Dröhnende Motoren und riskante Manöver Erstes Halterner Grasbahnrennen fand am Lippspieker statt

Dröhnende Motoren und riskante Manöver: Das erste Grasbahnrennen
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Der Vestische Motorradsport-Club Recklinghausen (VMSC) sorgte ab 1956 regelmäßig für Lärm und Menschenmassen am Lippspieker. Die Attraktion fand ihr Ende schon 15 Jahre später – Grund dafür war die Stadt Haltern. Bis dahin hatten 16 Grasbahnrennen neben der Stauseekampfbahn stattgefunden.

Alles hat mit der Gründung des Vestischen Motorrad-Sport-Clubs Recklinghausen im Juli 1951 angefangen. Nachdem die Mitglieder mehrere Geländefahrten in der Region um die Stadt organisiert hatten, waren sie auf der Suche nach einem geeigneten Platz, um Rennen zu veranstalten.

Die Stadt Haltern bewilligte die Anfrage des Vereins. Damit tauchte der VMSC fünf Jahre nach seiner Gründung in die Welt des Motorsports ein. 1956 sollte es dann so weit sein: Das erste Halterner Grasbahnrennen lockte an einem Sonntagnachmittag im Mai mehr als 10.000 Besucherinnen und Besucher in die Seestadt.

„Für diesen vom Veranstalter kaum erwarteten Publikumsandrang war die Absperrung des Renngeländes nur unzureichend“, schreibt Gerd Twilfer im Halterner Jahrbuch 2013. Dadurch gelangten viele Interessierte nicht auf das Gelände und sparten gleichzeitig das Eintrittsgeld von zwei bis drei DM.

Halterner Fahrer mit dabei

Auf der Grasbahn-Strecke kämpften die nationalen Fahrer in verschiedenen Klassen gegeneinander an. Auch Halterner Fahrer fuhren mit: Ewald Riepenhausen und Wolfgang Krause mit Beifahrer kämpften um den Sieg. Nach Trainingsfahrten am Vormittag pfiff der Rennleiter Engelbert Mushövel um 14 Uhr das erste Rennen an.

„Die Fahrer lieferten sich im 605 m langen Ovalkurs packende Rennen. Immer links rum. Das Ganze ohne Bremsen! Je schwerer die Maschine, desto größer die Begeisterung der Massen“, beschreibt Gerd Twilfer das erste Grasbahnrennen. Die Fahrer legten sich wohl so weit in die Kurven, dass sie mit ihren Knien den Boden streiften.

Halterner hatten kein Glück

Für die Halterner Rennfahrer standen die Sterne an diesem Tag nicht so gut: Ewald Riepenhausen trat erst gar nicht an. Wolfgang Krause und sein Beifahrer verloren ein Rad, stürzten und schieden aus.

Unter den Gewinnern war der Gaumeister Westfalen-West, Willi Danowski, der vom damaligen Bürgermeister der Stadt, Gerhard Ribbeheger, Glückwünsche und einen Lorbeerkranz erhielt.

Zahlreiche weitere Rennen folgten in den nächsten Jahren, jeweils mit mehreren Tausenden Besucherinnen und Besuchern. „In den folgenden Jahren sollte die vom VMSC ausgerichtete motorsportliche Großveranstaltung auf dem Halterner Lippspieker, auch dank internationaler Starbesetzung, zu einem festen Begriff in Europas Motorsportkreisen werden“, erklärt Gerd Twilfer.

Die Rekordfahrt legte 1970 der Wiener Josef Bösner hin, als er in 24,8 Sekunden über die Bahn mit einer Geschwindigkeit von knapp 89 Kilometer in der Stunde raste.

Für immer aus und vorbei

Im regnerischen August 1971 fuhren die Fahrer das letzte Rennen auf der Halterner Grasrennbahn – und wussten es nicht einmal. Erst einige Monate später erhielten die Vereinsmitglieder die Nachricht, dass am Lippspieker keine Rennen mehr stattfinden konnten. Die Stadt Haltern wollte eine neue Straße bauen, die für das Ende der Motorsport-Veranstaltung in Haltern sorgte.

Grasbahnrennen in Lüdinghausen
Zwar nicht in Haltern, aber in Lüdinghausen gibt es noch Grasbahnrennen wie hier in 2019. (Archivbild) © Jura Weitzel

Nachdem der Lippspieker in Haltern als Austragungsort ausgeschlossen war, konnte der Verein auch keine Alternative finden. Nach über 50 Jahren löste er sich 2003 auf.

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Stichwort Grasbahnrennen

Grasbahnrennen gehören zum Bahnsport. Die Strecke besteht im Gegensatz zur Sandbahn des Speedways aus einer relativ stabilen Grasnarbe und ist normalerweise länger als eine Sandbahnstrecke, ansonsten aber – auch von den Sicherheitsvorkehrungen her – meist wie die Sandbahn angelegt. In der Regel bestehen Grasbahnen also aus zwei langen Geraden und zwei Kurven, einem einfachen Oval.

Hinweis der Redaktion: Dieser Beitrag erschien ursprünglich am 22. März 2023.