Diese Schule ist mit anderen nicht vergleichbar: In der Schule der LWL-Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie in der Haard erhalten die Patientinnen und Patienten während ihres Klinikaufenthaltes weiterhin Unterricht. Mit Rektorin Nadine Schäpers und Konrektorin Jasmin Böhm hat die Schule jetzt eine komplett neue Leitung. Beide Frauen sind begeistert von ihrer neuen Aufgabe.
„Ich war an einem Punkt, an dem ich überlegt habe, noch einmal eine neue berufliche Herausforderung zu suchen“, sagt Nadine Schäpers. Die 47-jährige Havixbeckerin hat Lehramt Sonderpädagogik und Diplom-Heilpädagogik in Köln und Dortmund studiert.
Im Stift Tilbeck bei Havixbeck sammelte sie früh erste Erfahrungen in der Arbeit mit Menschen mit Behinderungen. „Eigentlich wollte ich zunächst Architektin werden“, erzählt sie. Bei einem Schulpraktikum lernte sie einen gehörlosen Kollegen kennen und entschied sich neu.
Faszinierende Herausforderung
Klinikschulen in Rheine und Ibbenbüren gehörten nach dem Studium zu ihren beruflichen Stationen. Zuletzt war sie drei Jahre am regionalen Fortbildungszentrum der Bezirksregierung Münster tätig. „Schulleitung konnte ich mir am Anfang meines Berufslebens nicht vorstellen, aber jetzt finde ich die Aufgabe hier in der Haard-Klinik eine faszinierende Herausforderung“, sagt sie. „Ich fahre jeden Tag gern zur Arbeit.“
Nadine Schäpers übernahm die Schulleitung im Februar dieses Jahres. Ihre Konrektorin Jasmin Böhm ist schon einige Monate länger da. Die 40-jährige Hertenerin hat vorrangig im Bereich der Förderschulpädagogik in Gelsenkirchen gearbeitet. Auch sie wollte sich beruflich noch einmal neu orientieren.
Die Vielfalt der Aufgaben hat beide anfangs erschlagen und gleichzeitig begeistert. „Als ich zum ersten Mal den Stundenplan sah, konnte ich hieraus nichts lesen“, sagt Nadine Schäpers schmunzelnd. Denn die Unterrichtsorganisation an der LWL-Schule in der Haard ist sehr differenziert.

150 bis 160 Schüler werden hier durchschnittlich unterrichtet. Insgesamt sind es rund 1.200 pro Jahr. Die Schule gewährleistet, dass die jungen Patientinnen und Patienten während ihres Klinikaufenthaltes nicht den schulischen Anschluss verlieren. Einige sind nur ein, zwei Tage da, andere mehrere Wochen oder Monate, manche auch länger, wenn sie mehrfach in die Klinik eingewiesen werden. Die durchschnittliche Verweildauer beträgt 30 Tage.
Die besondere Herausforderung sind nicht nur die unterschiedlichen Verweilzeiten, sondern auch die unterschiedlichen Altersgruppen und die verschiedenen Bildungsgänge. „Wir unterrichten Schülerinnen und Schüler von der ersten Klasse Grundschule bis zur gymnasialen Oberstufe oder dem Berufskolleg in überwiegend jahrgangsgleichen aber immer schulformheterogenen Lerngruppen“, so Jasmin Böhm
Kein „Nachhilfeinstitut“
Dabei können die Zusammensetzungen der Lerngruppen täglich wechseln, durch Neuzugänge oder Entlassungen. „Von Außenstehenden hört man manchmal: ‚Ihr seid doch nur eine Art Nachhilfeinstitut‘, aber genau das sind wir nicht“, betont Nadine Schäpers. Durch engen Kontakt mit den Heimatschulen und den Therapiestationen gehen die Pädagogen so individuell wie möglich auf die Lernsituation und auch auf die persönliche (Krankheits-)Situation der Schüler/Patientinnen ein.

28 Pädagogen aller Fachrichtungen gehören zum Lehrerteam der LWL-Schule in der Haard. Sie unterrichten in Lerngruppen, aber bei Bedarf auch auf den Stationen, wenn ein Unterricht im Klassenverbund nicht möglich ist.
„Vielen Schülern ist es sehr wichtig, den Anschluss nicht zu verlieren, hierbei muss jedoch ein gutes Maß gefunden werden, da der selbstgemachte schulische Druck oftmals nicht förderlich für die psychische Gesundung ist“, so Jasmin Böhm. „Aber es gibt auch die Schulverweigerer, die bei uns Schule manchmal ganz neu und ganz anders erleben, als sie es bisher kannten.“
Gute technische Ausstattung
Um diese vielfältigen Aufgaben bewältigen zu können, ist die Schule in der Haardklinik, die es schon seit 1970 gibt, inzwischen technisch sehr gut ausgestattet. Renovierungen und Anschaffungen wurden unter anderem im Rahmen des Förderprogramms „Gute Schule 2020“ des Landes NRW möglich. Nicht nur Wandgestaltung in beruhigenden Farben, auch Tablets für alle Schüler und Smart-Boards in den Klassenräumen gehören zur Ausstattung.
„Digitalisierung ist aber nicht alles, es bedeutet weiter eine Kultur der Digitalität in das analoge Arbeiten einzubringen“, sagt Nadine Schäpers. Auch das ist eine ihrer spannenden Aufgaben in der Klinikschule - und deswegen fährt sie jeden Tag gern von Havixbeck an ihren Arbeitsplatz in der Haard.