Eine der ersten belegten Schulen in Haltern war eine Lateinschule. Sie taucht in einer Schuldurkunde von 1480 auf. Dabei geht es um eine Mutter und ihre beiden Söhne, die dem Kleriker und Vikar Johannes Vrommen 6 Mark schulden. Von dem Geld soll eine Lebenserinnerung an den ehemaligen Rektor der Schule in Haltern, Hinricus Vrommen, erschaffen werden. Da der Rektor 1480 schon verstorben ist, muss es die Lateinschule bereits einige Jahre davor gegeben haben.
Dass die Lateinschule die erste belegte Schule ist, heißt aber noch lange nicht, dass sie auch die erste Schule in Haltern war. Josef Muhle erklärt in seinem Aufsatz „Zur Schulgeschichte Halterns von 1480 bis 1844“, dass die allererste Schule sehr wahrscheinlich eine Pfarrschule gewesen sein muss.
Pfarrschule: Im Mittelalter unterrichteten Kleriker in der Pfarrei den Nachwuchs. Sie brachten ihren Schülern lesen und schreiben auf Latein bei. Bis ins 14. Jahrhundert war Latein die gängige Schriftsprache und Gelehrte waren eine Minderheit, die sie lesen und schreiben konnte. An städtischen Lateinschulen wurden die Schüler auf ein Studium an der Universität vorbereitet. Latein stand auch dort im Mittelpunkt.
Historische Belege für diese Pfarrschule in Haltern gibt es nicht. Man kann davon ausgehen, dass die Gründung der Pfarrei mit der Gründung einer Pfarrschule einhergeht. Die Halterner St. Sixtus Kirche ist namentlich das erste Mal in einer Urkunde von 1188 erwähnt. Die Kirchengemeinde St. Sixtus ist bereits im 8. Jahrhundert gegründet worden. Deshalb sind die Kirche und die Pfarrschule wahrscheinlich schon etwas älter als die erste Nennung. Dass es diese Schule wirklich gegeben hat, kann Josef Muhle jedoch nicht beweisen.
Lateinschule als erste bekannte Schule
Eine Abschrift der Schuldurkunde nennt einen weiteren Rektor der Lateinschule: „Gerhardus ter Querne Rector scholarum in Halteren, Notarius imperali auctoritate publicus“. Der Rektor und Notar war wahrscheinlich kein Geistlicher. Auch die Schulrektoren in Coesfeld waren ab 1450 nicht mehr vom geistlichen Stand. Die Halterner Schule hatte im 15. Jahrhundert demnach einen Rektor, der neben der Leitung der Lateinschule, juristische Kenntnisse hatte und sogar die Stadt als Sekretär unterstützte.
Über die Größe der Schule gibt ein Bericht aus 1572 Auskunft. Der damalige Rektor Johannes Cruseus unterrichtete an der Halterner Schule mit lediglich einem weiteren Lehrer. Die Lateinschule galt zwar als städtisch, hatte aber immer noch eine starke kirchliche Verbindung.
Zu Beginn des 17. Jahrhunderts hat es an vielen Orten von der Kirche komplett unabhängige Schulen gegeben. Auch in Haltern scheint eine existiert zu haben. Die Lehrer haben dort Jungen und Mädchen im Elementarbereich zusammen unterrichtet.
Erste höhere Schule kam 1844
Erst 1844 ist an der Ecke Gantepoth/Gaststiege in Haltern eine höhere Stadtschule eröffnet worden. Sie bildet den Grundstein für das heutige Gymnasium. Zuvor gab es in der preußischen Provinz Westfalens elf Gymnasien. An denen konnte eine Reifeprüfung abgelegt werden, die für ein akademisches Studium berechtigte. Da es nur Männern erlaubt war zu studieren, besuchten die Schule zunächst keine Frauen.

Bis die höhere Schule entstanden ist, gab es in Haltern schon acht einklassige Elementarschulen mit insgesamt 850 Schülerinnen und Schülern. Vier gab es in der Stadt und vier im Amt Haltern in Sythen, Lavesum, Hullern und Lippramsdorf. Die Zahl ist beachtlich, da 1843 circa 4854 Einwohner in der Seestadt wohnten.
Die höhere Schule sollte zunächst kein Gymnasium werden. Um 1844 war das entsprechende Bürgertum für eine höhere Bildung nur vereinzelt vorhanden. Zudem gab es in Coesfeld, Recklinghausen und Dorsten schon Gymnasien. Die Schüler, die für eine höhere Bildung in Haltern infrage kämen, schrumpfte auf 40 Jungen. Ein weiterer Grund war die schwere Krise, in der die Stadt sich befand: Der wichtigste Wirtschaftszweig des Tuchgewerbes und Leinenweberei brach ein.
Die billige Baumwolle verdrängte die Leinenstoffe und Maschinen ersetzten viele Arbeitsplätze. Die Halterner verloren ihre Jobs und hatten kein Geld, um ihre Kinder auf ein Gymnasium zu schicken. Der Plan der Stadt war es, dieser Situation durch bessere Bildung an der Bürgerschule zu entkommen. Die Hoffnung bestand darin, dass gebildete Menschen Geschäfte besser führen könnten und der Stadt somit zum wirtschaftlichen Aufschwung verhelfen würden.
Das Konzept Bürgerschule scheiterte
Doch die Erwartungen erfüllten sich nicht. Im ersten Jahrgang kamen nur neun Halterner Schüler zur höheren Stadtschule. Ungefähr die Hälfte der Klasse kam aus umliegenden Städten. Auch die folgenden Jahre sorgten für keine Verbesserung der Lage.
Der Unterschied zu den Gymnasien lag darin, dass die Schule in Haltern kein Latein angeboten hat. Bei der sinkender Schülerschaft und damit auch weniger benötigten Lehrer, entschied man sich dann doch, Latein in den Stundenplan aufzunehmen. Ab 1878 war Latein für alle Schüler verpflichtend.

Der Versuch der Bürgerschule war damit gescheitert. Zu Beginn des Jahres 1932 bekam die Schule weitere Schüler, indem sie mit der 1911 gegründeten Privaten katholischen gehobenen Mädchenschule zusammengelegt wurde. Innerhalb der nächsten 30 Jahre entwickelte sie sich zu einem Gymnasium, das 1962 die ersten 14 Abiturienten hatte.
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