Ausbau der Kläranlage
Sauerstoff-Alarm: Emscher in Dortmund hat nicht nur grüne Ufer
Das Emschertal in Dortmund-Deusen ist eine Augenweide: Es grünt so grün – aber nicht nur am Ufer. Ein hoher Gehalt von Nährstoffen wirkt wie Dünger. Was schön aussieht, hat seine Schattenseiten.
Spaziergänger, die es von Deusen ins Emschertal zieht, erleben eine prachtvolle Natur. Die Emscher fließt gemächlich in ihrem weiten Bett. Die Ufer leuchten in sattem frühlingshaften Grün. Am Geländer der Fußgängerbrücke zwischen Ährenweg und der Treppe zum Deusenberg fällt dem einen oder anderen derweil ein schwarzer Bügel auf: mitten über dem Fluss, gleicht er einem Stativ oder Galgen.
„Was hat der Bügel zu bedeuten?“, lautete eine Anfrage an diese Redaktion. Erklärungen liefert auf Anfrage Ilias Abawi, Sprecher der Emschergenossenschaft (EG). Was vielen Spaziergängern womöglich nicht aufgefallen ist: An dem Bügel hängt ein Kabel, das bis ins Wasser reicht. „Wir messen in diesem Bereich den Sauerstoffgehalt der Emscher“, erklärt er.
Aus gutem Grund: Der gut zwei Kilometer lange Emscher-Abschnitt im Raum Deusen fungiert seit Jahren als „Versuchsstrecke“ für die Emschergenossenschaft. Der Wasserwirtschaftsverband hat einzelne Ufer-Abschnitte unterschiedlich gestaltet. Mal ist das Ufer eher flach, mal steiler mit Kurven und Ausbuchtungen. „Wir analysieren damit, welchen Einfluss das auf die Gewässerökologie hat“, sagt der EG-Sprecher. Am steileren Ufer lasse sich etwa der Eisvogel nieder.
Viele Wasserpflanzen, wenig Sauerstoff, keine Fische
Die Versuchsstrecke liefere wichtige Ergebnisse für die Renaturierung der Emscher im weiteren Flussverlauf. „Wir sind mit den Erkenntnissen aus Deusen generell sehr zufrieden“, betont Ilias Abawi. Angewendet würden sie künftig überall dort, wo das Tal aufgrund der Bebauung eng sei und die Emscher nicht verlegt werden könne.
Optisch ein Genuss, ökologisch bedenklich: Ein zu hoher Nährstoffgehalt reduziert den Sauerstoff in der Emscher. © Stephan Schütze (Archiv)
Ziel sei es, das Flussbett zu weiten und so die Fließgeschwindigkeit zu vermindern – eine Voraussetzung für die Ansiedlung von Fischen. Dazu könne man etwa die Beton-Einfassungen an den Seiten entfernen und die Berme absenken. Die Berme ist der Grünstreifen oberhalb der Beton-Einfassungen.
Das ist in Deusen bereits geschehen. Doch so schön grün wie die Ufer aussehen, sei auch das Wasser. Grund sind viele Wasserpflanzen. „Wir hätten lieber eher ‚blaues’ Wasser“, erklärt Ilias Abawi. Das grüne Wasser zeuge von mangelndem Sauerstoffgehalt aufgrund von zu vielen Nährstoffen. Wegen des fehlenden Sauerstoffs gebe es in diesem Bereich keine Fische.
Der hohe Nährstoffgehalt hat in diesem Abschnitt einen Grund: Im Raum Deusen ändert sich der Fluss. Von Holzwickede bis hinter die Brücke Franz-Schlüter-Straße führt die Emscher Quell-, Grund- und Regenwasser. In Deusen leitet dann die Kläranlage gereinigtes Abwasser in die Emscher. Der Fluss wird breiter und führt viel mehr Wasser – zu 80 Prozent ist dies gereinigtes Abwasser.
Erkenntnisse aus EU-Projekt „Pills“
Die Deusener sei zwar eine moderne Großkläranlage mit einer „sehr sehr hohen Reinigungsleistung“, erklärt der EG-Sprecher. Trotzdem gelinge es nicht, in den drei Klärstufen die Nährstoffe herauszufiltern. Nährstoffe sind etwa Arzneimittelreste in menschlichen Ausscheidungen, aber auch Chemikalien, Waschmittel, Geschirrspülmittel.
„Das wirkt wie Dünger, die Pflanzen gedeihen“, erklärt Abawi. „Es sieht zwar schön aus, schadet dem Wasser aber mehr.“ Deswegen erweitert die Emschergenossenschaft die Deusener Kläranlage um eine vierte Reinigungsstufe. Baubeginn ist in diesem Sommer.
Hinter dem Marienhospital in Gelsenkirchen betreibt die Emschergenossenschaft eine Spezial-Kläranalage, um Arzneimittelrückstände und Nährstoffe im Abwasser zu eliminieren. © Jochen Durchleuchter/EGLV
Mit der vierten Klärstufe wendet der Wasserwirtschaftsverband Erkenntnisse aus dem 2009 gestarteten EU-Projekt „Pills“ an. Kern dieses Projekts ist eine heute weiterhin betriebene Spezial-Kläranlage am Marienhospital Gelsenkirchen. Das Abwasser des Krankenhauses bot sich als ein beispielhafter Hotspot von medikamentösen Konzentrationen im Abwasser an.
Die Reinigung erfolgt in einer Kombination aus Pulveraktivkohle- und Membranfiltration sowie Ozonierung. Das Forschungsprojekt am Schwarzbach, einem Emscher-Zufluss, kommt nun auch in Deusen zur Anwendung.
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