Joel Dylong macht beim Glaser- und Malerbetrieb Fimpeler eine Ausbildung zum Maler und Lackierer.

Joel Dylong macht beim Glaser- und Malerbetrieb Fimpeler eine Ausbildung zum Maler und Lackierer. © Jürgen Wolter

Neue Auszubildende: In Haltern heiß begehrt und kaum zu finden

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Zu wenig Fachkräfte und noch weniger Auszubildende: Haltener Handwerker und Unternehmen machen sich Sorgen um den Nachwuchs. Auch die Stadtverwaltung ist betroffen.

Haltern

, 21.06.2022, 17:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Joel Dylong macht eine Ausbildung zum Maler und Lackierer im Halterner Glaser- und Malerbetrieb Fimpeler. Er ist im zweiten Ausbildungsjahr und weiß heute: „Das war die richtige Entscheidung. Ich wollte immer was Handwerkliches machen und der Beruf macht mir Spaß“, sagt er.

Damit ist Joel heute fast schon eine Ausnahme. Denn viele Betriebe und Unternehmen kämpfen mit unbesetzten Stellen. Auszubildende zu finden, wird für sie zunehmend zum Problem. Zum ersten Mal trifft das in diesem Jahr sogar in der Halterner Stadtverwaltung.

In einer Studie hat das Institut der Deutschen Wirtschaft festgestellt, dass trotz Fachkräftemangel etwa 40 Prozent der Ausbildungsplätze nicht besetzt sind. Am höchsten lag der Anteil unbesetzter Ausbildungsstellen beim Verkauf von Fleischwaren (60,4 Prozent). Hier war die Zahl unbesetzter Ausbildungsstellen der Studie zufolge sogar größer als die Zahl abgeschlossener Ausbildungsverträge. Ebenfalls einen hohen Anteil unbesetzter Ausbildungsstellen verzeichneten die Berufe Klempner (38,9 Prozent), Fachkraft im Gastronomieservice (37,5 Prozent) und die Beton- und Stahlbetonbauer (33,8 Prozent).

Zahl der Bewerber ist drastisch gesunken

Schwierigkeiten, Ausbildungsplätze zu besetzen, haben auch viele Halterner Unternehmen. Bei der KSK GmbH sind beispielsweise zurzeit noch zwei von vier Ausbildungsstellen unbesetzt. Das Halterner Unternehmen ist Spezialist für Anlagen- und Wärmetechnik im Bereich von Schmelz- und Recyclingprozessen sowie im Bereich der Abgasbehandlung und Wärmerückgewinnung der energieintensiven Industrie.

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„Aktuell suchen wir einen Auszubildenden als Metallbauer mit der Fachrichtung Konstruktionstechnik sowie einen Auszubildenden im Bereich Elektronik für Betriebstechnik“, sagt Petra Huscher, bei KSK für die Personalplanung zuständig.

Auszubildende zu finden, werde zunehmend schwieriger, so Huscher. „Vor fünf Jahren hatten wir noch durchschnittlich 30 Bewerbungen pro Ausbildungsplatz, heute sind es höchstens noch fünf. Der Trend hat sich vor allem in den letzten beiden Jahren deutlich verschärft.“

„Wir bezahlen Auszubildenden den Führerschein“

Ähnlich sieht es auch bei der Firma Nienstedt in Haltern aus. „Wir haben leider in diesem Jahr überhaupt keine Auszubildenden gefunden“, sagt Markus Wilms, Personalplaner im Halterner Unternehmen, das Produktionsmaschinen unter anderem zur Herstellung von Fischstäbchen, Seafood oder Fleisch herstellt. „Wir suchen Ausbildende als Industriemechaniker und Elektroniker“, so Wilms. „Aber es liegen keine brauchbaren Bewerbungen vor, obwohl wir Auszubildende mit unterschiedlichen Schulabschlüssen einstellen“.

Auch die Firma Nienstedt, hier Geschäftsführer Jan Groneberg, sucht Auszubildende.

Auch die Firma Nienstedt, hier Geschäftsführer Jan Groneberg, sucht Auszubildende. © Jürgen Wolter (Archiv)

Das Unternehmen bietet Bewerbern zusätzliche Unterstützung, zum Beispiel bei der Finanzierung eines eigenen Führerscheins. „Wir sind da flexibel und können auch auf individuelle Wünsche eingehen“, sagt Geschäftsführer Jan Groneberg.

„Viele suchen sich aber Ausbildungsplätze bei Großunternehmen“, ergänzt Markus Wilms. „Es kommt sogar vor, dass Bewerber bei mehreren Unternehmen unterschreiben, und sich dann für das lukrativste Angebot entscheiden.“

Bürgermeister kennt das Problem von Firmen in ganz Haltern

Halterns Bürgermeister Andreas Stegemann steht im Austausch mit vielen Firmen. Oft geht es dabei mittlerweile um den Mangel an Auszubildenden: „Das ist echt ein Riesenproblem.“ Zum ersten Mal konnte auch die Stadtverwaltung nicht alle Plätze belegen. Zwei Ausbildungsstellen im klassischen Verwaltungsdienst sind frei geblieben.

Es fehle aber nicht nur aus Auszubildenden. Bei vielen Firmen in Haltern werden auch einfache Hilfekräfte händeringend gesucht. Doch es wird in den kommenden Jahren noch schlimmer werden, vermutet der Bürgermeister: „Wenn erst die Baby-Boomer-Generation in Rente geht, dann werden viele es sehr schwer haben.“ Auch in der Stadtverwaltung gebe es viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in den nächsten Jahren in Rente gehen.

„Das Handwerk hat gerade goldenen Boden.“

Auch im Handwerk ist die Situation problematisch. „Wir haben hier in Haltern zum Glück zwei Auszubildende gefunden“, sagt Herrmann Fimpeler vom gleichnamigen Glaser- und Maler-Fachbetrieb. „Ob sie für den Beruf geeignet sind, muss sich natürlich noch herausstellen. Grundsätzlich gibt es beispielsweise im Glaserhandwerk einen eklatanten Mangel an Auszubildenden. Bundesweit sind 508 Plätze besetzt, es würden aber doppelt so viele Auszubildende benötigt“.

Insgesamt sei das Handwerk personell in einer schwierigen Lage, so Fimpeler. Die Betriebe könnten sich vor Aufträgen kaum retten, aber es fehle das Personal und inzwischen auch oft das Material. „Den vielen Mitarbeitern, die jetzt altersbedingt ausscheiden, stehen nur wenige Jugendliche gegenüber, die ins Handwerk einsteigen wollen. Das ist auch ein Demografieproblem“, so Herrmann Fimpeler. „Außerdem ist es generell so, dass junge Leute heute lieber weiter zur Schule gehen, als eine Ausbildung anzufangen, und das, obwohl das Handwerk gerade wirklich goldenen Boden hat.“

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