„Ich habe immer an diese Technik geglaubt“ Halterner Firma macht aus Wärme Kälte

Firma AKM macht aus Wärme Kälte: Umweltfreundliches Verfahren
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In den Kälteanlagen, die die Halterner Firma AKM (Absorptions-Kälte-Manufaktur) plant und produziert, wird Wärme in Kälte umgewandelt. Was auf den ersten Blick paradox klingt, beruht auf einem innovativen Verfahren, das der Haltener Ingenieur Dr. Wolfgang Stürzebecher weiterentwickelt und zur Marktreife gebracht hat.

Der gebürtige Halterner absolvierte an der Fachhochschule Gelsenkirchen ein Ingenieursstudium und arbeitete anschließend drei Jahre in einem Betrieb für Biogasanlagen. „Umweltfreundliche Technologien haben mich immer interessiert“, so Dr. Wolfgang Stürzebecher.

Daran schloss er seine Promotion an, die er an der Sheffield Hallam University in Großbritannien absolvierte, gefördert von seinem Doktorvater Prof. Rainer Braun von der FH Gelsenkirchen, der ihm als Sparringspartner zur Seite stand und ihm seinerzeit eine Stelle als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der FH zur Verfügung stellte.

Erfindung von 1859

„Das Prinzip der Ammoniak-Wasser-Absorptions-Kältetechnik ist 1859 von dem französischen Ingenieur Ferdinand Carré erfunden worden“, sagt Stürzebecher. „Ich habe es in meiner Doktorarbeit auf den neusten technischen Stand gebracht.“

Für ihn stand 2007 nach seiner Promotion fest: „Ich will dieses Verfahren in die Praxis umsetzen. Ich habe immer an diese Technik der Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung geglaubt“, so der 50-jährige Halterner.

Christoph Heyse, hier bei der Installation einer Anlage, ist zweiter Geschäftsführer der AKM GmbH.
Christoph Heyse, hier bei der Installation einer Anlage, ist zweiter Geschäftsführer der AKM GmbH. © AKM

Der Weg in die Selbstständigkeit war aber auch von vielen Unwägbarkeiten geprägt. 2008 fand Wolfgang Stürzebecher in dem amerikanisch-deutschen Unternehmen Tranter einen Partner, mit dem er gemeinsam eine Pilotanlage baute. „An dieser Anlage, die in Thüringen stand, konnte ich dann Messreihen für die Praxis starten, oft in Nachtarbeit“, erinnert er sich.

Gründung in Haltern 2015

Die Ergebnisse zeigten, dass seine theoretischen Berechnungen praxistauglich waren. 2009 verkaufte er zusammen mit seinem Partnerunternehmen eine erste Anlage an die Metro AG. „Diese läuft bis heute reibungslos“, so Stürzebecher. Und er nennt einen weiteren Vorteil: Die nahezu wartungsfreien Anlagen amortisieren sich innerhalb weniger Jahre.

2015 gründete Dr. Stürzebecher zusammen mit seinem ehemaligen Mitarbeiter Christoph Heyse die AKM Industrieanlagen GmbH mit Sitz in Haltern. Beide sind heute geschäftsführende Gesellschafter des Unternehmens. „Seitdem haben wir deutschlandweit sowie in Italien rund 50 Anlagen unterschiedlicher Größe mit Kälteleistungen zwischen 100 kW und 1 MW für Kühltemperaturen zwischen -40 °C und +10 °C gefertigt, installiert und in Betrieb gesetzt“, so Wolfgang Stürzebecher.

Wärmetauscher und Pumpe

Die entscheidende technische Komponente der Absorptionskältetechnologie sind Wärmetauscher und eine Pumpe, die den sonst üblichen Kältekompressor ersetzen sowie das weiterentwickelte Verfahrensschema. Als Wärmequelle dient heute Wärme ab +80 °C aus Produktionsprozessen, Blockheizkraftwerken, Fernwärme, Solarthermie oder Tiefengeothermie.

Montage der Komponenten in Schutzkleidung.
Montage der Komponenten in Schutzkleidung. © AKM

Die Anlagen stehen heute zum Teil bei namhaften Industrieunternehmen: Seit 2016 in einem Fleischwerk der Edeka, seit 2019 bei der Firma Popp Feinkost bei Hamburg, oder seit 2021 bei der BAS, seit 2022 bei der Einbecker Brauerei. „Aktuell fertigen wir eine Anlage für den neuen Campus der Schwarz-Gruppe in Bad Friedrichshall, zu der unter anderem Lidl gehört“, so Wolfgang Stürzebecher. Hergestellt werden sie durch ein Partnerunternehmen in Leverkusen.

Transport einer AKM-Anlage für die Metro in Schwelm per Tieflader.
Transport einer AKM-Anlage für die Metro in Schwelm per Tieflader. © AKM

Neben den selbst entwickelten Ammoniak-Wasser-Absorptionskälteanlagen plant und vertreibt die AKM auch Wasser-Lithiumbromid-Absorptionskältemaschinen, in denen Wasser als Kältemittel eingesetzt wird. Die Anwendungsmöglichkeiten beider Technologien sind vielfältig. Sie kommen sowohl in industriellen Prozessen zum Einsatz als auch bei der Produktion und Lagerung von Lebensmitteln.

AKM-Anlage in einer Molkerei.
AKM-Anlage in einer Molkerei. © AKM

Auch Gebäude werden so klimatisiert, zum Beispiel Krankenhäuser, Banken, Bürogebäude oder Hotels. „Zuletzt wurden Kunden, die keine Wärme bereitstellen konnten, auch mit konventionellen Kälteanlagen versorgt, die aber natürliche Kältemittel verwenden. Gleiches gilt auch für industrielle Wärmepumpen“, so Dr. Stürzebecher. „Damit gehen wir Diskussionen zum Thema PFAS, Ozonabbau und Erderwärmung aus dem Weg und bieten unseren Kunden effiziente nachhaltige Lösungen an.“

Dr. Wolfgang Stürzebecher ist überzeugt, dass die AKM-Industrieanlagen GmbH mit ihrem Portfolio für das wachsende Umweltbewusstsein äußerst zukunftsträchtige Technologien anbietet, die umweltfreundlich, wirtschaftlich und nachhaltig zur Einsparung von CO2 Emissionen beitragen. Die Zahlen sprechen für sich: An die zwei Millionen Euro Jahresumsatz erzielt AKM inzwischen,. „Tendenz steigend“.

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