„Es ist ein leichtes Vibrieren“, sagt Nancy Vater. Ein unangenehmes Brummen, als würden unter Tage Arbeiten durchgeführt. Abends im Bett hört die Halternerin es sogar durch das Kopfkissen. „Manchmal ist es nicht auszuhalten.“ Am vergangenen Sonntagabend sei es stundenlang wieder ganz extrem gewesen.
Anfang 2020 ist die 42-Jährige in ein Mehrfamilienhaus am Hennewiger Weg nicht unweit der Autobahn gezogen. „Kommt das Brummen aus dem Heizungskeller, läuft die Waschmaschine der Nachbarn?“, hatte sie sich zunächst gefragt. Dann verdächtigte sie ein Windrad ganz in der Nähe. Alles Fehlanzeigen.
„Es ist so ein penetrantes Brummen, das auch draußen zu hören ist“, beschreibt sie das Geräusch. Sie ist sich sicher: „Es muss aus der Erde kommen.“
Zuvor hatte eine Lavesumerin von dem tieffrequenten Krach berichtet, der sich anhöre, als würde eine „Rüttelmaschine angeschmissen, die dann weiterläuft“. Auch die 74-Jährige schläft nicht mehr ungestört. Aber auch tagsüber, wenn viele Nebengeräusche zu hören sind, nimmt sie die „Rüttelmaschine“ wahr.
Das Brummen scheint nicht immer da zu sein. Eine Sythenerin, die nicht mit Namen genannt werden möchte, stellt fest: „Das Geräusch ist bei uns nicht immer gleich stark zu vernehmen und auch mal für ein bis zwei Tage verschwunden.“
Zudem nehme sie es an manchen Tagen mehr und an anderen weniger stark wahr. Es sei wie ein Dröhnen und vergleichbar mit einem Druck auf den Ohren. Auch wenn der Strom ausgeschaltet sei, könne man es hören.
Hauskauf bedauert
Die Sythenerin beschreibt das Phänomen mit dem Wort „Schwebungen“. Das kennt man von Musikinstrumenten und Stimmgabeln. Es tritt auf, wenn zwei Schallquellen leicht unterschiedliche Frequenzen erzeugen. Dann ist ein Ton zu hören, dessen Frequenz dem Mittelwert der Frequenzen der beiden überlagerten Töne entspricht.
Das aufdringliche Geräusch geht an die Nerven. Im vergangenen Jahr erst hat die Sythenerin mit ihrer Familie ein Haus in dem Halterner Ortsteil gekauft. „Wäre mir das Phänomen hier vorher aufgefallen, hätten wir das vermutlich nicht getan“, klagt sie.

Allen Betroffenen ist eines gemeinsam. Sie sind froh darüber, dass auch andere das störende Geräusch wahrnehmen. „Ich habe zeitweise gedacht, ich hätte Tinnitus“, meint Nancy Vater. Durch die Erfahrungen anderer Bürger fühlt sie sich in ihren persönlichen Wahrnehmungen bestätigt.
Auch über Halterns Grenzen hinaus fühlen sich Menschen von unserer Berichterstattung angesprochen. „Ich höre ebenfalls diesen Brummton, wie eine laufende Bassbox. Es ist genau so wie die Dame im Artikel beschreibt“, teilt die Vredenerin Marina van der Beken mit. „Ich leide an Konzentrationsschwäche, Schlafstörungen und Herzrhythmusstörungen.“
Kreis schließt Windrad aus
Ein Windrad in etwa 300 Metern Entfernung sei als Störungsquelle bereits ausgeschlossen worden. „Wir sind mit unserem Latein am Ende und haben schon über einen Umzug gesprochen.“
Ein Windrad kommt nach Auffassung des Kreises Recklinghausen auch in Lavesum nicht als Lärmquelle in Betracht. Wie Sprecherin Lena Heimers mitteilt, sei die Untere Immissionsschutzbehörde bereits dem Hinweis aus Lavesum nachgegangen. „Das Windrad wurde kontrolliert, der Lärm stammt nicht von dort“, so die Kreissprecherin.
Schwimmbagger, Pumpen?
Es gibt weitere mögliche Erklärungsansätze. So vermutet Arthur Wensing die Quarzwerke als Auslöser des Geräuschs. Riesige Pumpen würden das Wasser aus den Seen hin und her pumpen, meint er. Die Schwimmbagger brummten sogar bis Dülmen.
Tatsächlich sind die Pumpen nach Auskunft des Unternehmens wochentags meistens 24 Stunden in Betrieb. Fast rund um die Uhr wird werktags auch mit den Baggerschiffen gearbeitet. Die beiden gewaltigen Blockheizkraftwerke im Werk am Silbersee III stehen ebenfalls nur am Wochenende still. Ein zweiter Turm, in dem Sand gesiebt wird, ist vor rund einem Jahr zusätzlich in Betrieb gegangen.
„Bei uns liegen aktuell keine Beschwerden vor“, erklärt Quarzwerke-Sprecherin Britta Franzheim. Die Bezirksregierung prüfe regelmäßig, ob im Werk alles ordnungsgemäß vonstatten ginge. Vor einigen Jahren hatten sich Bewohner eines angrenzenden Wohngebiets über Lärmbelästigungen durch die Quarzwerke beschwert. Auch bei der Stadt hat sich bislang niemand wegen des tieffrequenten Schalls gemeldet.
Bürger, die sich von dem tieffrequenten Schall belästigt fühlen, können sich per Mail unter umwelt@kreis-re.de oder per Telefon unter 02361/530 an die Behörde wenden. Auch wir sammeln weiter Hinweise, um ihnen nachzugehen. Sie sind betroffen? Dann schreiben Sie uns gerne eine Mail an redaktion@halternerzeitung.de.
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