
© Pia Stenner
Auf den Spuren der Legionäre - ein Besuch im Römermuseum in Haltern
Freie Zeit
An der Grenze vom Ruhrgebiet zum Münsterland lebten vor 2000 Jahren römische Soldaten – 28 Jahre lang. Sie haben Spuren hinterlassen. Zu entdecken sind sie im LWL-Römermuseum in Haltern.
Wer heute auf der Wiese hinter dem Römermuseum in Haltern steht, sieht dort, was genau an dieser Stelle schon einmal vor 2000 Jahren zu sehen war: Eine Toranlage mit vorgelagerten Spitzgräben in einer Mauer, die nur aus Holz und Erde gefertigt ist. Über 180 Meter erstreckt sich die Mauer über die Wiese. In den kommenden Jahren soll sie noch um weitere Römer-Gebäude ergänzt werden. „Doch schon jetzt ist sie die größte Rekonstruktion in Holz-Erde-Bauweise, die es weltweit gibt“, sagt Dr. Joseph Mühlenbrock, der Leiter des LWL-Römermuseums.

Felix und Leo schauen sich die Fundstücke an, die Einblicke in den Alltag der römischen Legionäre geben. © Pia Stenner
Und das steht genau an der Stelle, an der damals das Römerlager „Aliso“ an der Lippe gelegen hatte. Die Rekonstruktion des Westtors sei jedoch nicht die einzige Besonderheit am Halterner Museumsstandort, sagt Mühlenbrock. „Die etwa 5000 Römer haben in Haltern nur etwa 28 Jahre lang in der Zeit des Kaisers Augustus gelebt“, erklärt er. „Das ist enorm hilfreich, um viele Funde im gesamten Mittelmeerraum zu datieren, wo die Römer länger gelebt haben.“ Denn wenn zum Beispiel ein Werkzeug in Italien gefunden wird, das es so auch in Haltern gegeben hat, können die Archäologen daraus schließen, dass es aus dieser Zeit des Kaisers Augustus kommt.
Maske auf und bitte nicht anfassen
Das Museum mitten in Haltern zeigt Scherben, Münzen, Tonkrüge, Werkzeuge, Schreibmaterialien und Waffen – alles, was vom Alltag der Römer erzählt. „Das Museum soll sich bewusst an alle Altersgruppen richten. Die Erklärtexte sind so formuliert, dass sie auch ein elfjähriges Kind versteht“, sagt Mühlenbrock. „Normalerweise lautet unser Motto hier ‚Mitmachen und ausprobieren‘, aber das ist im Moment leider nur sehr eingeschränkt möglich.“

Auf der Holz-Erde-Mauer - hier am Westtor des Römerlagers Aliso - können Besucher in die Vergangenheit und weit ins Gelände blicken. © Pia Stenner
Am Eingang des Museums begrüßt ein Wildschwein – ein Überbleibsel aus einer Asterix-Ausstellung – die Besucher. Und momentan trägt selbst das Wildschwein Maske. Das aktuelle Hygienekonzept lässt derzeit nicht zu, dass Kinder selbst mit Wachstafeln schreiben oder Gepäcksäcke hochheben dürfen, bedauert Dr. Joseph Mühlenbrock.
Virtuell auf Schnitzeljagd oder Erklärungen per QR-Code
Die Museumspädagogen aber hätten sich während der Corona-Pandemie auch einiges einfallen lassen. Mittlerweile können Besucher von zu Hause aus per Videokonferenz auf virtuelle Schnitzeljagd ins Museum gehen. „Damit haben wir jetzt ganz neue Zielgruppen erschlossen. Letztens hat eine Gruppe vom Goethe-Institut in Südkorea das Museum digital besichtigt“, erzählt der Museumsleiter.
Für diejenigen, die noch selbst ins Museum gehen können und möchten, gibt es statt Audioguides zum Ausleihen nun QR-Codes an den Exponaten. Dort können die Besucher die Informationen mit ihrem Handy anhören.

Römer-Checkerin Julia Großekathöfer ist in Sachen römische Geschichte bestens informiert. Sie steht für Fragen der Besucher zur Verfügung. © Pia Stenner
Die Museumspädagogen bieten mittlerweile auch wieder Führungen für Kleingruppen bis zu zehn Personen an, ansonsten geben sie in Tunika und Stola als „Römer-Checker“ Auskunft, wenn Besucher Fragen haben.
Selleriesamen, Totenbetten und Kriegsschiffe
Welche Geschichte verbirgt sich beispielsweise hinter dem roten Bett mit detailreichen Knochenschnitzereien, das direkt am Eingang ins Auge sticht? Auf einem solchen Bett wurden die verstorbenen Römer verbrannt und dann alleine in 18 Meter breiten Grabmonumenten begraben. „Es ist schon eine Sensation, dass wir aus eigentlich schon verbrannten Stücken ein ganzes Totenbett wieder zusammensetzen konnten“, sagt Dr. Joseph Mühlenbrock.

Aufwendige Knochenschnitzereien an Totenbetten © Pia Stenner
Das Halterner Römermuseum steht heute an einem von vielen Orten in der Region, an denen es früher Römerlager entlang der Lippe gab. Deshalb gibt es auch Exponate aus Anreppen, Dorsten-Holsterhausen oder Oberaden, wo einige der kleinsten Funde entdeckt wurden. Beim Vorbeischlendern an der Vitrine sind sie schnell zu übersehen: Kleine Selleriesamen und Pfefferkörner.
„Sie sehen aus wie der Pfeffer, den Sie auch im Supermarkt kaufen können“, sagt Mühlenbrock. „Doch sie sind etwa 2000 Jahre alt. An der Fundstelle gibt es einen sehr, sehr lehmigen Boden und durch das feuchte Milieu konnten verschiedene Lebensmittel dort so gut erhalten werden.“ Viele größere Gegenstände dagegen sind nicht mehr vollständig geblieben, sondern mussten detailgetreu nachgebaut werden.
Rekonstruiertes Kriegsschiff „Victoria“ gleich neben der Maueranlage
2008 machten sich Archäologen und Schiffsbauer an die Arbeit, ein römisches Kriegsschiff zu rekonstruieren, mit dem die Römer damals die Lippe befahren haben. Normalerweise ist die „Victoria“ im Sommer auf den Flüssen in der Region als mobiles Stück Geschichte unterwegs, momentan steht sie aber direkt neben der Maueranlage. Manchmal laufen den Besuchern hier auch ein paar ehrenamtliche Hobby-Legionäre in authentischer Ausrüstung mit Helm, Schutzschild und Rüstung über den Weg. Etwas aus der Zeit gefallen ist dabei nur der Asterix-und-Obelix-Mundschutz, den sie heute tragen müssen.
Das sind die Öffnungszeiten und Eintrittspreise
- Eintrittspreise: Erwachsene zahlen 6 Euro Eintritt, Ermäßigungsberechtigte 3 Euro. Kinder und Jugendliche bis 17 Jahren haben freien Eintritt.
- Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag von 9 bis 17 Uhr, Samstag, Sonntag und an Feiertagen von 10 bis 18 Uhr.
- Anfahrt: Das LWL-Römermuseum liegt an der Weseler Straße 100 und hat einen für Besucher gebührenfreien Parkplatz. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln kann das Museum ab dem Bahnhof Haltern mit der Buslinie 298 angefahren werden. Zu Fuß dauert es etwa 20 Minuten. Das Museum ist außerdem im Internet im Radverkehrsnetz NRW eingetragen, zum Beispiel in der „Römer-Lippe-Route.“ Ausreichend Fahrradstellplätze gibt es am Museum auch. Mehr Infos unter www.lwl-roemermuseum-haltern.de
Ich studiere Journalistik und Politikwissenschaft an der Technischen Universität Dortmund, komme aber immer wieder gerne zurück nach Haltern am See. Zum Beispiel, um dort für die Lokalredaktion Haltern unterwegs zu sein und so meine Heimatstadt und ihre Menschen jedes Mal noch ein bisschen besser kennenzulernen.
