Extremisten auf NRW-Parteitag der AfD in Marl „Für ein Deutschland ohne Verfassungsschutz!“

AfD-Parteitag in Sinsen: „Für ein Deutschland ohne Verfassungsschutz!“
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Wie ein nervöses Raubtier läuft Matthias Helferich hinter den letzten Sitzreihen des AfD-Landesparteitags in Sinsen hin und her. Der Dortmunder Rechtsextremist und Bundestagsabgeordnete hat es in diesem Jahr noch nicht gewagt, nach dem Landesparteivorsitz zu greifen, doch er nutzt jede Gelegenheit, um mit radikalen Parolen für seine völkisch-nationalistische „Junge Alternative“ (JA) die Trommel zu rühren. Auf dem Parteitag an der Gräwenkolkstraße zeigt sich schnell: Die Demonstrationen der Bürgerinnen und Bürger aus Marl und Umgebung vor der Halle mit bis zu 2000 Teilnehmern machen absolut Sinn.

Die JA wird vom Bundesamt für Verfassungsschutz als „gesichert rechtsextrem“ eingestuft und ist deshalb sogar in der AfD umstritten. Der Streit um die JA hätte auf dem Marler Parteitag das Zeug gehabt, zum Sprengsatz für die Versammlung zu werden. Eine geschickte Parteitagsregie umschifft die Klippe. Dennoch: Als der ehemalige AfD-Landesparteichef Rüdiger Lucassen in der Eventhalle-NRW Solidarität für die JA einfordert und dafür brausenden Beifall erhält, wird klar: Der Rechtsextremismus hat auch in diesem Landesverband tiefe Wurzeln geschlagen.

Lucassen fordert in Marl eine AfD-Einheitsfront gegen den Verfassungsschutz. „Der Verfassungsschutz will unsere Partei spalten, der Verfassungsschutz darf für uns niemals Maßstab sein!“ Der vormalige Bundeswehr-Offizier ist überzeugt: „Die Junge Alternative kämpft für ein besseres Deutschland, sie hat unseren Schutz und unsere Solidarität verdient.“

JA-Mitglied Matthias Helferich, der gerne mit seiner Charakterisierung als „freundliches Gesicht des Nationalsozialismus“ kokettiert, fordert in Marl einen „schlagkräftigen Abwehrmechanismus der Partei gegen den Repressionsapparat des Establishments“. Helferich beklagt, dass der Waffenbesitz von JA- und AfD-Mitgliedern besonders streng überwacht werde und wirft der Parteispitze einen „Kotau vor dem Verfassungsschutz“ vor. Es gibt starken Beifall.

Der Marler AfD-Ratsherr Sebastian Schwabach auf dem AfD-Landesparteitag in Sinsen.
Der Marler AfD-Ratsherr Sebastian Schwabach auf dem AfD-Landesparteitag in Sinsen. © Thomas Brysch

Der stellvertretende AfD-Bundessprecher Stephan Brandner vom berüchtigten Thüringer Landesverband spricht in Marl. Der dem völkischen Flügel zurechnete Rechtsextremist verhöhnt die „Antifa-Folklore“ vor der Halle, sieht in der Potsdam-Berichterstattung das Produkt einer „linken Propagandaschleuder“ und fordert ein „Deutschland ohne Verfassungsschutz“. Auch für ihn gibt es donnernden Beifall.

Der als „gemäßigt“ geltende AfD-Landesvorsitzende Dr. Martin Vincentz wird von den Delegierten schließlich mit 78 Prozent im Amt bestätigt. Aber auch seine Bewerbungsrede kommt nicht ohne ausländerfeindliche Ressentiments aus. Und auch der Björn-Höcke-Jünger Matthias Helferich schafft es wieder in den Landesvorstand.

Marcel Malyga, Sprecher der Marler AfD, auf dem Landesparteitag in Sinsen.
Marcel Malyga, Sprecher der Marler AfD, auf dem Landesparteitag in Sinsen. © Thomas Brysch

Der Marler AfD-Ratsherr Sebastian Schwabach positioniert sich klar gegen Lucassen und Helferich. Er träumt von einer NRW-AfD mit CSU-Profil und betont: „Ich werde weiter gegen den völkisch-nationalistischen Flügel in unserer Partei kämpfen.“