
© Lippeverband
Freilaufende Hunde am Deich gefährden Natur und machen Schafe krank
HaLiMa-Deich
Spaziergänge am neuen Lippedeich sind inzwischen wieder erlaubt. Gerade Hundebesitzer schätzen den großzügigen Auslauf und lassen ihre Vierbeiner gerne von der Leine. Das aber ist verboten.
Im August 2016 war die damalige NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft die prominenteste Teilnehmerin beim Auftakt für das Riesen-Bauprojekt HaLiMa: Mindestens 95 Millionen Euro werden hier bis 2023 investiert, dafür entstehen in Haltern-Lippramsdorf und Marl neue Deiche von 5,6 Kilometern Länge, auch vorhandene Deichstrecken werden wieder fit gemacht. In Lippramsdorf sind die Deichwege inzwischen für Spaziergänger wieder frei gegeben. Erholungssuchende reisen sogar aus Nachbarstädten an, um hier die Weitläufigkeit am Wasser zu genießen. Doch es gibt Probleme.
Freilaufende Hunde verderben den Schafen das Futter
Probleme mit Hundebesitzern. Diese lassen ihre Vierbeiner am Deich gerne von der Leine, obwohl sie sich in einem Naturschutzgebiet bewegen. Die Hunde genießen verständlicherweise ihre Freiheit, doch sie stöbern und lösen sich an den Deichhängen bis hinunter zum Ufer der Lippe. Dabei stören sie nicht nur die Wasservögel und das Niederwild, sondern verderben den Schafen das Futter.

Schwäne ziehen ihres Weges auf einem neuen Wassergraben seitlich des neuen Lippedeiches. © Elisabeth Schrief
„An der Auszeichnung der Lippeauen als Naturschutzgebiet hat sich durch die Deichbau-Maßnahme nichts geändert. Wenn vorher Leinenpflicht galt, gilt sie auch heute“, betont Anne-Kathrin Lappe, Pressesprecherin von Emschergenossenschaft/Lippeverband. Bei der Genehmigung der Großbaustelle hatte auch der damals amtierende Regierungspräsident Peter Paziorek darauf hingewiesen, dass sich durch neue Deiche die Flora-Fauna-Habitat-Grenzen nicht verändern werden.
Schäfer aus Reken ist ewige Diskussionen leid
FFH- und Naturschutzgebiete sind wichtige Rückzugsorte, Lebensräume und Brutplätze für gefährdete Tier- und Pflanzenarten. Dazu gehören in Lippramsdorf unter anderem Feldlerche, Kiebitz oder Rebhuhn. Zum Schutz seltener Lebensräume und Arten wie an der Lippe hat der Naturschutz absoluten Vorrang. Schilder, die auf dem Deich darauf hinweisen, sind übermalt worden.
Es gibt noch jemanden, der Probleme mit freilaufenden Hunden hat. Schäfer Heinz Hüppe aus Reken ist mit seinen 500 Merino-Schafen regelmäßig ab April an der Lippe. Doch er ist verzagt und ist es langsam leid, sich ewig mit den Hundehaltern anzulegen.

Ökologische Mahd: Merino-Schafe von Familie Hüppe aus Reken pflegen seit Jahren die Lippedeiche. © EGLV / A. Lappe
Durch die Beweidung mit Schafen auf den Deichen wird die Grasnarbe der Hochwasserschutzanlage auf günstige Weise „gemäht“ und gedüngt, erklärt Anne-Kathrin Lappe. Zusätzlich werde durch den Tritt der Schafe die oberste Deichschicht immer wieder neu verdichtet. Doch der Hundekot auf den Weideflächen kontaminiert das Grasfutter der Schafe. Denn Hunde scheiden über den Kot einen Parasiten aus, der bei den Schafen schwere Erkrankungen auslösen kann.

Ein Blick in die neue Lippeaue, die zurzeit noch vom neuen und alten Deich umschlossen wird. © Elisabeth Schrief
Da die freilaufenden Hunde ein extremes Problem für die Schafe darstellen, sind Schäfer kaum noch bereit, die Deichpflege mit ihren Herden durchzuführen, bedauert Anne-Kathrin Lappe. Neben dem Kot ist es der Jagdtrieb einiger Hunde, der für die schreckhaften Schafe enormen Stress bedeute. Der Lippeverband bittet deshalb ausdrücklich darum, Hunde an der Lippe immer an der Leine zu führen. Spontane Kontrollen sind nicht ausgeschlossen.
Der alte Deich wird direkt vor Ort verbaut
Der neue Deichkörper ist fast fertig. Ein Teil des alten Deiches, der jetzt noch die 60 Hektar große Auen verschließt und sich auch noch als Spazierweg anbietet, wird am Ende aller Arbeiten vor Ort verbaut. Der Deich bleibt relativ kahl. Eine Bepflanzung mit Sträuchern oder Bäumen ist nach Auskunft von Anne-Kathrin Lappe nicht möglich und auch nicht erlaubt. Das habe einen wichtigen Hintergrund: Deiche seien technische Bauwerke mit einem mehrschichtigen Aufbau. Wurzeln könnten diesen Aufbau beschädigen und so die Standsicherheit gefährden.

Dieses engmaschige Drahtgeflecht wird eingebaut, um Pflanzentrieb sowie die Eroberung des Deiches durch Kaninchen oder Nutria zu verhindern. © Elisabeth Schrief
Der Deichkörper und auch der Deichfuß müssten außerdem permanent sichtbar bleiben, damit der Lippeverband Deichschäden umgehend erkennen und beheben könne. Doch die Deiche werden im Frühjahr mit einer biodiversen Saatgutmischung eingesät. Dazu Anne-Kathrin Lappe: „Verwurzeln sich die Gräser und Kräuter, bildet sie eine wichtige Schutzschicht, die dem Deich zusätzliche Stabilität verleiht.“
Zum Schluss noch einmal der Appell des Lippeverbandes: „Wir öffnen unsere Betriebswege sehr gerne für Radfahrer und Spaziergänger, aber es ist wichtig, dass die Nutzung im Einklang mit der Natur und den technischen Anlagen erfolgt.“
Haltern am See ist für mich Heimat. Hier lebe ich gern und hier arbeite ich gern: Als Redakteurin interessieren mich die Menschen mit ihren spannenden Lebensgeschichten sowie ebenso das gesellschaftliche und politische Geschehen, das nicht nur um Haltern kreist, sondern vielfach auch weltwärts gerichtet ist.
