Jetzt ist es passiert: Im „Autobumser-Prozess“ um eine Serie von mutmaßlich betrügerisch inszenierten Autounfällen sind ein Kfz-Gutachter (52) aus Datteln und ein Anwalt (46) aus Haltern am Bochumer Landgericht wegen mehrfacher Beihilfe zum Betrug verurteilt worden.
Hauptangeklagter war ein Unfallfahrer aus Bochum (40). Die Richter der 1. Strafkammer zeigten sich nach knapp neunmonatiger Verhandlungsdauer (23 Sitzungstage seit August 2022) sicher überzeugt, dass der Bochumer ab März 2016 in mindestens 21 Fällen absichtlich Verkehrsunfälle inszeniert hat, nur um die gegnerische Versicherung zu betrügen.
Barauszahlungen
Spätestens ab Oktober 2017 waren laut Urteil auch der Anwalt aus Haltern (mit auswärtigem Kanzleisitz) und der Kfz-Gutachter aus Datteln nachweislich in die „Autobumser-Serie“ verstrickt. „Beiden war ab diesem Zeitpunkt bewusst, dass die Unfälle von dem Hauptangeklagten abgesprochen beziehungsweise absichtlich herbeigeführt worden waren“, sagte Richter Thorsten Fülber. Ungeachtet dessen habe der Anwalt weiterhin im Auftrag des Unfallfahrers einen Schaden nach dem anderen bei Haftpflichtversicherungen geltend gemacht. Von den anschließend zu Unrecht auf sein Kanzleikonto ausgezahlten Entschädigungen habe er seine Gebühren abgerechnet und die Restbeträge dann anteilig an den Gutachter und den Hauptangeklagten ausgezahlt – jeweils in bar.
Zettelsystem etabliert
Der Kfz-Gutachter und der Anwalt arbeiteten laut Urteil schon seit Jahren „kollegial zusammen“ und empfahlen sich nach Verkehrsunfällen gegenseitig. In der auswärtigen Kanzlei des Anwalts aus Haltern hatte sich nach Empfehlungen durch den Dattelner Gutachter eine Art Zettelsystem etabliert. Potenzielle neue Mandanten wurden von dem Anwalt angeschrieben, ihre Namen bis zu einer etwaigen Rückmeldung als Zettel an der Tür abgeheftet („Türfälle“). Meldete sich jemand, kam es im weiteren Verlauf zu einem Mandat, ansonsten wurde der Namenszettel entfernt.
Entzug der Zulassung droht
Sowohl der Anwalt als auch der Gutachter hatten ihre Verstrickung in die Betrugsserie vor Gericht bestritten. Insbesondere für den Rechtsanwalt könnte die Verurteilung zu 21 Monaten Haft auf Bewährung wegen Betrugs in 13 Fällen (drei davon im Versuchsstadium) das berufliche Aus bedeuten. Die Anwaltszulassung dürfte ihm durch die zuständige Rechtsanwaltskammer im Fall eines rechtskräftigen Urteils nahezu zwangsläufig entzogen werden.
Ihre Urteile nahmen Anwalt und Gutachter (Verurteilung wegen zwölf Betrugsfällen, 18 Monate Haft auf Bewährung) ohne äußerliche Regung entgegen. Anders der Hauptangeklagte. Die Urteilsverkündung wurde überschattet von einem fast 20-minütigen Hustenanfall des verurteilten Unfallfahrers. In seinem Fall wurde neben einer viereinhalbjährigen Gefängnisstrafe auch eine Fahrerlaubnis-Sperre für drei Jahre angeordnet.
Hohe Strafen für „Autobumser-Serie“ beantragt: Was einem Anwalt aus Haltern jetzt droht
Gerichtstermin steht: An diesem Tag fällt die Entscheidung zum Dattelner Kraftwerk
Illegale Sky-Abos zum Spottpreis verkauft: Auch Profi-Fußballer griffen angeblich zu