Hilferufe von Kindern und Jugendlichen haben in Haltern seit der Pandemie zugenommen.

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Halterner Sozialarbeiter stellen vermehrt Ängste bei Schülern fest

rnMit Video

Schulleiter, Psychologen und Sozialarbeiter aus Haltern berichten über einen Besorgnis erregenden Anstieg von Ängsten bei jungen Menschen. Ursache ist demnach der Ausbruch der Corona-Pandemie.

Haltern

, 27.09.2021, 16:45 Uhr

Ihren Hobbys konnten sie nicht nachgehen, keine Partys feiern und der Präsenzunterricht fiel ebenfalls über weite Strecken aus: In der Pandemie waren Jugendliche dazu gezwungen, auf vieles zu verzichten. „Corona hat etwas mit den Schülern gemacht, man merkt eine Verhaltensänderung“, sorgt sich Matthias Bomba, Leiter der Hans-Böckler-Berufskollegs in Haltern.

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Schulseelsorge reicht seit Corona nicht mehr aus

Seit Matthias Bomba hier Schulleiter ist, hat er am Berufskolleg ein Team von Sozialarbeitern, Lehrern und externen Experten integriert, dass sich um die Sorgen der Schüler kümmert. Als Schulleiter ist Bomba ein Teil der Seelsorge – alle Informationen laufen bei ihm zusammen.

Im Video warnt er davor, dass „die Anzahl der Gespräche im Vergleich zu den letzten Jahren gestiegen ist und das Thema Zukunftsängste und seelische Gesundheit dabei ganz vorne steht“.

Seit der Corona-Pandemie gebe es außerdem mehr Schülerinnen und Schüler, denen die Schulseelsorge alleine nicht mehr weiterhelfen könne. „Wir haben auch immer mehr Fälle, die wir an externe Partner weiterleiten, um den beruflichen und schulischen Werdegang sicherzustellen“, so Matthias Bomba.

Anzahl der Jugendlichen, die Versagensängste haben, ist gestiegen

Um solche schweren Fälle kümmert sich Schulpsychologin Eva Latta-Weber. Auch ihr Team der Regionalen Schulberatungsstelle des Kreises Recklinghausen registrierte den Anstieg von Ängsten bei Schülern. „Die Anzahl der Kinder und Jugendlichen, die seit der Pandemie Versagens- und Zukunftsängste haben, ist gestiegen“, warnt Eva Latta-Weber.

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Den Schülern habe vor allem „die Schule als System, um sich mit Freunden auszutauschen“, gefehlt. „Wenn in der Pubertät, wo Lebenskrisen aufkommen, wegen Corona ständig Meldungen über Tod kursieren, dann erschreckt das die Jugendlichen. Es hinterlässt Fragen wie ‚“Was macht in die Schule gehen überhaupt noch für einen Sinn?‘“, erklärt die Psychologin.

Diese Sorgen der Schüler hätten während des Lockdowns oft nicht genügend Aufmerksamkeit bekommen. „Sie blieben in Chaträumen, die sie alternativ zum Treffen in der Schule aufsuchten, mit ihren Fragen oft allein“, sagt Eva Latta-Weber.

„Leben von Kindern und Jugendlichen erheblich erschüttert“

Auch die für die anderen Halterner Schulen zuständige Sozialarbeiterin Sandra Ricken wählt deutliche Worte, was die Auswirkungen der letzten anderthalb Jahre auf die psychische Gesundheit der Schüler betrifft. Um konkrete Zukunftsängste sei es in ihren Gesprächen zwar nicht gegangen. Die Corona-Pandemie habe das Leben und den Alltag von Kindern und Jugendlichen aber „erheblich erschüttert“.

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Dass ein großer Teil der sozialen Kontaktmöglichkeiten wie die Schule oder Sportvereine aufgrund der Beschränkungen weggebrochen war, sei einer der Hauptgründe gewesen. „Hinzu kommen gestresste und besorgte Eltern und ein veränderter Alltag durch Homeoffice und Homeschooling“, so Sandra Ricken.

Das alles bedeute eine große seelische Belastung für die Kinder und Jugendlichen, die bei einigen eben nicht ohne Folgen geblieben sei.

„Vor allem Ängste und depressive Verstimmungen sind ein häufigeres Thema in Beratungsgesprächen geworden. Aber auch das Einfinden in einer sozialen Gruppe ist einigen nach dem langen Lockdown schwergefallen“, berichtet die Schulsozialarbeiterin.

Das würde zum Glück jedoch nicht auf jeden jungen Menschen zutreffen. „Viele Kinder und Jugendliche sind ohne erhebliche Beeinträchtigungen bislang durch die Pandemie gekommen“, hält Sandra Ricken fest.

Es gebe zwar viele Schüler, die sich im Schulalltag und Präsenzunterricht erst wieder hätten zurechtfinden müssen. Einige hätten sich auch Sorgen um Noten und Versetzung gemacht. Der letzte Abschlussjahrgang der Alexander-Lebenstein-Realschule – der einer der besten der letzten Jahre war – zeige allerdings auch, dass „die Jugendlichen trotz des Distanzunterrichtes durch die Lehrerinnen und Lehrer gut begleitet“ wurden.