Der jetzt erneut verurteilte Kandaouroff-Täter aus Haltern beim Prozessauftakt im Jahr 2011 am Bochumer Schwurgericht. Links: Verteidiger Hans Reinhardt.

Der jetzt erneut verurteilte Kandaouroff-Täter aus Haltern beim Prozessauftakt im Jahr 2011 am Bochumer Schwurgericht. Links: Verteidiger Hans Reinhardt. © Werner von Braunschweig

Drogen und Revolver versteckt: „Kandaouroff-Täter“ erneut verurteilt

rnZwölf Jahre nach tödlichem Raubüberfall

Die Tat glich einer Hinrichtung: Im Mai 2010 wurde der Großunternehmer und Seehof-Chef Klaus Kandaouroff vor seiner Dattelner Villa erschossen. Einer der Täter stand nun wieder vor Gericht.

Haltern, Datteln

, 09.07.2022, 17:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Mehr als zwölf Jahre nach dem tödlichen Raubüberfall auf den Halterner Großunternehmer und Seehof-Chef Klaus Kandaouroff (80) vor seiner Villa in Datteln ist einer der drei damaligen Täter erneut zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden. Diesmal wegen illegalen Drogen- und Waffenbesitzes. Bemerkenswert: Schon im Fall Kandaouroff war der inzwischen 58-Jährige aus Haltern am See der Mann gewesen, der die Tatwaffe besorgt hatte.

Gegen den 58-Jährigen wurde am Schöffengericht in Coesfeld ein Jahr Haft ohne Bewährung verhängt. Das bestätigte sein Verteidiger Hans Reinhardt (Marl) jetzt auf Anfrage. Die Gefängnisstrafe im Fall Kandaouroff (sieben Jahre wegen versuchten Raubes mit Todesfolge) hatte der Halterner bis zum 16. Februar 2018 verbüßt.

Im jetzt abgeurteilten Drogenverfahren war es ursprünglich um Drogenhandel, - besitz, Waffenankauf, -besitz sowie Beschaffung und Verkauf von verfälschten Impfausweisen mit vermerkter Corona-Schutzimpfung gegangen. Doch nicht alle Vorwürfe hatten sich nach Angaben von Verteidiger Hans Reinhardt im Prozess tatsächlich auch nachweisen lassen.

Marihuana im Backofen versteckt

Der 58-Jährige war am 22. Dezember 2021 im Anschluss an eine polizeiliche Observation festgenommen worden. Bei einer Durchsuchung seiner Wohnung sowie einer angemieteten Lagerhalle in Dülmen waren die Fahnder fündig geworden. Laut Staatsanwaltschaft hatten sie in einem Wohnwagen - versteckt im Backofen - ein halbes Kilo Marihuana entdeckt, in einem Regalversteck und einer Motorradtasche ein weiteres halbes Kilo. In der Halterner Wohnung des „Kandaouroff-Täters“ waren die Polizeibeamten laut Anklage darüber hinaus auf einen geladenen Trommelrevolver gestoßen.

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Im Prozess in Coesfeld hatte der Halterner bestritten, ein Drogenhändler zu sein. „Er hatte sich das Marihuana besorgt, um damit seine starken Schmerzen zu lindern“, berichtete Verteidiger Hans Reinhardt. Der 58-Jährige habe die gesamte Menge allein für sich besorgt gehabt. Im Kern, so der Marler Strafverteidiger, habe sich das letztlich nicht widerlegen lassen, sodass das Urteil in diesem Punkt schlussendlich auf Drogenbesitz einer nicht geringen Menge lautet.

Insbesondere der Waffenfund und auch die zahlreichen Vorstrafen (17 Eintragungen) haben nach Ansicht der Richter eine Bewährungsstrafe, die Verteidiger Reinhardt beantragt hatte, unmöglich zugelassen. Sowohl die Staatsanwaltschaft, die zweieinhalb Jahre Haft gefordert haben soll, als auch die Verteidigung haben gegen das Urteil bereits Berufung eingelegt. Zuständig ist dafür das Landgericht Münster.

Sieben Jahre Haft für Überfall auf Kandaouroff

Nach dem tödlichen Raubüberfall auf den Seehof-Chef Klaus Kandaouroff („Hühner-Klaus“) am 29. Mai 2010 hatte der Halterner sowie seine zwei Mittäter in dem im August 2011 gestarteten Prozess vor dem Bochumer Schwurgericht ihre Beteiligung sofort gestanden. Der Todesschütze, ein Kellner aus Haltern, hatte zugegeben, den Geflügelgroßhändler erschossen zu haben - aber keinesfalls gezielt.

Geplant sei gewesen, den Millionär in seiner Dattelner Villa auszurauben. Dann habe sich allerdings versehentlich der tödliche Schuss aus der Tatwaffe gelöst. Der jetzt erneut verurteilte Halterner hatte seine zwei Komplizen damals mit seinem Auto zum Tatort gefahren.

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Der entscheidende Tipp auf das Täter-Trio war erst nach der Ausstrahlung des Falls in der TV-Sendung „Aktenzeichen XY“ gekommen. Ein Informant hatte sich gegen die Zusicherung von Vertraulichkeit und einer hohen Belohnung (300.000 Euro) an die Polizei gewendet.

Am 17. Februar 2011 waren die drei Täter festgenommen worden. Am 10. Mai 2012 hatte das Schwurgericht Bochum wegen Raubversuchs mit Todesfolge zwölf Jahre Haft für Todesschützen, sieben für den jetzt erneut verurteilten Halterner und fünf Jahre Haft für den dritten Mann verhängt.

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