Zwei Männer kämpfen gegen die Dunkelheit und die Gefahr an der Brackeler Straße

© Oliver Schaper

Zwei Männer kämpfen gegen die Dunkelheit und die Gefahr an der Brackeler Straße

rnArbeitsweg zur Westfalenhütte

Für Fahrradfahrer und Fußgänger ist die Brackeler Straße derzeit ein gefährliches Pflaster. Der Weg für die Mitarbeiter von Amazon und Co. ist finster. Zwei Männer wollen etwas dagegen tun.

von Michael Nickel

Dortmund

, 05.01.2019, 04:39 Uhr / Lesedauer: 3 min

Die Dunkelheit zieht sich über einen Kilometer. Hell wird es hier nur, wenn die Sonne scheint oder Autos nach Sonnenuntergang mit hohem Tempo ihr Licht für ein paar Sekunden über den Bürgersteig werfen. Auf der Brackeler Straße zwischen Lünener Straße und der Kaltbandstraße, dort wo Amazon seine riesige Logistikhalle stehen hat, steht keine einzige Laterne.

Dabei würden ein paar Leuchten dem Weg guttun. Mehrmals am Tag benutzen Hunderte Mitarbeiter, die in einem der Logistikunternehmen auf der Westfalenhütte arbeiten, diesen Weg, um zur Schicht zu kommen.

Einmal fuhr er ein Reh in der Dunkelheit an

So wie auch Tim Wagner. Der 30-Jährige lebt seit drei Jahren in der Nordstadt. Er studiert Maschinenbau an der Fachhochschule und arbeitet zweimal in der Woche als Aushilfe bei Decathlon. Morgens muss er mit dem Fahrrad über die Brackeler Straße.

Im Sommer hat er noch Glück, da kann es morgens schon mal hell sein und er sieht andere Fahrradfahrer oder Fußgänger, die ihm entgegenkommen. Meistens ist es aber dunkel. Oder eher zappenduster. „Einmal“, sagt Wagner, „habe ich ein Reh angefahren.“ In der Dunkelheit war es nicht zu erkennen, sowohl er als auch das Tier sind in dieser Situation aber unverletzt geblieben.

Nichts zu sehen: Einzig die vorbeifahrenden Autos sorgen für etwas Licht entlang der Brackeler Straße, wie der Blick von der Brücke zum Parkplatz des Freibades zeigt.

Nichts zu sehen: Einzig die vorbeifahrenden Autos sorgen für etwas Licht entlang der Brackeler Straße, wie der Blick von der Brücke zum Parkplatz des Freibades zeigt. © Michael Nickel

So glimpflich wie dieser Zusammenprall sind zuletzt vermutlich die meisten Begegnungen auf diesem Weg abgelaufen. Der Polizei jedenfalls ist für das Jahr 2018 ein Fall bekannt, bei dem es zu einem Unfall kam.

„Hierbei handelte es sich um einen Verkehrsunfall mit zwei beteiligten Radfahrern, die kollidiert sind“, teilt Polizeisprecherin Dana Seketa auf Anfrage mit. „Ein Beteiligter erlitt dabei leichte Verletzungen, Unfallort war der Gehweg in Höhe des Freibads Stockheide.“

Unterwegs ist man hier oft mit Warnweste

Dass der Polizei nicht mehr Unfälle bekannt sind, kann Glück sein, es kann aber auch eine Dunkelziffer geben. Menschen haben Unfälle, Fahrradfahrer kollidieren, melden es aber nicht der Polizei. „Fußgänger sind auf diesem Stück häufig mit Warnweste und Taschenlampe unterwegs“, sagt Tim Wagner.

Um an dieser Situation etwas zu verändern, war Tim Wagner zusammen mit Ansgar Ferdinand zuletzt zweimal in der Sitzung der Bezirksvertretung Innenstadt-Nord, wo sie in der Einwohnerfragestunde auf das Problem aufmerksam gemacht haben. Die beiden sind befreundet, Ferdinand ist 26 Jahre alt, arbeitet als technischer Angestellter, wohnt seit sechs Jahren in der Nordstadt und ist seit eineinhalb Jahren Mitglied im SPD-Ortsverein Borsigplatz.

Erfolgreiche Unterschriftenaktion beim Schichtwechsel

„Anfang 2018 haben wir uns erstmals über die Situation unterhalten und überlegt, wie man das Problem am besten angehen kann“, sagt Ferdinand. Die beiden haben sich unter anderem an Bezirksbürgermeister Ludwig Jörder (SPD) gewandt und sich dann dafür entschieden, in die Bezirksvertretung zu gehen sowie eine Unterschriftenaktion zu starten. „Als wir meinen Kollegen davon erzählten, fanden sie das sofort gut“, sagt Tim Wagner.

Das Logistik-Zentrum von Decathlon auf dem Westfalenhütte-Gelände: Hier ist alles gut ausgeleuchtet. Auf dem Weg dorthin ist es allerdings finster.

Das Logistik-Zentrum von Decathlon auf dem Westfalenhütte-Gelände: Hier ist alles gut ausgeleuchtet. Auf dem Weg dorthin ist es allerdings finster. © Oliver Schaper

Anfang November haben die beiden Freunde sich mithilfe von weiteren Freunden morgens zu Schichtbeginn vor die Amazon-Halle gestellt. Fast 200 Menschen haben unterschrieben, der Andrang war so groß, dass die Sammler sich Stifte leihen mussten, weil sie nicht mit einer solchen Resonanz gerechnet hatten.

Tim Wagner hofft, dass die Aktion etwas Tempo in die Sache bringt. „Lampen würden die Situation entspannen“, sagt er: „Optimal wäre zudem ein getrennter Weg für Fußgänger und Radfahrer.“

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Bewegung jedenfalls ist schon da, das Thema ist in der Verwaltung angekommen. Nachdem Tim Wagner und Ansgar Ferdinand Ende Oktober zum ersten Mal in der Bezirksvertretung waren und zudem die Grünen einen Antrag zur Verbesserung der Situation für Fahrradfahrer eingebracht haben, sei die Beleuchtungssituation vor Ort überprüft worden, wie Stadtsprecher Michael Meinders auf Anfrage mitteilt: „Dabei wurde festgestellt, dass aufgrund des starken Verkehrsaufkommens die Einrichtung einer Beleuchtungsanlage für den Rad- und Fußweg im Bereich zwischen der Lünener Straße und der Abfahrt Logistikpark (Amazon) sinnvoll wäre.“

Ein erster Erfolg, aber…

Die Einrichtung der Beleuchtungsanlage sei jedoch wegen der „noch geplanten gravierenden Veränderungen an dem Rad- und Fußweg im Zuge des weiteren Ausbaus des Logistik-Parkes noch nicht sofort möglich“, so Meinders. Unter anderem soll die sogenannte „Nordspange“ von der Brackeler Straße über die Westfalenhütte bis zur Bornstraße führen.

Diese Straße wird aber voraussichtlich nicht vor 2025 fertig werden. Einen Hoffnungsschimmer gibt es für Tim Wagner und Ansgar Ferdinand allerdings: „Es werden“, so Michael Meinders, „kurzfristige verkehrliche Maßnahmen zur Verbesserung der Situation geprüft“. Wie genau die aussehen werden und wie lange die Prüfung dauern wird, sagte er nicht.