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Drei Wellen rollen über Halterner Arztpraxen - Telefondrähte laufen heiß
Corona-Pandemie
Die Halterner Ärzte haben Kontakt mit der Stadt aufgenommen. Es geht um die Koordination einer groß angelegten Impfaktion. Denn über die Praxen rollen derzeit drei große Wellen.
Jetzt schlagen die Halterner Haus- und Fachärzte Alarm. Nach der Jahreshauptversammlung des Halterner Ärztenetzes am Donnerstagabend wenden sich die Mediziner nun an die Öffentlichkeit.
„Die derzeitige Situation in den Hausarztpraxen ist für alle Seiten sehr unbefriedigend“, erklärt Sprecherin Dr. Astrid Keller.
Massive Nachfragen wegen Boosterimpfungen
Demnach rollen derzeit drei große Wellen über die Praxen: „Die Grippeimpfungen laufen auf Hochtouren“, erklärt Keller. Parallel liefen jetzt die Boosterimpfungen an. „Viele Patienten sind im Juni/Juli zum zweiten Mal geimpft worden und haben damit bald den Impfabstand von sechs Monaten für die Boosterimpfung erreicht“, heißt es. Astrid Keller betont ausdrücklich: „Hierzu erhalten wir massive Nachfragen.“
Zu alledem gebe es noch eine starke Infektwelle. Und die Zahl an Covid-19-Infektionen steige ebenfalls.
Menschen beschweren sich: „Kein Kontakt zum Hausarzt möglich“
„Die Telefonleitungen sind überall extrem überlastet.“ Mit dieser Feststellung nimmt Dr. Astrid Keller ausdrücklich Stellung zu einem Leserbrief in der Halterner Zeitung (Freitag), in dem sich eine Halternerin darüber beschwert hatte, dass es telefonisch bei ihrem Hausarzt kein Durchkommen mehr gebe. Auch liefe dort kein Anrufbeantworter. Sie habe es immer wieder versucht, immer wieder habe sie nur das Besetztzeichen vernommen. „Egal zu welcher Uhrzeit am Tag und das die ganze Woche“, so die Leserin. So sei es schwierig, zeitnah einen Termin zu bekommen.
„Starke Belastung für alle“
„Dieser Zustand ist zurzeit eine starke Belastung für alle“, macht Keller deutlich. Am wenigsten Schuld daran hätten allerdings die Medizinischen Fachangestellten, die wieder „mit massiven Vorwürfen und aggressiven Stimmungen“ konfrontiert werden.
Die Halterner Ärzte äußern sich auch kritisch: „Die Politik hat die Impfzentren geschlossen und erhöht gleichzeitig medial den Druck, dass alle möglichst bald eine Boosterimpfung erhalten sollen.“ Diesem Ansturm können die Mediziner nicht gerecht werden. „Es ist den Halterner Praxen nicht möglich, die Impfgeschwindigkeit des Impfzentrums neben den übrigen medizinischen Tätigkeiten zu erreichen“, räumt Keller ein.
Die Ärzte richten sich jetzt ausdrücklich an die Halterner Bürger und bitten um Verständnis. „Zunächst sollen die Hochrisikogruppen ihre Impfung erhalten“, heißt es. Gemeint sind Patienten über 70, Patienten, die Immunsuppressiva einnehmen, sowie Patienten, die nur Johnson&Johnson erhalten haben. „Diese Patienten haben den am schnellsten nachlassenden Impfschutz.“

Ärzte aus Haltern, darunter auch Dr. Astrid Keller (l.), waren im Februar auch im Impfzentrum Recklinghausen im Einsatz. © privat
Nach Angaben der Ständigen Impfkommission (Stiko) sei der Impfschutz bei den jüngeren Menschen auch länger als sechs Monate vorhanden. Keller: „Nicht jeder muss direkt nach sechs Monaten erneut geimpft werden. Auch nach sieben bis acht Monaten ist es noch früh genug.“
Die Halterner Ärzte versuchen, die allgemein belastende Situation zu entschärfen und bitten die Patienten, Telefonate zu vermeiden, die nicht dringend sind. „Nutzen Sie Mail/Fax etc. für Routinebestellungen, damit Patienten mit dringenden medizinischen Problemen noch anrufen können. Informieren Sie sich über die Homepages der Praxen, wenn Sie Fragen haben.“
Impfungen auch bei Fachärzten möglich
Bei den Boosterimpfungen werden die Hausärzte in Haltern von den Fachärzten unterstützt. „Unsere Kolleginnen und Kollegen der HNO, Gynäkologie, Urologie und Chirurgie bieten ebenfalls Impftermine an“, informiert Hausärztin Astrid Keller.
Zudem sei man bereits mit der Stadt Haltern im Gespräch. Man wolle versuchen, eine größere Impfaktion zu koordinieren. Mit eindringlichen Worten richtet sich die Ärztesprecherin abschließend an die Bevölkerung: „Bis dahin bitten wir die Patienten um Gelassenheit und die Beachtung der Hygieneregeln. Bitte haben Sie Verständnis für unsere Mitarbeiterinnen, die seit fast zwei Jahren einen unglaublichen Job machen und die wir alle gerne weiter behalten möchten. Ohne sie wäre der Praxisbetrieb erst recht nicht mehr aufrecht zu erhalten!“
Geboren in Dülmen, Journalistin, seit 1992 im Medienhaus Lensing - von Münster (Münstersche Zeitung) über Dortmund (Mantelredaktion Ruhr Nachrichten) nach Haltern am See. Diplom-Pädagogin und überzeugte Münsterländerin. Begeistert sich für die Menschen und das Geschehen vor Ort.
