Germanwings-Klage abgewiesen: Begründung kommt bei Kläger nicht gut an
Germanwings-Prozess
Das Essener Landgericht hat die Klage von Hinterbliebenen der Opfer des Germanwings-Absturzes von 2015 abgewiesen. Die Worte des Richters gefielen dem einzigen anwesenden Kläger gar nicht.
Es hatte sich bereits angedeutet: Schon in der mündlichen Verhandlung Anfang Mai hatten die Richter der 16. Zivilkammer durchklingen lassen, dass sie die Lufthansa und die ebenfalls verklagte Flugschule in den USA nicht für die richtigen Adressaten der Klage halten. Die Frage, ob der Co-Pilot, der die Maschine am 24. März 2015 absichtlich gegen einen Berg in den französischen Alpen steuerte, überhaupt in ein Cockpit gedurft hätte, müsste an anderer Stelle gestellt werden.
Flugsicherheit liegt beim Staat
Am Mittwoch (1. Juli) wiesen die Richter die Klage auf zusätzliches Schmerzensgeld mit genau dieser Begründung ab. Ja, der Co-Pilot habe früher an Depressionen gelitten. „Aber die Flugsicherheit ist eine staatliche Aufgabe“, so Richter Lars Theissen. Mit anderen Worten: Über die Flugtauglichkeit eines Piloten entscheide nicht die Fluggesellschaft, sondern das Luftfahrtbundesamt.
Aus diesem Grund konnte es nach Ansicht der Richter in diesem Prozess offen bleiben, ob bei der Erteilung der Fluglizenz für den Co-Piloten etwas schief gelaufen ist. „Möglicherweise haben die Ärzte etwas übersehen, bei den Untersuchungen könnte es Fehler gegeben haben“, so Theissen. Geklärt werden könnte dies aber nur in einem Prozess gegen den richtigen Adressaten - in diesem Fall wohl die Bundesrepublik Deutschland.
Die Essener Richter wählten in ihrem Urteil deutliche Worte. Worte, die den einzigen erschienenen Kläger sichtlich verletzten. Zur Klage gegen die Flugschule in den USA hieß es in der Begründung der Klageabweisung: „Niemand würde auf die Idee kommen, den Fahrlehrer, der die Überlandfahrten beaufsichtigt hat, in die Haftung zu nehmen, wenn ein Autofahrer Jahre später auf einer Landstraße in den Gegenverkehr fährt.“ Und insgesamt hielt Richter Theissen fest: „Nicht jeder Schicksalsschlag kann finanziell ausgeglichen werden durch einen Schuldigen, den man sich selber aussucht.“
Wie es weitergeht, ist offen
Die Lufthansa sei weder die Arbeitgeberin des Co-Piloten gewesen, noch habe sie den Unglücksflug betrieben. Abgestürzt sei eine Germanwings-Maschine. Bei dem Unglück starben auch 16 Schüler und zwei Lehrer des Joseph-König-Gymnasiums in Haltern.
Richter Theissen versicherte den Klägern zum Schluss zwar noch: „Unseres Mitgefühls können sich die Hinterbliebenen sicher sein.“ Bei denen kamen die zuvor gehörten Worte dennoch nicht gut an. „Ich habe das Gefühl, das Gericht war mit dem Sachverhalt völlig überfordert“, sagte der Kläger. Ob er nun Rechtsmittel einlegt oder gegen die Bundesrepublik Deutschland neu klagt, will er später entscheiden.