Lebensmittel retten, Menschen helfen Die Halterner Tafel wird 25 Jahre alt

Lebensmittel retten und verteilen: Die Halterner Tafel wird 25
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Vor knapp einem Jahr hat die Halterner Tafel ihr neues Ladenlokal an der Recklinghäuser Straße 52 bezogen und dort ideale Bedingungen geschaffen. Lagerräume, Kühlhäuser und ein großer supermarktähnlicher Verkaufsraum stehen hier zur Verfügung. Man wollte den Kunden ein wertschätzendes Ambiente schaffen. Die Anfänge der Halterner Tafel vor 25 Jahren waren aber wesentlich bescheidener.

Gegründet wurde die Halterner Tafel am 11. April 2000. „Im Vorfeld hatten sich die Initiatoren um Dagmar Mahrenholz und Jürgen Krause, den späteren ersten Vorsitzenden, im Rossini getroffen und beschlossen, einen Halterner Tafelverein zu gründen“, berichtet die heutige Kassiererin Margit Bandy-Drewello. „Durch Zeitungsveröffentlichungen wurden Mitstreiter gesucht, so kam auch ich einen Monat später zur Tafel.“

Das primäre Ziel war, überschüssige Lebensmittel in Supermärkten und zum Teil auch bei einigen Herstellern einzusammeln, die sonst weggeworfen worden wären. „Diese Idee hat auch mich interessiert und da ich nach einer ehrenamtlichen Tätigkeit suchte, habe ich mich entschlossen mitzumachen“ so Bandy-Drewello.

Erste Tafel in Berlin

Die erste deutsche Tafel hatte die Initiativgruppe Berliner Frauen e. V. 1993 in Berlin gegründet. „Der Grundgedanke war auch dort zunächst, Lebensmittel davor zu bewahren, dass sie im Müll landen“, sagt Bandy-Drewello. „Der soziale Aspekt, diese anschließend an Bedürftige weiterzugeben, entwickelte sich dann daraus.“

Die neu gegründete Tafel in Haltern startete im Jahr 2000 sehr bescheiden. An der Pregelstraße wurde ein kleiner Laden bezogen, der rund 35 Quadratmeter Verkaufsfläche hatte, 30 Aktive waren bereits dabei. „Die Lebensmittel lagerten im Keller und mussten über eine Wendeltreppe hochgeschleppt werden“, erinnert sich Margit Bandy-Drewello. „Zum Kühlen hatten wir nur einen Kühlschrank.“ Zum Vergleich: Heute verfügt die Tafel über zwei Kühlhäuser und 440 Quadratmeter Verkaufsfläche.

Bis 2024 befand sich die Tafel an der Recklinghäuser Straße 44.
Bis 2024 befand sich die Tafel an der Recklinghäuser Straße 44. © Benjamin Kübart (Archiv)

2003 kam Helga Crabus zur Halterner Tafel, die sich auch in der Suppenküche engagierte. Sie erinnert sich an das zweite Domizil der Tafel, das sich im ehemaligen Kolpinghaus am Schüttenwall befand: „Auch dort waren wir im Keller, die Männer bauten eine Rampe, damit wir die Lebensmittel besser transportieren konnten.“

Mehrere Umzüge

Auch in den folgenden Jahren zog die Halterner Tafel noch mehrfach um. Zunächst an die Wasserwerkstraße, dann an die Recklinghäuser Straße 44, wo sich das Tafeldomizil bis 2024 befand. 2013 stieß auch Ingrid Overhaus zum Team, die heute das Amt der Schriftführerin im Vorstand bekleidet. Zum Vorstandsteam gehören heute außerdem die beiden Vorsitzenden Ludwig Borger und Hartmut Pennekamp.

Gravierende Einschnitte brachte die erste Flüchtlingswelle ab 2015 mit sich. „Danach erreichten wir die höchsten Zahlen von Kunden mit etwa 1000“, berichtet Margit Bandy-Dewello. Heute hat sich der Kundenstamm bei etwa 800 eingependelt. „Viele von ihnen sind aktuell Ukrainerinnen“, so die Kassiererin des Tafelvereins.

Tafel-Vorsitzender Ludwig Borger freut sich über den neuen Tafelladen in Haltern, der im Mai 2024 eröffnet wurde.
Tafel-Vorsitzender Ludwig Borger freut sich über den neuen Tafelladen, der im Mai 2024 eröffnet wurde. © Jürgen Wolter

Mehrere Vorsitzende prägten die Arbeit der Haltener Tafel in den vergangenen 25 Jahren. Der Gründungsvorsitzende war Jürgen Krause. „Darauf folgten Karin Schulze, Sonja Klein und Jutta Voskort“, sagt Margit Bandy-Drewello. „Kurzfristig war Rainer Schulz erster Vorsitzender, der aber schwer erkrankte und verstarb.“ Damit es trotzdem mit der Tafel weitergehen konnte, übernahmen Helga Crabus, Margit Bandy-Drewello und Ingrid Overhaus zwei Jahre lang die Vorstandsarbeit kommissarisch.

Fahrer und Vorsitzende

In den letzten Jahren sorgten Andreas Heitfeld und anschließend Ludwig Borger für eine Neuaufstellung der Tafel. Beide waren zunächst als Fahrer tätig gewesen. Ludwig Borger übernahm das Amt des Vorsitzenden 2021 und setzte sich für den Umzug in das heutige Domizil ein. „Aktuell intensivierten wir weiter unsere Kontakte zu den Senioren in Haltern, denn es geht uns darum, die Hemmschwelle, die oft noch den Einkauf in der Tafel verhindert, abzubauen.“

Einen großen Einschnitt bedeutete für alle Tafeln die Corona-Pandemie. „Wir mussten sogar vorübergehend ganz schließen“, erinnert sich Helga Crabus. Die Anzahl der Kunden wurde begrenzt. Die Organisation des Einkaufs ist bis heute erhalten geblieben. Um zu verhindern, dass gleichzeitig zu viele Kunden kommen, werden bestimmte Einkaufszeiten zugeteilt.

Seit knapp einem Jahr befindet sich die Tafel in Halterb im neuen Domizil an der Recklinghäuser Straße 52.
Seit knapp einem Jahr befindet sich die Tafel im neuen Domizil an der Recklinghäuser Straße 52. © Jürgen Wolter

Die Ausrichtung der Tafelarbeit hat sich bis heute nicht grundlegend geändert, aber im Lauf der Jahre wurde der Betrieb immer professioneller organisiert. Heute verfügt die Halterner Tafel über vier Fahrzeuge, mit denen die Lebensmittel abgeholt werden, zwei davon bereits mit Elektroantrieb. Anfangs wurden dafür noch Privatautos genutzt. 49 ehrenamtliche Helfer engagieren sich im Verein. „Sowohl die Bereitschaft zu helfen, als auch die Spendenbereitschaft sind in Haltern nach wie vor gut“, freut sich der aktuelle Vorsitzende Ludwig Borger.

Abfallprodukte des Wohlstands

„Es wäre natürlich schöner, wenn es gar keine Tafeln geben müsste“, räumt der Vorsitzende ein. „Es wäre sinnvoller, wenn wir nicht so viel retten müssten, letztlich verwerten wir nur Abfallprodukte des Wohlstands. Solange es Tafeln gibt, geht es der Gesellschaft insgesamt gut, denn es gibt einen Überfluss. Man kann natürlich kritisch hinterfragen, ob immer alle Lebensmittel ganzjährig zur Verfügung stehen müssen. Daraus ergibt sich zwangsläufig, dass nicht alles verkauft werden kann.“

Andreas Heitfeld war bis 2021 Vorsitzender der Tafel Haltern.
Andreas Heitfeld war bis 2021 Vorsitzender der Tafel Haltern. © Ingrid Wielens (Archiv)

Die Tafeln lindern gleichzeitig Not und reduzieren Verschwendung. Der Dachverband macht aber ausdrücklich darauf aufmerksam, dass beide Probleme langfristig nicht ehrenamtlich, sondern nur politisch und gesellschaftlich gelöst werden können.

Alle Helfenden bei der Tafel arbeiten ehrenamtlich. „Wir sind ein Verein, bei dem man keine Mitgliedsbeiträge zahlen muss, aber dafür Arbeit leistet“, sagt Ludwig Borger.

„Bei der Tafel sehe ich selbst, wer die Spenden bekommt, das ist anders, als wenn ich anonym irgendwo Geld spenden würde“, nennt Ingrid Overhaus ihre Motivation, sich hier zu engagieren.

Margit Bandy-Drewello ist die Organisationsform als eigenständiger Verein wichtig. „Die Tafel gehört nicht zu irgendeinem Träger, sondern arbeitet eigenverantwortlich. Wir können hier selbst entscheiden und gestalten und deshalb bin ich schon fast von Anfang an dabei.“

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Betriebsausflug mit der Möwe

Am 26. März feiern die Ehrenamtlichen der Halterner Tafel das 25-jährige Jubiläum mit einem Betriebsausflug: Um 10 Uhr treffen sie sich zu einer Stauseerundfahrt mit gemeinsamem Frühstück auf der Möwe. Die Veranstaltung wird von der Stadt Haltern gesponsert. Einzelne Spender haben die Veranstaltung unterstützt.