
Nacktwandern und Exhibitionismus sind zweierlei Paar Schuhe. © picture alliance / dpa
Exhibitionismus in der Haard und am Kanal: Wie gefährlich ist das?
Sommer, Sonne, hüllenlos
Wenn es warm wird, lässt mancher alle Hüllen fallen, manche nur zum Sonnenbad. Doch auch härtere Fälle von Exhibitionismus sind der Polizei Recklinghausen nicht unbekannt, vor allem in der Haard und an den Kanälen.
von Elke Jansen
Datteln, Oer-Erkenschwick, Waltrop, Haltern, Marl
, 29.05.2022, 07:05 Uhr / Lesedauer: 2 minExhibitionismus zählt nicht zu Hauptstraftaten im Kreis Recklinghausen. Das macht Andreas Lesch, Sprecher der Polizeibehörde Recklinghausen, gleich klar. 24 Fälle seien im Jahr 2021 für die Städte Datteln, Oer-Erkenschwick, Waltrop, Marl und Haltern aktenkundig geworden, fünf bislang in diesem Jahr.
Die Auswahl der Städte beruhe auf dem Umstand, dass sich Täter gerne im Wald bewegen oder an den Kanälen, also in der Haard mit ihren Anrainer-Städten oder am Wasser, an den Kanälen.
Laut Strafgesetzbuch kann nur ein Mann Exhibitionist sein
Lesch verweist auf den Paragrafen 183 des Strafgesetzbuches, wonach sich explizit nur ein Mann dieses Deliktes schuldig machen kann: „Ein Mann, der eine andere Person durch eine exhibitionistische Handlung belästigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.“ Eine Frau sei aufgrund ihrer körperlichen Voraussetzungen gar nicht in der Lage, in diesen Verdacht zu geraten, so der Polizeisprecher.
Nackt in der Öffentlichkeit – das ist so eine Sache
So weit die Gesetzeslage, in der Realität ist die Sache so einfach nicht. Auch wer öffentlich nackt badend/sonnend an die falschen Zeitgenossen gerät, kann schneller mit der Polizei zu tun haben, als ihm lieb ist. „Die Polizei muss jeder Meldung nachgehen“, sagt Andreas Lesch. Und die Befindlichkeiten seien da eben höchst unterschiedlich. „Der eine lacht, wenn er einen nackt durch den Wald laufenden Zeitgenossen sieht und meldet den erst gar nicht, der andere fühlt sich schon belästigt, wenn er nackte Frauen auf einer Decke im Wald sieht, die sich nur sonnen wollen.“ Es gebe auch Menschen, die fühlten sich bereits durch einen an einen Baum urinierenden Mann unangenehm berührt. „Wir müssen jedem Hinweis nachgehen.“
Schlussendlich entscheidet die Staatsanwaltschaft
Werde jemand auf so eine Meldung bei der Polizei hin erwischt, müsse er mit der Einleitung eines Strafverfahrens rechnen: „Was der Staatsanwalt später daraus macht, ob es tatsächlich zu einem Gerichtsverfahren kommt“, das wisse er nicht. „Das ist dann nicht mehr Sache der Polizei“, erklärt Andreas Lesch.
Zurück zu den „echten“ Exhibitionisten, denen, die sich gerne zeigen und eventuell auch vor Kindern Dinge tun, die kleine Menschen nicht sehen sollten. „Das“, sagt Andreas Lesch, „kommt zum Glück extrem selten vor.“ Drei Fälle seien ihm aus den vergangenen Jahren bekannt.
Eine wirkliche Gefahr geht von Exhibitionisten nicht aus
Eine wirkliche Gefahr gehe von Exhibitionisten in aller Regel nicht aus. „Folgetaten sind so gut wie gar nicht bekannt“, beteuert Polizeisprecher Lesch. Gemeint sind damit etwa sexuelle Übergriffe bis hin zu einer Vergewaltigung. Für den Fall einer Begegnung empfiehlt er gleichwohl, Abstand von einer Konfrontation zu nehmen. „Einfach ignorieren und die 110 anwählen, also uns anrufen!“
Hilfe gibt es im Internet
Gibt es Hilfe für Menschen mit dieser Neigung? Ja. „Aber Polizei-extern“, sagt Andreas Lesch. Er verweist auf die Internet-Angebote www.bevor-was-passiert.de oder www.bios-bw.de „Doch wie gesagt: Das sind keine Angebote von uns, wir empfehlen die auch nicht, wir sagen nur, dass es sie gibt.“
Aufklärungsquote ist hoch
Zum guten Schluss: Die Aufklärungsquote bei Delikten im Zusammenhang mit Exhibitionismus im Kreis Recklinghausen ist gut. Die aus diesem Jahr bekannten Fälle konnten alle zum Abschluss gebracht werden, im vergangenen Jahr (24 Fälle) wurde knapp die Hälfte bislang aufgeklärt.
Es gibt keinen Menschen, kein Thema, über den/das zu schreiben sich nicht lohnte; eine Erfahrung aus nahezu 40 Jahren im Medienhaus Bauer. Privat: am liebsten in der Natur mit zwei Altdeutschen Möpsen und dem Tierschutz verpflichtet.