Zum 1. Februar ist der Kassenabschlag, den Apotheker als Zwangsrabatt für jede Verordnung an die Krankenkassen zahlen müssen, von 1,77 Euro auf 2 Euro angehoben worden. Was auf den ersten Blick wie eine Kleinigkeit aussieht, entpuppt sich bei näherem Hinsehen quasi als Strafzahlung für Apotheker.
„Die Politik hält uns für Krisengewinnler der Corona-Pandemie“, ärgert sich Kreisapothekensprecherin Juliane Stark-Kreul. „Aber das sind wir nicht, wir sind die Krisenretter gewesen und werden jetzt dafür im Nachhinein bestraft.“
Diese Erhöhung um 23 Cent bedeute für eine Apotheke im Jahr einen Verlust von rund 6.500 bis 7.000 Euro, so Stark-Kreul. „Die Abgabe wurde erhoben quasi als Garantie dafür, dass die Krankenkassen die von uns in Vorleistung bezahlten Medikamente auch tastsächlich ersetzen.“
„In der Pandemie waren es die Apotheken, die dafür gesorgt haben, dass Masken erhältlich waren, dass Desinfektionsmittel zur Verfügung standen, dass Impfausweise digitalisiert wurden und dass eine Beratung sowie Versorgung der besorgten Patienten und Bürger vor Ort sicher und zuverlässig stattfand“, sagt der Halterner Apotheker Dr. Philipp Schulte-Mecklenbeck von der Bärenapotheke. Anfangs sei den Apothekern dafür gedankt worden, „aber jetzt bekommen wir im Nachhinein einen Tritt vors Schienbein“, so Schulte-Mecklenbeck. „Seit 2004 sind die Apothekerhonorare nicht mehr gestiegen.“
Neue Aufgaben aufgebürdet
„Ja, wir haben auch Geld mit der Versorgung der Bevölkerung verdient, aber wir sind deshalb keine Krisengewinner“, findet Juliane Stark-Kreul. „Viele dieser Aufgaben, die von keiner anderen Stelle so schnell hätten erledigt werden können, wurden den Apotheken von der Politik zusätzlich aufgebürdet und wir haben es als Heilberufler selbstverständlich für die Versorgung der Bevölkerung übernommen. In anderen Bereichen haben wir zeitgleich deutlich weniger Medikamente verkauft, auch weil deutlich weniger Leute zum Arzt gingen.“
Die Apotheken jetzt als Krisengewinnler darzustellen, findet sie empörend. „Wir kämpfen gerade mit der Inflation, den stagnierenden Honoraren, steigenden Energiekosten und steigenden Mitarbeitergehältern, außerdem werden Beratungsgespräche immer zeitaufwändiger wegen der bestehenden Lieferengpässe und die versprochene Regelung dagegen lässt auf sich warten. Da setzt eine solche Erhöhung der Abgaben jetzt ein fatales Signal“, findet Stark-Kreul.
Falsche Signale
Solche Signale würden auch junge Pharmazeuten davon abhalten, sich selbständig zu machen und das Risiko einer Unternehmertätigkeit einzugehen, befürchten beide Apotheker. Im Bereich der Apothekerkammer Westfalen-Lippe hätten im vergangenen Jahr 37 Apotheken geschlossen, aktuell gebe es hier noch 1760 Apotheken, vor 15 Jahren seien es noch 500 mehr gewesen, sagt Juliane Stark-Kreul.

In Haltern sind aktuell noch acht Apotheken geöffnet. „Viele Apotheken schließen auch deswegen, weil sie keine Nachfolger finden“, sagt Philipp Schulte-Mecklenbeck. Wenn die Zahl weiter sinken sollte, würde es auch hier irgendwann schwierig, Notdienstregelungen und Medikamentenversorgung aufrecht zu erhalten. „Wir brauchen nicht nur Ärzte, sondern auch Apotheken vor Ort.“
Bedingungen stimmen nicht
„Die Apotheken schließen nicht, weil sie wirtschaftlich schlecht arbeiten, sondern weil die äußeren Rahmenbedingungen mit zusätzlichen Belastungen nicht mehr stimmen. Mit dem jetzt erhöhten Zwangsrabatt wird es bestimmt zu weiteren Schließungen und Versorgungsengpässen kommen“, sagt Juliane Stark Kreul.
Dies werde mittelfristig zu einer schlechteren Versorgung der Bevölkerung mit Medikamenten führen, so die Apothekensprecherin. „Die Politik muss handeln und das Gesundheitssystem in vielen Bereichen verbessern und nicht nur kurzfristig die schlimmsten Löcher stopfen“, sagt sie. „Wir Apotheker sind Heilberufler, die ihren Beruf mit Engagement und Herz für die Patienten ausüben. Gerade dafür brauchen wir zumindest eine ausgewogene wirtschaftliche Basis für die flächendeckende Versorgung.“
Kunstwerke von Kindern in Haltern: „Hier spricht das Herz“
Anmeldefrist für das neue Schuljahr abgelaufen: Enttäuschung an der Hauptschule in Haltern
Brandstiftung in Zug-Toilette: RE 42 stoppt nachts wegen starker Rauchentwicklung