Expeditionen ins ewige Eis Weltberühmter Polarforscher lebte viele Jahre in Haltern

Weltberühmter Polarforscher lebte viele Jahre in Haltern
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So klein ist die Welt. Als kürzlich in den Medien über den 40. Geburtstag des Forschungsschiffes Polarstern berichtet wurde, erinnerte sich der ehemalige Halterner Hausarzt Dr. Peter Schmidt daran, dass der Eisbrecher im Dienste der Wissenschaft eine Verbindung zu Haltern am See hat. Für die Versorgung von Expeditionen mit der FS Polarstern war nämlich über viele Jahre Dr. Heinz Kohnen tätig, der seine Kindheit und Jugendzeit in Haltern verbrachte. Er war Leiter der Logistikabteilung beim Alfred-Wegener-Institut.

„Wir haben von 1962 bis 1967 in der Schule in Flaesheim zusammengewohnt“, schildert Peter Schmidt die Zusammenhänge. Heinz Kohnens Frau war damals dort als Lehrerin beschäftigt. Peter Schmidts Vater war als Schulleiter ihr Chef. Familie Schmidt wohnte direkt über den Schulräumen. Das Ehepaar Kohnen im Dachgeschoss. „Heinz Kohnen war ein lieber, geselliger Kerl“, denkt Peter Schmidt, Jahrgang 1945, gerne an diese Zeit zurück.

Porträt von Heinz Kohnen
Heinz Kohnen war ein international anerkannter Polarforscher. Viele Jahre lebte er in Haltern. © Alfred-Wegener-Institut

Später gewann der 1938 in Oberhausen geborene Heinz Kohnen als Wissenschaftler, der sich um die Polarforschung verdient machte, hohes internationales Ansehen. Die Halterner Zeitung berichtete schon 1967 über eine Expedition, die den jungen Familienvater gemeinsam mit Forschern aus 40 Nationen für viereinhalb Monate 2000 Kilometer durchs ewige Eis führte. Es handelte sich offiziell um die 2. Internationale Glaziologische Grönland-Expedition.

Heinz Kohnen und die FDP

Staunend berichtete die Halterner Redaktion damals darüber, dass der Flaesheimer, der übrigens als FDP-Gemeindevertreter auch noch politisch aktiv war, sogar Eskimos kennen gelernt habe. Eindrücklich beschrieb Heinz Kohnen die Herausforderungen der Forschungsreise: „Schlimm war es, wenn wir nicht arbeiten konnten. Wenn der Blizzard tobte, mussten wir oft einige Tage in unseren Wohnwagen mit Kufen zubringen. Sechs Männer in einem nicht mehr als acht Quadratmeter großen Raum!“

Die Kohnen-Station steht auf Stelzen über dem Eis.
Bild von der Kohnen-Station: Die Wohncontainer stehen auf Stelzen. © Alfred-Wegener-Institut

Auch sei die klimatische Umstellung nicht leicht gewesen. Schon bei der Expedition 1967 ging es darum, die Mächtigkeiten des Eises zu bestimmen und daraus Erkenntnisse für Klimaveränderungen zu gewinnen. In den Polarregionen ist das Bohren von Eiskernen für Wissenschaftler bis heute eine wichtige Methode, um einen Einblick in die Klimaverhältnisse vor hunderttausenden Jahren zu erhalten.

Schneeschippen in der Antarktis
Forscher befüllen eine Schneeschmelze an der Kohnen-Station. © Alfred-Wegener-Institut

„Eingeschlossene Luft gibt beispielsweise Auskünfte darüber, aus welchen Gasen die Luft in der Vergangenheit zusammengesetzt war“, informiert das Alfred-Wegener-Institut. Für solche Untersuchungen sei in der Antarktis 2001 eine nach Heinz Kohnen benannte Station (Kohnen-Station) als logistische Basis für Eisbohrungen und Treibstofflager für Flugzeugexpeditionen auf dem Inlandeisplateau errichtet worden – gut 750 Kilometer von der Neumayer-Station III entfernt.

Karte mit der Position der Kohnen-Station im ewigen Eis
Standort der Kohnen-Station in der Antarktis © Alfred-Wegener-Institut

Auf der Kohnen-Station arbeiten Wissenschaftler nur im antarktischen Sommer – anders als an anderen Stationen. Hier werden von November bis Anfang Februar Eiskerne erbohrt, denn im Rest des Jahres ist es auf dem Inlandeisplateau zu kalt. In dieser Saison wird die Kohnen-Station, auf der 20 Forscher gleichzeitig leben und arbeiten können, nicht betrieben. Der nächste Aufenthalt sei erst wieder für November 2023 geplant, teilte das Alfred-Wegener-Institut auf Anfrage mit.

Forschung und Klimaschutz

1997 verstarb Heinz Kohnen, der mittlerweile in Münster-Nienberge lebte, völlig unerwartet. In einem Nachruf wird auch seine entscheidende Rolle für die Wahrung von Umweltschutzinteressen gewürdigt. „Von ihm gingen wichtige Impulse aus für die Formulierung des inzwischen ratifizierten Umweltschutzprotokolls zum Antarktisvertrag“, heißt es dort. Die Halterner Zeitung schrieb 1967 über ihn: „Ein Mann, der von der Wissenschaft besessen ist und gerade darum Strapazen gern auf sich nimmt.“

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