Es sollte ein ganz normaler Tag werden an jenem Morgen des 24. Februar 2022, jedenfalls hatten Olga S. (Name ist der Redaktion bekannt) und ihre Familie aus der südukrainischen Stadt Nikolajew das so geplant. Die kleine Tochter sollte zur Kita, der Sohn zur Schule. Doch plötzlich geriet ihre Welt aus den Fugen. „Wir hörten ein Grollen und dann die Bombeneinschläge“, erinnert sich Olga.
Seit Beginn des russischen Angriffskrieges vor genau einem Jahr wird die strategisch wichtig gelegene Hafenstadt beschossen. „Wir hatten Zukunftspläne für unsere Familie, für die Kinder und plötzlich wird das ganze Leben auf null gesetzt“, sagt die 39-jährige Versicherungskauffrau. „Man packt von heute auf morgen alles zusammen und es geht nur noch darum, die Kinder lebend rauszubringen.“
Zurücklassen musste sie ihren Mann, der für die Freiheit kämpft, und ihre Mutter, die sich nicht frei machen konnte von dem Gedanken, dass der Krieg bald wieder endet.
Aufgenommen in Gastfamilie
Olga S. und ihre Kinder waren in Moldau, Rumänien, Ungarn und Österreich, bevor sie am 24. März 2022 schließlich in Deutschland ankamen. Die Aufnahme in Haltern am See sei „überwältigend“ gewesen. Olga S. und ihre Kinder kamen nicht in die Landesunterkunft in der Seestadthalle, sondern in eine Gastfamilie, „die sich unserem Leid angenommen und uns in die Familie aufgenommen hat“.
Trotz der furchtbaren Umstände habe sie sich gut einleben können. Die sechsjährige Tochter geht zur Kita, der 16 Jahre alte Sohn macht den Realschulabschluss.
Olga S. hat die Administration einer WhatsApp-Gruppe für Geflüchtete aus der Ukraine übernommen. Auch beim gemeinsamen Mittagessen, das immer freitags im Pfarrheim St. Marien stattfindet, packt sie mit an. Die 39-Jährige möchte auch andere Ukrainer dabei unterstützen, gut in Haltern anzukommen.

„Knapp 500 Ukrainer leben zurzeit in Haltern am See – vor allem Frauen und Kinder“, weiß David Schütz, Referent für Gemeindecaritas. Durch städtische, kirchliche und private Initiativen seien fast alle in Wohnungen untergebracht. „Denn nur, wenn man eine Wohnung hat, kann Integration gelingen“, betont Schütz.
Deshalb lautet seine Forderung an die Politik, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Zudem dürften die Kitas und Schulen nicht mit der Aufnahme der geflüchteten Kinder alleingelassen werden – mehr Personal müsse eingestellt werden.
Ein großes Netzwerk
In Haltern gelingt die Integration laut Schütz, weil das Bündnis zwischen Ehrenamtlichen, Hauptberuflichen und Institutionen auf allen Ebenen gut funktioniert – durch das Netzwerk Asylkreis, mehr als 300 Ehrenamtliche und eine sehr aktive ukrainische Community.
„Etwa 200 Halterner haben Patenschaften übernommen und begleiten den Kita- und Schulbeginn oder den Berufseinstieg der ukrainischen Flüchtlinge“, sagt Schütz. Der Jahrestag des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine bedeute für den 54-Jährigen „unendliches Leid und Zerrissenheit bei allen, die sich für Frieden und Gerechtigkeit einsetzen“.
„Meine größte Angst ist, dass Russland den Krieg gewinnt“, sagt Olga S. Aber ihre Hoffnung, dass die Ukraine ein unabhängiges, freies Land bleibe, sei stärker. Und dafür demonstriert sie am 24. Februar – mit der ukrainischen Community und den neuen Freunden aus der Heimat auf Zeit.
Der Aktionstag unter dem Motto „Unsere Sehnsucht: Frieden“ findet in der Pfarrkirche und auf dem Marktplatz statt.
Unter dem Motto „Not sehen und handeln“ sind 80.000 hauptamtliche Mitarbeitende und 30.000 Ehrenamtliche der Caritas im Bistum Münster im Einsatz. Für die Hilfe vor Ort sorgen 25 örtliche Caritasverbände, 18 Fachverbände des Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF) und drei des SKM (Katholischer Verein für Soziale Dienste). Hinzu kommen unter anderem 68 Kliniken, rund 150 Einrichtungen der Behindertenhilfe, 205 Altenheime, 105 ambulante Dienste, 110 Tagespflegen und 22 stationäre Einrichtungen der Erziehungshilfe.