Zufall oder Absicht? Nach Smart Rhino-Aus sind wichtige Unterlagen der Stadt online nicht abrufbar

Nach Smart Rhino-Aus sind wichtige Unterlagen nicht mehr abrufbar
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Wie ist das Milliarden-Vorhaben gescheitert? War es überhaupt ein Milliarden-Projekt? Wie viel Geld wurde in diesen Zusammenhang für was schon ausgegeben? Es gibt viele Fragen zum Smart Rhino-Projekt auf dem HSP-Areal an der Rheinischen Straße. Fragen, die Oberbürgermeister Thomas Westphal, der im Urlaub weilt, weiterhin trotz mehrfacher Nachfragen unserer Redaktion nicht beantwortet hat. Fragen, die sich derzeit auch nicht anhand der Unterlagen der politischen Gremien dieser Stadt beantworten lassen. Denn diese sind - entgegen demokratischer Gepflogenheiten - größtenteils nicht verfügbar. Und im Archiv der Mittteilungen der Stadt zu dem Thema klaffen ebenfalls Lücken.

Was ist passiert? Die Stadt hatte zusammen mit der Thelen Gruppe aus Essen seit Mai 2019 „intensiv an der Fortentwicklung“ des Smart Rhino-Konzepts gearbeitet. Normalerweise wird der Fortschritt durch laufende Beratung in den Ausschüssen, Verwaltungsvorlagen oder Sachstandsberichten im Rat dokumentiert. Aber: Vier Tage nach der Ankündigung des plötzlichen Aus für das Vorzeigeprojekt waren für 45 von 49 Monaten dieser Projektarbeit keine Drucksachen des Rats mehr online abrufbar.

Erst wenig, dann gar nichts: In diesem Portal sind sonst die Rats-Unterlagen für die Zeit vor März 2023 abrufbar. Seit dem 10. Juli, ca. 14 Uhr, ist dort kein Dokument online verfügbar.
Erst wenig, dann gar nichts: In einem Online-Portal sind sonst die Rats-Unterlagen für die Zeit vor März 2023 abrufbar. Seit dem 10. Juli um etwa 14 Uhr, ist dort kein Dokument mehr online verfügbar. © RN

Drucksachen werden im sogenannten Gremieninformationssystem als pdf-Datei gespeichert und sind dann, zum Beispiel in der Niederschrift, über einen Link abrufbar. Als unsere Redaktion am 7. Juli die Datenbankeinträge vor März 2023 zum Thema „Smart Rhino“ unter https://www.dortmund.de/de/rathaus_und_buergerservice/lokalpolitik/sitzungsunterlagen/index.html per Klick auf die Phrase „Weitere Sitzungsunterlagen vor März 2023“ sichten wollte, war auf dem Server kein einziges Pdf abrufbar - weder der ursprüngliche Ratsbeschluss noch die Kenntnisnahme der Machbarkeitsstudie und leider auch nicht der letzte Antrag von Ende 2022, eine neue Planstelle für das Projekt zu bewilligen.

Die Folge: Recherchierende Journalisten, interessierte Bürger, aber auch pflichtschuldige Kommunalpolitiker befinden sich im Blindflug, wenn sie Fakten zur gescheiterten Bündelung der Fachhochschul-Standorte auf dem HSP-Areal erfahren wollen.

Die Bitte um technischen Support an die auf der Website angegebenen Adresse blieb nach dem Hinweis „this is a permanent error“ („Das ist ein ständiger Fehler“) unbeantwortet.

Nach Rückfrage bei der Pressestelle der Stadt Dortmund am Montag, 10.7., wurde aus „kaum Information“ schließlich „gar keine Information“: Der Link zu den Sitzungsunterlagen vor März 2023 (https://rathaus.dortmund.de/dosys/doRat.nsf/GremienXP.xsp) ging mit dem Hinweis „Das Zielsystem der Anwendung konnte nicht erreicht werden“ beim zweiten Aufruf gegen 14 Uhr gänzlich ins Leere, nachdem er morgens noch auf oben beschriebene die lückenhafte Seite führte.

Das System bereitet Probleme

Zum Hintergrund: Im März 2023 hatte die Stadt das bisherige Sitzungsmanagement der politischen Gremien auf eine neue Software umgestellt. Alle früheren Dokumente blieben im alten System, ein Link führte dorthin. Es gab Beschwerden von Ratsmitgliedern über das neue System. Und auch das alte System lief nicht ganz rund. Gut möglich, dass die Stadtverwaltung die Sommerferien und die Sitzungspause des Rats nutzen wollte, um es zu optimieren. Und dass die Wartungsarbeiten nun mit dem Aus für Smart Rhino zusammenfielen.

"Smart Rhino kann kommen" - die Jubelmeldung von April 2020 findet sich nicht mehr im Angebot der Stadtverwaltung.
"Smart Rhino kann kommen" - die Jubelmeldung von April 2020 findet sich nicht mehr im Archiv-Angebot der Stadtverwaltung. © Screenshot than

Aber es sind nicht die einzigen Dokumente die nicht mehr auf dem Server abrufbar sind: Auch der Beitrag, der sich mit der Machbarkeitsstudie beschäftigt, aus dem April 2020 wird nicht gefunden. Der damalige Wirtschaftsförderer Thomas Westphal äußerte darin die Hoffnung, dass Dortmund hier zeige, „wie die Stadt der Zukunft funktioniert“. Auch die Mitteilung „Stadt entwickelt Strategien für das Umfeld der HSP-Fläche“ ist nicht mehr verfügbar.

Einsehbar sind viele dieser Seiten trotzdem, weil das Internet nichts vergisst und Google zum Beispiel Screenshots von Seiten archiviert. Aber das sind oft schwer zu findende und nicht systematisch geordnete Momentaufnahmen. Sie bilden nicht den politischen Prozess ab. Unsere Redaktion hat die Pressestelle der Stadt um Unterstützung bei der Suche nach den relevanten Unterlagen gefragt. Außerdem wollten wir wissen, ob und warum die Berichte nicht verfügbar sind. Eine Antwort steht bei Redaktionsschluss dieses Artikels am Montag, 10.7., 17.30 Uhr weiterhin aus.

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