Zahl der Räumungsklagen in Dortmund steigt „Die Menschen kommen oft erst zu uns, wenn es zu spät ist"

Zahl der Räumungsklagen in Dortmund steigt im Vergleich zu Vorjahren
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Soziale Einrichtungen befürchten eine Welle von Räumungsklagen in Dortmund, weil Menschen wegen der Inflation und der hohen Energiepreise die Miete für ihre Wohnung nicht mehr bezahlen können. Wir haben bei der Stadt nachgefragt, wie sich die Zahl der Räumungsklagen in Dortmund entwickelt hat.

Die teilt mit, dass die Zahlen über die Jahre schwanken würden, in dem noch laufenden Jahr liege die Zahl im Vergleich zu den beiden vorangegangenen Jahren aber höher. Den Oktober eingeschlossen hat das Sozialamt bislang von 611 Räumungsklagen erfahren. Zuvor waren es jeweils auf das gesamte Jahr gesehen 592 (2021), 586 (2020) und 621 (2019).



56 Räumungsklagen im Oktober

Ob auch die hohen Energiekosten zu Zahlungsrückständen und darauffolgend zu Räumungsklagen geführt haben, ließ sich von der Stadt nicht aufschlüsseln. Der größte Teil der Räumungsklagen erfolge aber aufgrund von Mietschulden. „Es gibt aber auch andere Gründe wie beispielsweise die Kündigung wegen der Unzumutbarkeit für die anderen Mieter“, teilt die Stadt schriftlich mit.

Im Oktober 2022 hat es mit 56 Räumungsklagen im Vergleich zu den beiden Vorjahren (27 (2020), 25 (2021)) mehr als doppelt so viele Räumungsklagen gegeben.



Beim Mieterbund Dortmund habe man noch keinen Anstieg an Beratungen wegen Räumungsklagen feststellen können, sagt Geschäftsführerin und Rechtsanwältin Susanne Neuendorf.

In den Fällen, die aufschlagen, sei meist das große Problem, dass sich viele Menschen häufig nicht schnell genug Hilfe suchen. „Die Menschen kommen oft erst zu uns, wenn es zu spät ist. Wenn man eine Räumungsklage zugeschickt bekommt, lässt sich diese kaum noch abwenden“, sagt Neuendorf.

„Der Vermieter hat das Recht, eine Kündigung auszusprechen, wenn Zahlungsrückstände bestehen.“ Gerade private Vermieter seien oftmals selbst auf die Mieteinnahmen angewiesen, sagt Neuendorf.

Räumungsklagen seien bei den privaten Vermietern aber derzeit kein Thema, sagt Dennis Soldmann, Geschäftsführer von „Haus&Grund“, der Interessenvertretung der privaten Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer. „Unsere Mitglieder sind soziale Vermieter“, sagt Soldmann.

Räumungsklagen sind teuer

Sie seien an langfristigen und vertrauensvollen Mietverhältnisse interessiert. „Das heißt dann auch, dass man versucht, einvernehmliche Lösungen zu finden, wenn es finanzielle Probleme geben sollte“, sagt Dennis Soldmann. Räumungsklagen seien da nicht das Mittel.

Sollten Mieter aber eine Räumungsklage erhalten, könne diese ein „sehr teures Vergnügen“ werden, sagt Neuendorf. Denn bei Räumungsklagen orientiert sich der Streitwert am zwölffachen der Monatsmiete. In dieser Höhe sind Gerichts- und Anwaltskosten zu zahlen, wenn der Mieter verliert. „Das ist ein dicker Rattenschwanz, der dann hinterherkommt“, sagt Neuendorf.

Deshalb rät sie, sich sofort an den Vermieter, eine Mieterberatung oder die Stadt zu wenden, wenn Probleme auftreten. Oftmals lasse sich eine Lösung finden, indem etwa eine Ratenzahlung vereinbart werde.



Die Stadt übernehme in Härtefällen auch die Kosten für eine Mieterberatung und im Falle einer Räumungsklage wegen Mietschulden sogar die rückständigen Mieten. Voraussetzung dafür ist, dass die „Wohnung sozialrechtlich angemessen und erhaltenswert ist“ und der Vermieter „einem Weiterverbleiben in der Wohnung zustimmt“, schreibt die Stadt auf ihrer Internetseite.

Sollte das keinen Erfolg haben, sind die Kommunen gemäß der sogenannten ordnungsrechtlichen Unterbringung rechtlich verpflichtet, unfreiwillig obdachlose Menschen vorübergehend unterzubringen.

In Dortmund liegt die Zahl der ordnungsrechtlichen Unterbringungen derzeit bei 33 Fällen (Stand: 3. November). „Die Gesamtzahl der Unterbringungen im Jahr 2022 wird nicht über dem bisherigen Niveau liegen“, lautet die Prognose der Stadt. Im Jahr 2020 kam es in 64 Fällen nach der Räumung zu einer ordnungsrechtlichen Unterbringung, im Jahr 2021 in 52 Fällen.

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