Im Nesberg wird es keine Kalte Nahwärme mehr geben. „Die Stadtwerke rücken von ihrem Plan ab“, teilte der Energieversorger jetzt auf Anfrage mit. Dieser hatte ein „ökologisch nachhaltiges Nahwärmenetz“ für das Neubaugebiet vorgesehen. Stadtwerke-Geschäftsführer Dr. Bernhard Klocke bedauert die Entwicklung.
Das Projekt war von Anfang an umstritten. Denn der Rat hatte einen Anschluss- und Benutzungszwang für die Grundstückseigentümer beschlossen. Auch an der kostenintensiven Errichtung dieses Wärmenetzes sollten sie sich finanziell beteiligen. Das stieß bei vielen Bürgern auf Unmut. Nun soll die Politik den entsprechenden Beschluss auf Wunsch der Stadtwerke wieder aufheben.

Das Unternehmen begründet seine Entscheidung ausführlich. Im Hinblick auf Zinsentwicklung und hohe Baukostenpreise hätten einige Eigentümer erhebliche Zweifel an dem Projekt bekommen und klargestellt, dass sie den „zwingend zu schließenden Vertrag“ mit den Stadtwerken nicht unterzeichnen werden, hieß es.
Unter anderem seien massive Zweifel aufgekommen, ob die Wärmeversorgung über das Nahwärmenetz sich günstiger als eine eigene Wärmepumpe oder Holz-Pelletheizung darstelle.
Eigene Bedenken
„Gleichzeitig erhöhen sich auch seitens der Stadtwerke die Bedenken, ob sich das Nahwärmenetz angesichts der Baukostenentwicklung überhaupt noch wirtschaftlich betreiben ließe“, gesteht der Energieversorger in seiner Stellungnahme. So wurde den Eigentümern kürzlich mitgeteilt, dass sich die Kosten für den Anschluss an das Netz bislang um mehr als 25 Prozent erhöhen würden.
Angesichts eigener Bedenken zur wirtschaftlichen Tragfähigkeit und der Weigerung einiger Eigentümer, sich finanziell an dem Nahwärmenetz zu beteiligen, „haben die Stadtwerke ihr Angebot zur Errichtung des Nahwärmenetzes zurückgezogen“.
Damit gebe es auch keine Grundlage mehr für die Verordnung zum Anschluss- und Benutzungszwang. Daher solle der Rat die beschlossene Satzung nun wieder aufheben.
Bedauern bei den Stadtwerken
Stadtwerke-Geschäftsführer Dr. Bernhard Klocke hätte das Projekt gerne realisiert. „Kalte Nahwärme ist grundsätzlich hervorragend geeignet, um ein geschlossenes Baugebiet ökologisch und nachhaltig mit Wärme zu versorgen“, sagte er auf Anfrage. Angesichts des Widerstands einiger Eigentümer und der extrem gestiegenen Kosten sei es aber nicht sinnvoll, diese Pläne weiter zu verfolgen.
Einer freut sich
Unterdessen freut sich die FDP. Die Fraktion hatte schon im vergangenen Jahr gegen den Ratsbeschluss gestimmt und später eine neue Abstimmung gefordert. „Wir leben doch schließlich in einem demokratischen Land“, erklärte Fraktionsvorsitzender Kai Surholt. Jeder müsse selbst entscheiden dürfen, wie er sein Haus heizen wollen.

Es könne nicht angehen, dass Häuslebauer den Stadtwerken ohne Vorliegen konkreter Zahlen, Daten und Fakten einen Blankoscheck unterschreiben. „Wie sollen die Eigentümer denn diese Mehrkosten stemmen?“, fragte er. Manch junger Familie hätten die Geldinstitute dann sicher den Geldhahn zugedreht, mutmaßt Surholt. „Gott sei Dank ist das Thema nun vom Tisch.“
Fraktionsmitglied Christian Kiski stehe mit vielen Eigentümern am Nesberg in engem Kontakt. Surholt: „Sie sind nach dieser Entscheidung der Stadtwerke sehr erleichtert.“
Kommende Woche ist der Stadtwerke-Antrag Thema im Stadtentwicklungsausschuss, im Mai schließlich tagt der Rat.
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