Ahmed aus Eritrea ist seit dem dritten Lebensjahr auf der Flucht. Im Alter von etwa 15 Jahren verstirbt plötzlich sein Onkel. Er schlägt sich allein bis nach Deutschland durch. Ohne Pässe und Ausweisdokumente strandet er in Haltern. Das ist eine von vielen Geschichten, die Ralf Mertmann gehört hat.
In seinem Bauunternehmen beschäftigt er Auszubildende unter anderem auch aus Syrien, Liberia, Mali und Guinea.
Wer bei Mertmann eine Ausbildungsstelle erhält und eine Bleibe benötigt, kann eine Betriebswohnung mit einer Küchenzeile mieten.
Vertrauen aufbauen
Die Ausbildung geflüchteter Menschen werde durch Behördengänge erschwert, sagt er. „Die Mitarbeiter, die nach der Flucht zu mir kommen und Hilfe bei der Duldung und Aufnahme benötigen, sind sehr zurückhaltend. Es bedarf sehr viel Zeit, bis wir das Vertrauen aufgebaut haben, bis sie sich etwas öffnen“, berichtet der Bauunternehmer.
Am Beispiel des Geflüchteten Kassogue aus Mali (den vollständigen Namen möchte er nicht veröffentlicht sehen) wird deutlich, wie Nerven aufreibend die Klärung der Identität sein kann.
Der Auszubildende wurde über den Halterner Verein REinit an das Unternehmen vermittelt. Seit Januar war Kassogue mehrfach zur Botschaft nach Berlin gefahren, um seine Identität nachzuweisen. Der Unternehmer gab ihm mehrfach frei.
Angst vor Abschiebung
Plötzlich bricht Kassogoue nach zweieinhalb Jahren die Maurerausbildung ab und taucht unter. Er hat Angst vor einer Abschiebung. Doch er meldet sich bei der Firma Mertmann zurück, zum 1. August setzt er seine Ausbildung fort.
Wie Ralf Mertmann erklärt, habe er den jungen Mann davon überzeugen können, dass sich dessen Status mit einer abgeschlossenen Ausbildung ändern wird.
Das beweist der Fall Ahmed aus Eritrea, der 2018 zu Ralf Mertmann kam. Nach Abschluss seiner Maurerausbildung hat er eine Wohnung in Haltern gefunden, den Führerschein gemacht und seinen ersten Gebrauchtwagen finanzieren können.
Sprache ist sicherheitsrelevant
Mertmann: „Die Auszubildenden und Mitarbeiter sind hochmotiviert. Sie bringen gute Noten und zeigen ihr Know-how, jedoch fehlt es an Sprachkenntnissen, die gerade in der Ausbildung das größte Problem darstellen. Sie verstehen die Aufgabenstellung manchmal nicht.“ Die Mitarbeiter müssten sich aber bei sicherheitsrelevanten Themen auf der Baustelle verständigen können.
Die Mitarbeiter nehmen jede Woche einmal an einem Sprachkursus teil. „Das reicht aber längst nicht aus.“
Der Unternehmer wünscht sich darüber hinaus einen schnelleren Integrationsprozess. Ralf Mertmann hat dazu eine klare Meinung: „Diejenigen, die sich trotz ungeklärter Herkunft bei mir beweisen, eine Ausbildung abschließen und hinterher bei mir als Maurer tätig sind, sollten bei entsprechender Erfahrung umgehend den Bleibestatus erhalten.“
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