Höchste Warnstufe für ganz Irland: Mit Rekordgeschwindigkeiten peitschte Sturm Éowyn seit Freitagmorgen über die grüne Insel. Und die gebürtige Dattelnerin Mareike Graepel war mittendrin. Seit August lebt sie mit ihren Kindern Órla (12) und Jamie (16) auf Achill, der größten Insel Irlands, die vor der Westküste im Atlantik liegt.
„Am schlimmsten war es zwischen fünf und sieben Uhr heute Morgen“, berichtet Mareike Graepel am Freitagmittag unserer Redaktion. „Da hat das Haus gezittert und geächzt, und die Fenster haben sich unter dem Druck von fast 200 km/h Windgeschwindigkeiten hier an der nördlicheren Westküste – Achill liegt etwas oberhalb von Galway – gebogen.“
Bislang sei nur durch ein Fenster im ersten Stock etwas Wasser durch die Dichtung hereingekommen. Am frühen Morgen hatte sie noch Angst, „dass die Fenster bersten könnten, das Dach wegfliegt oder irgendwas in die Scheiben fliegt“. Ihr Haus befindet sich etwa 200 Meter entfernt vom Pier, aber 10 bis 15 Meter höher.

Stürme ist man auf Achill gewohnt
Stürme seien die Menschen auf Achill bereits gewohnt. Schon im Herbst habe sie in eine gute Thermoskanne und einen Gaskocher investiert. „Auch Vorräte und vollgeladene Taschenlampen und Powerbanks gehören hier zum Alltag. Gerade in ländlichen Gebieten liegen viele Kabel über Land – die sind natürlich sehr anfällig für Schäden durch Wind“, erklärt die Journalistin, die Haltern und in Irland lebt. Der Kontakt mit ihr läuft über WhatsApp, denn um möglichst lange was von Handys, Rechnern und den mobilen Daten zu haben, telefoniert sie so wenig wie möglich. Der Mobilfunk funktioniert zwar, aber das WLAN nicht.
Mittwochabend erfuhren sie davon, dass sie sich auf einen Notstand am Freitag einstellen sollten, „dass Schulen, Kindergärten und alle Betriebe und Einrichtungen geschlossen sein würden, außer die lebensnotwendigen wie Krankenhäuser und Rettungsdienste“. Sie seien schon etwas besorgt gewesen, dass ganz Irland unter „red alert“ (Alarmstufe Rot) gestellt wurde. Mareike Graepel meint: „Aber Panik hilft ja nicht, sondern wie immer und in allen Lebenslagen vor allem: Besonnenheit, Vorbereitung, Information.“
Schöne Gemeinschaft unter Nachbarn
Alles, was wegfliegen könnte, verstauen und befestigen die Inselbewohner. „Hier sagt man: ,Wenn es ruhig ist, kann man die Hunde von Amerika aus hier bellen hören, aber wenn es wild ist, sollte man sich vorm Spazierengehen Kieselsteine in die Jackentaschen packen, um nicht wegzufliegen …‘“, erklärt Graepel.
Achill ist über eine Brücke mit dem Festland verbunden, aber es verlasse momentan niemand freiwillig die Insel, weil niemand Autofahren möchte. „Es gibt eine sehr schöne Gemeinschaft und die Nachbarn laden einander ein, die Gasherde zu nutzen oder beieinander am Kamin zu sitzen, wenn es bei anderen zu kalt wird. Alle texten einander Nachrichten voller Zuspruch und Hilfsangebote.“ Sie ergänzt: „Und meistens nehmen wir es alle mit Humor …“
