Apotheken in schwieriger Lage Kreissprecherin: „Das ist eine Klatsche ins Gesicht“

Apotheken in schwieriger Lage: „Das ist eine Klatsche ins Gesicht“
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Lieferengpässe und fehlende Medikamente gefährden zunehmend die optimale Gesundheitsversorgung der Bevölkerung. Dazu hatten sich Halterner Apotheker in den vergangenen Wochen mehrfach geäußert und vor allem die Rabattpraxis der Krankenkassen kritisiert.

Noch einen Schritt weiter geht Juliane Stark-Kreul. Sie ist Sprecherin der Apotheken im Kreis Recklinghausen und betreibt in Marl die Engel-Apotheke. „Letztlich sind es nicht nur die Krankenkassen, sondern es ist die Politik, die für die entstandene Situation verantwortlich ist“, so Stark-Kreul. Neben verschiedenen Kinderarzneimitteln sind inzwischen auch zahlreiche Antibiotika, Krebsmedikamente und auch Insuline betroffen.

„Diese Geiz-ist-geil-Politik im Gesundheitswesen geht in etwa auf das Jahr 2000 zurück“, sagt Juliane Stark Kreul. „Unter der damaligen Gesundheitsministerin Ulla Schmidt wurden die Rahmenbedingungen geschaffen, die sich heute weiter auswirken. Wir Apotheker haben schon damals gewarnt, dass das nicht gutgehen wird.“

Markt ist eingeschränkt

Inzwischen sei der Markt der Medikamentenproduktion so eingeschränkt, dass viele Medikamente nicht mehr ausreichend produziert werden können, weil Preissteigerungen der Ausgangsstoffe, Lohnsteigerungen, gestiegene Energiekosten etc. einen Rabattpreis der Krankenkassen nicht mehr abdecken.

„Wir Apotheker haben in der Corona-Pandemie alles getan, um die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung aufrecht zu erhalten, zum Teil unter extrem erschwerten Bedingungen“, so die Pharmazeutin weiter. „Wir haben Masken besorgt, wir haben Desinfektionsmittel selbst hergestellt und vieles mehr. Heute wird uns das damit gedankt, dass der Zwangsrabatt, den wir an die Krankenkassen zahlen müssen, erhöht wird. Das empfinden wir als Klatsche ins Gesicht.“

Medikamente sind nicht mehr uneingeschränkt lieferbar.
Medikamente sind nicht mehr uneingeschränkt lieferbar. © picture alliance/dpa

In vielen Fällen könnten Apotheker Medikamente, an denen akuter Mangel herrscht, wie jetzt aktuell auch bei Fieber-/Schmerzmitteln für Kleinkinder, selbst herstellen, aber das sei mit großem bürokratischen Aufwand verbunden. „Voraussetzung ist, dass Ärzte nicht ein Medikament, sondern eine Wirkstoffmenge verschreiben. Dann können wir, sofern die Substanzen und das Personal zur Verfügung stehen, selbst tätig werden.“

Apotheken fehlt Personal

Ein weiteres Problem dabei sei gerade der Personalmangel, der auch die Apotheken in voller Härte erfasst habe. „Wir brauchen pharmazeutisch-technische und pharmazeutisch-kaufmännische Assistentinnen und Assistenten sowie Apotheker“, sagt Juliane Stark-Kreul. „Eigentlich alles Berufe, die sich auch hervorragend neben der Familie ausüben lassen.“

Zwischen Personalmangel, Bürokratie und Inflation, werde es für Apotheken immer schwieriger, wirtschaftlich zu arbeiten, so Stark-Kreul. „Wenn keine nachhaltigen Maßnahmen zur Änderung der Situation ergriffen werden, sehe ich die Versorgung der Bevölkerung in Zukunft grundsätzlich gefährdet“, so die Kreis-Apotheken-Sprecherin. „Wir stehen erst am Anfang einer neuen Entwicklung.“

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