Andrii Zakhodyakin ist sehr dankbar, dass er auf Schloss Sythen in Haltern, im Kulturzentrum Erlöserkirche in Marl und im Jüdischen Museum Dorsten im Rahmen des Europäischen Klassikfestivals ein Konzert geben kann. Er hat sich gerade von einer schweren Erkältung erholt und einem außergewöhnlichen Musikerlebnis mit dem erst 15-jährigen Ausnahme-Musiker steht so gut wie nichts im Weg.
Auch in seiner Heimat, der Ukraine, ist der junge Pianist häufiger live zu hören. Aber dort kann es aufgrund des russischen Angriffskrieges gut sein, dass ein Konzert aufgrund von Attacken abgesagt oder plötzlich unterbrochen werden muss. Diszipliniert und unheimlich fleißig arbeitet Andrii an seiner Karriere, aber die Bedingungen, unter denen er seine Begabung entfalten muss, sind schwierig und berühren oft genug sogar die Frage von Leben oder Tod.
Das ist dem sympathischen Teenagergesicht bei Andriis Besuch auf Schloss Sythen am Donnerstagmorgen (3. April) nicht anzusehen. Interessiert inspiziert der Ukrainer die Räumlichkeiten seines Konzertes am Sonntag (6. April). Reflektiert wie ein Erwachsener beantwortet er Fragen zu seiner Situation als Künstler in Ausbildung.
Der Krieg, sagt er, habe für ihn nicht erst im Februar 2022, sondern bereits 2014 mit der Annexion der Krim begonnen. Die Musikerfamilie musste 2016 ihre Heimat in Donezk verlassen und gelangte über einige Zwischenstationen nach Kiew. Hier besucht Andrii wie schon sein älterer Bruder das Tschaikowsky-Konservatorium, um neben der Schule seine musikalische Ausbildung auf hohem Niveau weiterzuführen.

Das ist angesichts des Kriegsterrors nicht einfach. Unterricht mit seinem Musikdozenten kann meistens nur online erfolgen. Wenn wieder einmal der Strom ausfällt, ist auch das nicht möglich. Das Geräusch von herannahenden Drohnen gehört zum Alltag von Andrii, manchmal schlagen diese auch ganz in der Nähe seines Wohnhauses ein.
Sorgen macht sich die Familie um einen Cousin von Andrii, der sich direkt nach dem Überfall der Russen freiwillig zum Militär gemeldet hat. Einen Monat zuvor erst hatte der Wirtschaftswissenschaftler geheiratet. Er kämpfe auch für seine Zukunft, erklärt Andrii, der sich mit ganzer Kraft und Leidenschaft der Musik widmet.
Viel Zeit für Hobbys bleibt ihm nicht. Man könne schreiben, dass er Tischtennis mag, erklärt er lächelnd, aber eigentlich lebt er die Musik. Täglich verbringt er mindestens sechs Stunden mit Üben am Klavier. „Das ist die Marge, die man haben muss, um mit dem Instrument zu verschmelzen“, informiert Volker Zwetzschke. Durch die Vermittlung des künstlerischen Leiters des Europäischen Klassikfestivals ist Andrii schon vor drei Jahren erstmals mit seiner Klasse vom Konservatorium für Konzerte in die Region gekommen und hat nachhaltigen Eindruck hinterlassen.
36 Stunden Anreise
Diesmal ist er mit seiner Mutter mit dem Bus bis nach Berlin und von dort weiter mit dem Zug gefahren. Nach 36-stündiger Anreise setzte sich Andrii erst einmal für zwei Stunden ans Klavier, um sich auf seine drei Konzerte in NRW vorzubereiten. Es bestehen aber gute Chancen, dass er zu diesen ausgeschlafen erscheint. Zu Hause, in der Ukraine werden die Nächte dagegen regelmäßig von russischen Angriffen unterbrochen.
Kunst und Kultur hätten in seiner Heimat gerade eine große Bedeutung, teilt Andrii mit. Auch wenn es schwierig sei, Konzerte stattfinden zu lassen, strömten die Menschen zu diesen Terminen. Das sei gewissermaßen eine Trotzreaktion, ein gelebtes „Jetzt erst recht“, führt Volker Zwetzschke aus. Die Musik werde so zu einem Zufluchtsort.
Andrii träumt davon, seine Ausbildung am Konservatorium in zwei Jahren erfolgreich zu beenden und weiter internationale Wettbewerbe als Pianist zu gewinnen.
Konzertkarten
PIANO!-Konzert mit Andrii Zakhodyakin auf Schloss Sythen am
Freitag (4. April) um 20 Uhr im KuZ Erlöserkirche in Marl, Sonntag (6. April) um 17 Uhr auf Schloss Sythen und Dienstag (8. April) um 19.30 Uhr im Jüdischen Museum in Dorsten unter www.eu-klassikfestival.de und in allen Eventim-Ticketshops. Karten gibt es zu VVK-Preisen von 20 Euro / ermäßigt 15 Euro (AK-Zuschlag 3 Euro).