Beim Bau eines Regenrückhaltebeckens durch die Stadt Haltern stießen Archäologinnen und Archäologen des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) 2022 auf dutzende Hölzer von Erlen und Eichen: vom Bruchstück eines dicken Astes bis zum mehrere Meter langen Baumstamm. Sie lagen in drei bis vier Metern Tiefe in einem schon vor Jahrhunderten verlandeten Lippearm.
„Einige Baumreste könnten ursprünglich als Uferbefestigung gezielt an den Flussrand gebracht worden sein“, vermutet Dr. Bettina Tremmel, LWL-Expertin für provinzialrömische Archäologie. Sie schickte einige Baumscheiben zur Untersuchung an die Universität zu Köln. Fachleute dort datieren das Holz mithilfe der Jahresringe ins frühe Mittelalter. Tremmel: „Die Bäume wurden demnach vor etwa 1300 bis 1500 Jahren gefällt oder könnten zum Beispiel bei einem Hochwasserereignis in den Fluss gefallen sein.“
Die Hölzer sind unbearbeitet, sodass nur ein exemplarischer Teil vom LWL aufbewahrt werden muss. Tremmel: „Aus diesem Grund haben wir uns entschieden, sie im Sinne der Nachhaltigkeit einer Möbelmanufaktur zur Verfügung zu stellen.“ Ulrich Wiemann aus Havixbeck plant, aus dem Rohstoff Möbel und Skulpturen herzustellen.
Transportweg Lippe
Da die Lippe für die Römer ein wichtiger Transportweg war, informierte die Stadt Haltern die Expertin der LWL-Archäologie für Westfalen. „Für den Truppennachschub mussten tausende Tonnen Lebensmittel zu den Römerlagern entlang der Lippe geliefert werden. Das konnte nur mit Schiffen gelingen, die einen geringen Tiefgang hatten. Wir Archäologen versuchen, den Lippelauf in Haltern am See vor 2000 Jahren zu rekonstruieren, um den Transportwegen der Römer bei uns in Westfalen auf die Spur zu kommen“, so die Römer-Expertin.
In der Hunderte-Meter breiten Flussaue zwischen der Hohen Mark und der Haard, wo 2022 und 2023 das Regenrückhaltebecken „Im Broock“ entstanden ist, hatte die Lippe schon vor 2000 Jahren viel Platz, um sich auszubreiten.

Beim Bau des vier Meter tiefen Regenrückhaltebeckens durch die Stadt wurde eine 1000 Quadratmeter große Baugrube ausgehoben. Diese Erdmasse lieferte den LWL-Archäologinnen und Archäologen wichtige Hinweise. „Genau an dieser Stelle verlief im Frühmittelalter ein Lippearm, der heute nicht mehr zu erkennen ist. Dieser hatte zur damaligen Zeit die Ufer abgetragen“, berichtet Stefan Ullrich, der als studentischer Volontär die Grabung begleitet hat.
Archäologisch nicht relevant
Der Großteil der geborgenen Bäume und Äste lag auf dieser Sohle ebenso wie Keramikscherben. „Die Schnittreste aber sind archäologisch nicht weiter relevant. Wir freuen uns, dass sie nun eine sinnvolle Verwendung finden und wir sie wieder der Kreislaufwirtschaft zuführen“, so Prof. Dr. Michael Rind, Direktor der LWL-Archäologie für Westfalen: