Zwei Medizin-Großprojekte in Haltern Niederlassung nur für Hausärzte möglich

Ärzteversorgung in Haltern: Niederlassung nur für Hausärzte möglich
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Die Flächenentwicklungsgesellschaft (FEG) Haltern baut am Bahnhof ein Medical Center mit (Arzt-)Praxen unterschiedlicher Größen. Parallel plant der neue Besitzer des Amaro-Hauses, die Immobilie von 1971 zu einem Ärztehaus umzufunktionieren. Beide Häuser sollen 2025 fertig sein. Über die Zulassung von neuen Niederlassungen entscheidet die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe. Und die hat für Haltern klare Zahlen.

Aktuell sind in den Städten Datteln, Dorsten, Haltern, Herten, Oer-Erkenschwick, Recklinghausen und Waltrop hausärztliche Sitze offen, antwortet ein Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung auf unsere Anfrage. Für andere Fachgruppen sei der Kreis Recklinghausen dagegen gesperrt - und damit auch Haltern.

Haltern mit 37.808 Einwohnern verfügt laut Statistik über 20 Hausärzte und erreicht damit eine Versorgungsquote von 92,8 Prozent. Vier Niederlassungen sind noch möglich (Stand: aktuell gültiger Beschluss des Landesausschusses der Ärzte und Krankenkassen in Westfalen-Lippe vom November 2022).

Um in der hausärztlichen Versorgung eine Fehlsteuerung zugunsten des Ballungsraumes Ruhrgebiet und zulasten ländlicher Räume wie Haltern zu vermeiden, werden die Verhältniszahl von Einwohner je Hausarzt in zeitlichem Abstand von je zwei Jahren abgesenkt. Die Zahlen für Haltern: 2022 und 2023 1782 Einwohner je Hausarzt; 2024 und 2025 1733 Einwohner je Hausarzt; 2026 und 2027 1685 Einwohner je Hausarzt.

Für Fachärzte wie Urologen, Gynäkologen, Augen-, Kinder- oder HNO-Ärzte beispielsweise ist dagegen derzeit kein Platz in Haltern.

Privatpraxen möglich

Allerdings ist die Kassenärztliche Vereinigung ausschließlich für die ambulante ärztliche Versorgung im Bereich der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKB) zuständig. Die Gründung von Privatpraxen in Haltern ist deshalb durchaus möglich.

Eine Visualisierung des neuen Medical Centers am Bahnhof Haltern
So soll das neue Medical Center am Bahnhof aussehen. © Architekturbüro Wannemacher/Möll

Generell lässt sich sagen, so KVWL-Pressesprecher Stefan Kuster, dass die Nachbesetzung von Arztsitzen in vielen Regionen, vor allem im ländlichen Bereich, schwieriger wird, da sich nicht genug junge Medizinerinnen und Mediziner für eine (eigene) Praxis entscheiden. Zugleich seien für junge Ärztinnen und Ärzte, die sich für eine Niederlassung interessierten, auch die sogenannten weichen Faktoren entscheidend.

Wichtig sei zum Beispiel, ob ausreichend Praxisräume, Baugrundstücke, Kinderbetreuungsangebote oder Jobmöglichkeiten für den Partner beziehungsweise die Partnerin in einer Ortschaft vorhanden seien.

Fehlversorgung vermeiden

Die Bedarfsplanung der Kassenärztlichen Vereinigung legt grundsätzlich fest, wie viele Ärztinnen und Ärzte sowie Psychotherapeutinnen und -therapeuten für eine Stadt, einen Kreis oder eine Region benötigt werden. Sie soll eine ausreichende flächendeckende Versorgung gewährleisten sowie eine Fehlversorgung vermeiden.

Grundlage der Bedarfsplanung ist die Bedarfsplanungs-Richtlinie, die vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) erlassen wird. Es ist die Aufgabe der Kassenärztlichen Vereinigungen, die Vorgaben der Bedarfsplanungs-Richtlinie in konkrete Bedarfspläne einfließen zu lassen.

Bessere Bedingungen schaffen

Die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe sieht bei einer Verbesserung der Versorgung die Politik in der Pflicht. „Um die Versorgung zu sichern und im solidarischen System bezahlbar zu halten, darf nicht nur die Zahl der Ärzte in den Blick genommen werden, zumal diese nicht beliebig vermehrbar ist, sondern es muss ebenso auf die Rahmenbedingungen wie fehlende Medizinstudienplätze und die Inanspruchnahme geschaut werden“, sagt Stefan Kuster.

Das alte Amaro-Haus bekommt eine neue Fassade.
Aus dem alten Amaro-Haus soll ein Ärztezentrum werden. Dafür wird großzügig umgebaut - wie diese Visualisierung zeigt. © Gesterkamp

Gerade mit Blick auf die Behandlung von Kindern und Jugendlichen beispielsweise komme es zu vermehrter Inanspruchnahme ärztlicher Leistungen aufgrund gesunkener Gesundheitsbildung in der Bevölkerung. Auch nehme zum Beispiel das Erstellen von Gutachten bei den Ärztinnen und Ärzten immer mehr Zeit in Anspruch. „Bei all diesen Rahmenbedingungen liegen wichtige Aufgabenstellungen bei der Politik.“

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