, die gibt es bestimmt, aber häufig auch nicht und das ist okay. Die Annahme, dass eine Beziehung zehn bis 20 Jahre halten muss, und der Anspruch, dass es für immer halten muss, das macht eventuell Druck in der Partnerschaft. Das macht es schwierig, sich auf den Moment einzulassen.
Also sollten wir Liebe viel mehr im Moment genießen?
Wenn wir in dem Moment hinter dem, was wir sagen, mit tiefster Überzeugung stehen, dann ist da nichts falsch dran. Wenn wir uns verbiegen oder Dinge versprechen, die uns schwer fallen sie einzuhalten, dann macht das Stress und unfrei. Da darf man sich entspannen, es genießen, gut mit sich selbst umgehen und Verständnis für sich haben. Wenn die Liebe mal für einen Moment weg ist, ist das okay. Das Gute an den Gefühlen ist, dass sie so unbeständig sind und immer wieder kommen. Natürlich machen wir Versprechen, die wir brechen, weil wir es in dem Moment nicht besser wissen. Viele Ehen brechen, und trotzdem heiraten viele Menschen, weil sie in dem Moment davon überzeugt sind.
Gebürtige Münsterländerin, seit April 2018 Redakteurin bei den Ruhr Nachrichten, von 2016 bis 2018 Volontärin bei Lensing Media. Studierte Sprachwissenschaften, Politik und Journalistik an der TU Dortmund und Entwicklungspolitik an der Philipps-Universität Marburg. Zuletzt arbeitete sie beim Online-Magazin Digital Development Debates.
