Geflüchtet vor dem Krieg: So geht ihr Leben in Haltern und anderswo weiter

© Privat

Geflüchtet vor dem Krieg: So geht ihr Leben in Haltern und anderswo weiter

rnKrieg in der Ukraine

Ein Halterner Helferteam hat 27 ukrainische Flüchtlinge, Mütter und Kinder vor allem, vor dem Krieg in der Heimat in Sicherheit gebracht. Über das Ankommen gibt es viel zu sagen.

Haltern

, 19.03.2022, 05:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Christian Ufer und Peter Köhne organisierten als Nachbarn einen Hilfstransport zur polnisch-ukrainischen Grenze und wurden von der Unterstützung überwältigt. Sie und weitere 13 Helferinnen und Helfer starteten letztlich mit rund 14 Tonnen Hilfsgütern in sieben Transportern Richtung Osten. Lebensmittel, Hygieneartikel und Medikamente brachten sie zu den Opfern der russischen Invasion, 27 ukrainische Flüchtlinge - Frauen und Kinder sowie einen älteren Mann - nahmen sie zurück mit nach Deutschland und brachten sie in Sicherheit.

Christian Ufer erzählt nun, wie die Wege hier weitergingen. Vier der geflüchteten Ukrainer reisten nach Lennestadt weiter, drei nach Stuttgart (sie sind aber inzwischen wieder zurückgekommen). Zehn Geflüchtete bleiben in Haltern: Es handelt sich um eine fünfköpfige Familie mit 15 und 9 Jahre alten Kindern sowie um eine Frau mit zwei Töchtern und eine Frau mit einer Tochter. Sie haben sich bereits angemeldet. Die großen Kinder gehen ab Montag in die Schule, Kita-Plätze fehlen allerdings noch.

Rund um die Uhr bieten Ansprechpartner Hilfe an

Alle anderen sind Gäste des Studierendenwerks Essen-Duisburg, dessen Geschäftsführer ein Halterner ist. Sie haben vier Familienwohnungen und zwei Zweier-Wohngemeinschaften bezogen und werden von Studenten, die teilweise aus der Ukraine stammen, rührend betreut. „Unser Freund hat diese Unterbringung ermöglicht, die Frauen und Kinder sind unendlich dankbar“, erzählt Christian Ufer, „und wir auch.“

Rund um die Uhr haben sie einen Ansprechpartner und sie werden mit Frühstück und einer warmen Mahlzeit in der Mensa versorgt. Die inzwischen 20 ukrainischen Flüchtlinge im Wohnheim seien sehr verängstigt und deshalb froh über die besondere Geborgenheit. Sie werden wegen ihrer erlittenen Traumata auch psychologisch betreut.

Unter den Flüchtlingen ist eine junge Schwangere, die mit den Halternern gekommen ist und in einem Monat entbinden wird. Eine russisch sprechende Hebamme begleitet sie inzwischen. Studierende haben sie bereits mit richtig coolen Babysachen und Pflegeprodukten überrascht, berichtet Adrian Reiß, der Koordinator im Studierendenwerk.

Technik sorgt für den Kontakt in die Heimat

Die Geflüchteten kommen aus großen Metropolen der Ukraine, sie sind ausnahmslos gut und akademisch gebildet und weltgewandt. Allen ist wichtig, in Deutschland Arbeit zu finden. Am Montag werden sie sich in Essen registrieren, außerdem kümmert sich Adrian Reiß darum, dass sie Bankkonten eröffnen können. „Wir stellen auch Internetrouter bereit, damit die Frauen und Kinder Kontakt mit ihrer Heimat aufnehmen können“, sagt er.

Halterner haben den Geflüchteten zum Teil Kleidung oder andere wichtige Dinge gekauft, denn es blieb keine Zeit, sich auf die Flucht vorzubereiten. „Wir alle fühlen uns sehr verantwortlich für die Menschen, die wir mit nach Haltern genommen haben“, sagt Judith Kuprat-Ufer.

Bitte um Spenden für Medikamente

Ärztin Julia Bachmann bittet weiterhin dringend um Spenden für die Ukraine. Medikamente und Verbandsmaterial werden besonders benötigt. Dafür sind Geldspenden am wertvollsten. Die Halterner Hausärztin arbeitet mit dem Verein „Hilfe und Hoffnung“ zusammen. Die Bankverbindungen: IBAN: DE86426610085113900200; BIC: GENODEM1MRL; Bank: Volksbank Marl-Recklinghausen.

Ein großes Netzwerk ermöglicht erst, die viele Hilfe überhaupt leisten zu können. Das „verknotete“ sich schon gleich zu Beginn mit der Spendensammlung und dann dem Transport: Auf einmal standen Nachbarn und weitere Freunde vor der Tür, brachten Spenden, boten ihre Unterstützung und auch ihren Fahrdienst an. „Plötzlich waren wir ein großes Team“, ist Christian Ufer noch immer berührt.

Eine Wohnung für eine Familie mit fünf Monate altem Baby

Überwältigt ist das Helferteam von der Hilfsbereitschaft des Gastwirte-Ehepaares Toni und Ronai Schermo. In der „Villa am See“ an der Grenze zwischen Haltern und Hausdülmen erhielten die Ankommenden nach ihrer Rückkehr von der polnisch-ukrainischen Grenze kostenlos eine warme Mahlzeit, das Ehepaar nahm jetzt auch Geflüchtete mit einem fünf Monate alten Baby auf und richtete auf eigene Kosten für sie eine Wohnung her.

Christian Ufer steht weiterhin in ständigem Kontakt mit der Halterner Hausärztin Julia Bachmann, die über den Recklinghäuser Verein „Hilfe und Hoffnung“ Geldspenden sammelt, um Medikamente für die Ukraine kaufen zu können. Christian Ufer und Freunde stehen bereit, sich ein weiteres Mal auf den Weg Richtung Ukraine zu machen.