Elektrogeräte könnten bald teurer werden Halterner Händler schätzen neues Gesetz ein

Elektrogeräte könnten teurer werden: Händler schätzen neues Gesetz ein
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Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes wurden im Jahr 2018 allein in Deutschland 853.000 Tonnen Elektro- und Elektronikgeräte entsorgt. Pro Kopf sind das 10,3 Kilogramm.

Daher plant die Europäische Union ein neues Gesetz. Ein Gesetz, das Verbraucherinnen und Verbrauchern ein Recht auf Reparatur einräumt, um damit zugleich die Reparierbarkeit von Produkten zu fördern.

Elektrogeräte werden in drei Gruppen unterteilt. Die erste Gruppe, die weiße Ware, sind Waschmaschinen und Trockner. Die zweite Hi-Fi Gruppe besteht aus Fernseher und Smartphones. Die dritte Gruppe besteht aus elektrischen Komponenten bei Häusern wie Alarmanlagen und Wallboxen.

Dicht verschweißte Geräte aus dem Ausland, machen es Elektrikern schwerer die Geräte zu öffnen und defekte Teile auszutauschen.
Das Gesetz "Recht auf Reparatur" zwingt Hersteller transparenter zu werden. © picture alliance/dpa/dpa-tmn

Industrie muss sich öffnen

Michael Schroer, Inhaber des gleichnamigen Geschäfts in Haltern, der schwerpunktmäßig für Hausinstallationen tätig ist, sieht bei Erlassung des Gesetzes erhebliche Auswirkungen auf die Hersteller zukommen: „Der innere Aufbau der Geräte muss sich verändern. Speziell im TV und Hi-Fi Bereich müssen sich die Hersteller öffnen und transparenter werden.“

Er führt aus: „Das Gesetz trifft Industrie und Handel gleichermaßen. Immerhin muss die Reparatur, wenn das Gesetz kommt, innerhalb von 15 Tagen erfolgen. Entweder erfolgt die Reparatur beim Hersteller oder sie wälzen es auf die Händler ab. Der Händler wiederum muss die Einzelteile auf Lager haben. Das führt zur spannenden Frage, wie die Logistik zwischen Hersteller und Händler gelingen wird.“

Die Gefahr des Überhangs

Clemens Paus, der Werkstattmeister von Philipps aus Haltern, und Tim Philipps finden die Entwicklung positiv, sehen aber ähnliche Probleme in der Wirtschaft.

Verschiedene Ersatzteile liegen auf einem Tisch verteilt.
Das Gesetz schreibt vor, innerhalb von 15 Tagen das Gerät instand zu setzen. © picture alliance/dpa

„Für die Verbraucher wird es teurer, weil die Produktqualität zunehmen wird. 10 Jahre müssen die Geräte reparabel sein. So lange müssen auch die Ersatzteile gelagert werden“, sagt Clemens Paus. „Zudem brauchen die Hersteller mehr Lagerfläche und Personal, das sich selbstverständlich auch im Reparaturpreis zeigen wird. Zudem könnte ein Überhang an Ersatzteilen entstehen, der nicht abgerufen wird“, ergänzt Tim Philipps.

Eine Hand hält den Anschluss einer Wallbox für ein Elektroauto.
Gerade bei sogenannten "beweglichen Teilen", ist sich Michael Schroer noch nicht sicher, wie weit der Gesetzgeber unterschieden wird. © picture alliance/dpa

Ein Gesetz mit Schwachstellen?

Das Gesetz auf Reparatur ist für Michael Schroer noch zu ungenau formuliert. Aktuell schreibe das Gesetz vor, bewegliche Teile zu reparieren. Wie versteht der Gesetzgeber Geräte, die zwar lose geliefert, aber dann fest installiert werden? Zudem lohne sich die Reparatur bei Kleingeräten nicht.

Bei Waschmaschinen lohne sich eine Reparatur durchaus. Hierbei kommt es auf das Baujahr an. Die zunehmende Softwareentwicklung und künstliche Intelligenz der Maschinen machen es Elektrikern bereits heute zunehmend schwerer. „Wenn der Verbraucher nicht auf das aktuelle Update achtet, kann ich einzelne Module nicht auswechseln, weil die Software sie sonst nicht erkennt“, sagt Michael Schroer.

Hände stellen eine Waschmaschine ein.
Waschmaschinen und Trockner werden zunehmend schwerer zu reparieren sein. © picture alliance/dpa/dpa-tmn

Clemens Paus sieht nicht nur die Hersteller und Händler in der Pflicht. Das Umdenken muss auch in der Bevölkerung stattfinden, die gekauften Produkte wieder wertzuschätzen: „Als ich in der Ausbildung war, wurden TV-Geräte für 2000 D-Mark gekauft. Eine Reparatur lag bei circa 120 D-Mark inklusive abholen und liefern. Wir sollten nicht nur über die Industrie schimpfen, es liegt auch an uns, wie wir konsumieren.“

Mehr Transparenz für Händler

Großkonzerne sollen zudem ihre Produkte transparenter herstellen. Der 61-jährige Werkstattmeister fordert: „Es muss eine offene Auflistung der Kosten geben und es müssen Reparaturanleitungen zur Verfügung gestellt werden. Für Händler und Elektriker sollten Explosionszeichnungen angefertigt werden.“

Darüber hinaus müssen Konzerne Anlaufpunkte gewährleisten, an denen sich die Kunden im Reparaturfall wenden können. Es braucht einen direkten Ansprechpartner. In diesem Punkt habe der stationäre Einzelhandel gegenüber den Wirtschaftsgiganten einen klaren Vorteil.

Reparaturcafés bieten im Notfall Erste Hilfe. Diesen sieht der Elektriker gelassen entgegen. „Ich finde, solange Laien ihre Displays tauschen, ist es in Ordnung. Nur hätte ich bedenken, wenn sie anfangen, einen Reparaturservice aufbauen zu wollen. Dafür fehlen einfach übergreifende Fachkenntnisse, wenn es um die elektrische Sicherheit geht.“

Jedes Gerät muss nach der Reparatur gemessen werden, um sicherzustellen, dass die ursprünglichen Standards des Verbands der Elektrotechnik eingehalten werden.

Fachhändler und Elektriker sind sich einig. Das Recht auf Reparatur ist ein längst überfälliger Schritt. Sowohl stationärer Einzelhandel als auch die hochwertigen Produkte würden dadurch gestärkt.

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