
© Jürgen Wolter
Fahrschüler stehen im Stau: Es gibt in Haltern zu wenig Prüfer
Fahrprüfer fehlen
Die Wartezeiten auf eine Fahrprüfung sind in Haltern zurzeit etwa doppelt so lang wie üblicherweise. „Erschütternd“ nennt das der Fahrlehrerverband. Das hat eine Reihe von Gründen.
Wer seine Fahrprüfung ablegen möchte, muss aktuell länger warten als sonst. Die Fahrlehrer sind dafür allerdings nicht verantwortlich. „Normalerweise melde ich einen Schüler drei bis vier Wochen vor dem geplanten Prüfungstermin an. Zuständig ist dabei für uns der Tüv Nord, die Disposition sitzt in Duisburg“, sagt Ralf Köhler, Inhaber von Ralli‘s Fahrschule in Haltern. „Zurzeit ist die Wartezeit aber doppelt so lang. Das stößt bei Schülern und Eltern natürlich auf Unverständnis“.
Ursache für die Verschiebung ist ein Mangel an Fahrprüfern. „Wir hatten so eine ähnliche Situation schon im vergangenen Jahr, da war Corona die Ursache. Jetzt ist das etwas anders“, sagt Ralf Köhler.
Fahrprüfungen an Samstagen
„Auch andere Krankheitsfälle haben zu dem Rückstau beigetragen“, so Ralf Köhler. „Außerdem war der standardmäßige Disponent beim Tüv Duisburg ausgefallen, dadurch ist manches ins Stocken geraten. Zusätzlich gab es einen Streik, der ebenfalls Verzögerungen in der Planung mit sich gebracht hat.“
Im März und April sei noch alles normal gelaufen, nachdem die Fahrschulen ihren Betrieb wieder aufnehmen konnten. „Aber im Mai ging es schon los: Da hatte ich drei Prüfungstage angemeldet und keinen davon bekommen“, so Ralf Köhler.
Die zusätzliche Wartezeit, die den Fahrschülern jetzt entsteht, versucht er dadurch zu überbrücken, dass er die Fahrstunden intervallmäßig anbietet. „Sie fahren nur in jeder zweiten Woche, damit sie nicht aus der Übung kommen.“ Das kann aber auch schon mal zu Mehrkosten für die Fahrschüler bzw. ihre Eltern führen.
Prüfungen auch an Samstagen
In einem Schreiben Anfang Juni hatte der Tüv Nord die Fahrschulen über die Lage informiert. Dort wurden erhöhte Personalausfälle und krankheitsbedingte Terminabsagen als Gründe für den Rückstau genannt. Die vorgeschriebenen Hygienemaßnahmen hätten ebenfalls Kapazitäten eingeschränkt. Außerdem hätten Fahrerlaubnis-Behörden beim Ausstellen notwendiger Papiere zum Teil langsamer gearbeitet und Erste-Hilfe-Kurse seien zweitweise ausgefallen.
Zum 1. Januar waren außerdem die Prüfzeiten um 10 Minuten verlängert worden, wodurch ebenfalls weniger Prüfungen möglich waren. „Das hätte man in der Situation um ein Jahr verschieben können“, findet Ralf Köhler.

Seit Januar dauern Fahrprüfungen zehn Minuten länger, weil ein neues digitales Prüfprogramm angewendet wird. © picture alliance/dpa/DEKRA
Inzwischen gibt es Überlegungen, wie man das Problem in den Griff bekommen könnte. „Der Tüv verfolgt gerade drei Ansätze“, sagt Ralf Köhler. „Zum einen wird darüber nachgedacht, Prüfungen auch an Samstagen anzubieten, um den Stau abzubauen. Dann soll am Prüfungstag der Beginn von 8 Uhr auf halb acht vorgezogen werden, was jeweils eine Prüfung mehr ermöglicht. Und schließlich gibt es die Idee, Fahrprüfer, die in den Ruhestand gegangen sind, für eine gewisse Zeit zu reaktivieren.“
Trotzdem werde sich der Rückstau nicht so schnell abbauen, fürchtet der Halterner Fahrlehrer. „Ich rechne damit, dass es mindestens ein halbes Jahr dauert“, sagt Ralf Köhler.
„Die Situation ist in ganz Deutschland ähnlich, das ist erschütternd“, bestätigt Friedel Thiele, der Vorsitzende des Fahrlehrerverbandes Westfalen. „Es gibt zu wenig Prüfer und das ist nicht erst seit Corona ein Problem, sondern es ist ein strukturelles“, findet er.
Der Verband fordert deshalb, das Kraftfahrt-Sachverständigengesetz dahingehend zu ändern, dass Fahrprüfer nicht mehr zwingend ein Ingenieurstudium absolviert haben müssen. „Das könnte die Ausbildungszeiten verkürzen, ist aber kurzfristig auch keine Lösung“, so Thiele. Deshalb müsse darüber nachgedacht werden, Sachverständige aus den Kfz-Prüfwerkstätten vorübergehend als Fahrprüfer einzusetzen. Das könne helfen, den Stau abzubauen.
Studium der Germanistik, Publizistik und Philosophie an der Ruhr Universität Bochum. Freie Autorentätigkeit für Buchverlage. Freier Journalist im nördlichen Ruhrgebiet für mehrere Zeitungshäuser. „Menschen und ihre Geschichten faszinieren mich nach wie vor. Sie aufzuschreiben und öffentlich zugänglich zu machen, ist und bleibt meine Leidenschaft.“
