Markus Wenzel und Barbara Danda-Ohrenberg leisten in Haltern Erste Hilfe für die Seele

 Halterner leisten als Notfallseelsorger Erste Hilfe für die Seele
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Unvorhersehbare Ereignisse machen das Leben unberechenbar. Wenn Extremsituationen den Alltag für einen Moment lahmlegen, dann leisten Barbara Danda-Ohrenberg und Markus Wenzel ehrenamtlich Erste Hilfe für die Seele. Sie sind da, wenn Betroffene Unfassbares aushalten müssen.

„Sie leisten Beistand in den ersten Stunden nach einem plötzlichen Tod, einem Unglücksfall, einem Verkehrsunfall, einem Suizid oder einer Gewalttat“, schreibt das Bistum Münster. Auf Anforderung der Einsatzkräfte werden die Ehrenamtlichen auch gerufen, wenn eine Todesnachricht überbracht werden muss.

Die beiden Halterner haben eine mehrmonatige Ausbildung im Notfallseelsorgezentrum Emscher-Lippe in Herten absolviert und sind mit weiteren Ehrenamtlichen für den Einsatzbereich Haltern/Marl zuständig. Markus Wenzel engagiert sich seit mehreren Jahren im Bereich der Hospizarbeit sowie im Asylkreis in Haltern. „Ich möchte einfach da sein und Menschen unterstützen sowie Angehörige in dieser schwierigen Zeit entlasten.“

„Das eigene Wohl geht vor“

Durch seine Erfahrung wisse er, dass er mit solchen Situationen umgehen könne und auch die nötige Empathie mitbringe. „Dennoch ist jeder Einsatz individuell. Denn Menschen trauern unterschiedlich, weshalb man für die Situationen vor Ort ein Gespür entwickeln muss“, so der Halterner.

Das unterstreicht auch Barbara Danda-Ohrenberg. „Wenn wir angerufen werden, dann wird uns zuerst von der Leitstelle die Einsatzsituation beschrieben, sodass wir uns auch mental einstellen können. So richtig vorbereiten kann man sich aber nicht“, erklärt die Halternerin. Wenn man sich selbst die Lage nicht zumute, dann könne man den Einsatz ablehnen oder auch vor Ort abbrechen. „Das eigene Wohl geht immer vor!“

Für sie kam der erste Notruf bereits kurze Zeit nach erfolgreich bestandener Ausbildung. „Ich musste direkt zu einem Unfall. Ein Lkw-Fahrer hatte einen Herzinfarkt und war infolgedessen in eine angrenzende Baustelle gefahren und hatte einen Baustellen-Container nur knapp verfehlt. Darin saßen Arbeiter“, erzählt die Notfallseelsorgerin. „Zwei Arbeiter bedurften aufgrund des Vorfalls einer Betreuung.“

  • Die Notfallseelsorge ist in der Regel an 365 Tagen im Jahr über 24 Stunden einsatzbereit. Deshalb wird immer wieder nach Verstärkung gesucht.
  • Die Einteilung kann selbst bestimmt werden. Im Durchschnitt leisten die Notfallseelsorgerinnen und Notfallseelsorger zwei bis vier jeweils zwölfstündige Dienste im Monat (Einsatzbereitschaft).
  • Weitere Informationen zu der ökumenischen Notfallseelsorge finden Sie unter: www.notfallseelsorge-emscher-lippe.de

Markus Wenzel wurde bereits zu mehreren Einsätzen gerufen. „Meistens handelt es sich um den sogenannten häuslichen Todesfall, bei dem eine Person zu Hause verstorben ist“, erzählt der Notfallseelsorger.

„Zuerst kommen die Rettungskräfte und Polizei. Je nach Situation wird dann über die Leitstelle ein Notfallseelsorger angefordert. Bei unklarer Todesursache oder bei einem Suizid wird die Kriminalpolizei hinzugezogen und diese hat die Rechtshoheit“, so Markus Wenzel. Die Notfallseelsorge betreut die Betroffenen und fungiert gleichzeitig als Schnittstelle zwischen Einsatzkräften und Angehörigen.

Es gibt keinen Leitfaden

„Ich stelle mich den Angehörigen vor und erkläre, weshalb ich jetzt bei ihnen bin“, so Danda-Ohrenberg. Es gebe aber keinen Leitfaden, an den man sich strikt halten müsse, sondern das Bauchgefühl sei entscheidend. Ansonsten gelten die Grundregeln, dass man sich nicht in den Mittelpunkt stellen soll und generell vorsichtig mit zu viel Nähe sein soll.

Die hohe Achtsamkeit bestimmt die Handlung der Seelsorger. „Wenn man merkt, dass man in dieser akuten Phase der Trauer keine Beziehung herstellen kann, dann muss man das aushalten und akzeptieren“, so Markus Wenzel.

Nur wenn sich die Person beispielsweise einschließe oder eine Selbstgefährdung bestehe, müssten weitere Schritte eingeleitet werden. Erst, wenn er den Eindruck habe, dass die Person gefestigt ist, verlasse er den Einsatzort. „Sobald ich wieder zu Hause bin, melde ich dann den Einsatz bei der Leitstelle als beendet“, erklärt der Halterner.

Zwei Notfallseelsorger sind mit der lilafarbenen Einsatzweste an einem Einsatzort.
Notfallseelsorgerinnen und Notfallseelsorger werden auf Anordnung der Einsatzkräfte alarmiert. Die Ehrenamtlichen übernehmen in Krisensituationen eine kurzfristige Begleitung der Angehörigen. © picture alliance/dpa/Ralf Zwiebler

Bisher haben die beiden ehrenamtlichen Notfallseelsorger noch keinen Einsatz abgelehnt oder abgebrochen. „Aus heutiger Sicht würde ich auch keinen speziellen Fall ablehnen, aber das kann sich im Laufe der Zeit aufgrund gemachter Erfahrung auch ändern“, sagt Barbara Danda-Ohrenberg.

Sie könne generell gut mit dem Thema Tod umgehen und habe eine gefestigte Persönlichkeit. „Das ist auch Grundvoraussetzung für diesen Dienst am Mitmenschen“, so die Halternerin.

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