There’s no rainbow without rain – es gibt keinen Regenbogen ohne Regen. Lea Drüppel wählte dieses hawaiianische Sprichwort zu ihrem Lebensmotto. Sie lebte fröhlich auf ihre Zukunft hin, in der Zuversicht, Hoffnung und in dem festen Glauben an immer wiederkehrenden Neubeginn.
Aus dem Regen wurde eine Sturzflut, Lea Drüppel starb, wie 15 Mitschülerinnen und Mitschüler sowie zwei Lehrerinnen des Joseph-König-Gymnasiums auch, auf dem Heimflug von Barcelona. Der Co-Pilot ließ das Flugzeug am 24. März 2015 an einem Berg zerschellen. Schmerzvolle Trauer, und ein Regenbogen war lange nicht zu sehen. Nun ist er wieder aufgezogen, als Vermächtnis von Lea Drüppel und als Symbol für einen wundervollen Neuanfang. Ihre Mutter Anne eröffnet am 30. September das Lea-Drüppel-Theater an der Zaunstraße. Eine Begegnungsstätte für Musik und Theater. Mit dem Regenbogen als Erkennungszeichen.
Es hätte Lea gefallen
Jule Brinkert (11) ist in dem Premierenstück „Honk – anders als der Rest“ das alte Kätzchen „Prinzesschen“. Seit Juni studieren sie und 17 andere junge Darsteller im Alten Rathaus ihre Rollen ein. Am Donnerstagabend bestellte der musikalische Leiter Niclas Floer die Kinder und Jugendlichen erstmals zur Probe in das fast fertige Lea-Drüppel-Theater ein.
Während die früh eingetroffene Jule Brinkert auf ihn und die anderen Akteure wartet, erzählt sie, was ihr das Mitwirken an diesem Projekt bedeutet: „Ich bin sehr stolz, dass ich hier auf der Bühne stehen darf. Das Theater ist einfach cool, es hätte Lea ganz bestimmt gefallen.“ Dann kommt Wiebke Gülker, Haushuhn Stummel und schöne Ente Grazia in Personalunion.
Die 23-jährige angehende Erzieherin kannte Lea gut, die beiden haben zusammen im Chor gesungen. „Das hier wäre alles in Leas Sinn gewesen“, sagt sie, „und jeder spürt, wie viel Herzblut in diesem Theater steckt.“ Wiebke Gülker gefällt dieses Extra in der Halterner Kulturlandschaft, weil es Vielfalt zulässt. „Es bietet nicht nur uns Platz, sondern auch Künstlern aus anderen Genres.“ Was sie damit meint, steht auf dem Theaterplan zu lesen.
Erste Anfragen aus der Szene
Am 9. November interpretiert „Wildes Holz“ aus Recklinghausen Pop und Klassik mit Konzertgitarre, Kontrabass und gemeiner Blockflöte. Das Konzert ist längst ausverkauft. Michaela Schober, eine der beliebtesten weiblichen Musicalstars im deutschsprachigen Raum und Darstellerin im Luther-Oratorium, gastiert am 25. November im Lea-Drüppel-Theater. Der französische Chansonsänger Jean Séférian folgt am 10. Dezember. Erste Anfragen aus der Kleinkunst-Szene liegen Anne Drüppel bereits vor.
Leas Mutter kann es kaum fassen, dass von der Idee bis zur Verwirklichung kaum mehr als ein Jahr vergangen ist. „Zum Heimatfest 2016 haben wir noch Waffeln verkauft, um die Finanzierung anzuschieben. Ob wir unser Projekt tatsächlich verwirklichen könnten, wussten wir zu dem Zeitpunkt noch nicht“, sagt Anne Drüppel. Wir, das ist ein großes Wort: Ohne mannigfache Unterstützer, gewerblich wie privat, hätte das Theater nicht entstehen können. „So viele haben geholfen und waren extrem kooperativ.“ Alles sei letztlich rasend schnell gegangen.
Große Dankbarkeit
Hans-Dieter Speikamp hält als Vorstandsmitglied die Finger aufs Geld. Er koordinierte während des Umbaus des ehemaligen, 163 Quadratmeter kleinen Kinos die Gewerke und hat auch sonst die Finanzen im Blick. Er sei ein kühler Rechner, sagt Anne Drüppel schmunzelnd, mit großer Dankbarkeit. 225 000 Euro Baukosten fallen laut Hans-Dieter Speikamp an, 220 000 Euro sind als Spenden eingegangen. Noch sind nicht alle Arbeiten abgeschlossen und abgerechnet. „Wir werden künftig Fixkosten von rund 7000 Euro pro Jahr haben“, schätzt Hans-Dieter Speikamp. Viel Geld, aber das Theater werde Zukunft haben, daran glaube er fest.
Die Projektleitung obliegt Lena Meinhard, 2. Vorsitzende des Lea-Drüppel-Theatervereins. Sie wird unterstützt durch Silke Eumann (Theaterpädagogin, Regie) und Niclas Floer (musikalische Leitung). Silke Eumann: „Auch ich habe zwei liebe Menschen gekannt, die in der Maschine saßen und nun fehlen. Ich fühle mich deshalb persönlich diesem Projekt verbunden. Es ist eine Bereicherung für Haltern.“
Barrierefreier Spielort
Der barrierefreie Spielort mit 70 Plätzen soll zu einem kulturellen Begegnungsort für Musik- und Theaterliebhaber gedeihen. Im Gedenken an Lea. „Wir wollen lebendig halten, was Lea wichtig war. Weil es so schön und wertvoll war“, sagt Anne Drüppel. Ja, der Ort sei getragen von Emotionen. Aber er sei eben auch ein Ort, wo jungen Menschen unter erfahrener und kreativer Führung die Musik und das Bühnenspiel nahe gebracht werde. „Ich habe gesehen, wie Lea sich durch ihre Bühnenauftritte in ihrer Persönlichkeit entwickelt hat. Das soll auch anderen Kindern möglich sein.“
Lea spielte seit dem 6. Lebensjahr Geige, mit 12 wechselte sie zum Klavier. Sie besuchte die Bläserklasse und lernte das Querflöten-Spiel. Sie hatte eine ausdrucksstarke Stimme, nahm Gesangsunterricht und komponierte eigene Lieder. Sie träumte davon, später im Musical, Schauspiel und Gesang ihre Heimat zu finden. Im neuen Theater schwingt dieser Geist von Lea mit. Ihr Klavier steht hier, auch Teile aus ihrem Zimmer werden in der Garderobe nützliche Dienste leisten. „Dieses Projekt zu verwirklichen, hat mich viel Kraft gekostet“, gesteht Anne Drüppel. „Aber es ist eine Möglichkeit, positiv mit der Trauer umzugehen und lebenswert weiterleben zu können.“ Der bunte Regenbogen, ein Gewölbe aus Licht, verbindet Himmel und Erde. Als Friedenstaube gefaltet (wie im Theater-Logo) stärkt er das Ur-Vertrauen: Das Leben geht weiter, mit Lea im Herzen.
Die Premiere und weitere Aufführungen von „Honk – Anders als der Rest“ sind ausverkauft. In dieser mitreißenden, berührenden Musical-Komödie geht es bei aller Komik um Akzeptanz und Verständnis des Andersartigen in der Welt. Eine Sequenz daraus wird zur Eröffnung am 30. September 11 Uhr gespielt. Und auch Leas Lied „A part of you“ wird von Johanna Janz, Katharina Jendral und Felix Henze vorgetragen. Nach der Einweihung läuft bis 17 Uhr ein öffentliches, buntes Programm. Am 17. September ist Mitgliederversammlung des Theatervereins. Info: www.lea-drueppel-theater.de