Wolfgang Asshoff lebt seine Freundschaft mit Frankreich seit 70 Jahren „Eine Frage prägt mein Leben“

Wolfgang Asshoff: Ein Leben für den deutsch-französischen Dialog
Lesezeit

„Er sagte zu mir: ‚Ich hätte nie gedacht, dass ich einem Deutschen jemals die Hand schütteln würde.‘“ – Diese Worte eines Franzosen begleiten Wolfgang Asshoff aus Dortmund-Aplerbeck nun schon seit vielen Jahrzehnten.

Seit 1958 engagiert sich der Dortmunder im Rahmen der Gedenkstunde am Mahnmal in der Bittermark, wo jedes Jahr zu Ostern Gäste aus Frankreich empfangen werden. Seit 1992 ist er zudem als offizieller Beauftragter der Stadt für das Mahnmal tätig.

Wie alles begann

„Als ich in der zehnten Klasse war, das war 1958, fragte mich mein damaliger Französischlehrer aufgrund meiner Sprachkenntnisse, ob ich ihm dabei helfen würde, französische Gäste im Rahmen der Gedenkstunde in der Bittermark zu betreuen“, beginnt der über 80-Jährige zu erzählen. „Ich hätte damals kaum wissen können, wie sehr diese einfache Frage mein Leben prägen würde.“

Das Mahnmal in der Bittermark, eine Gedenkstätte im Stadtbezirk Hombruch, erinnert an die Morde, die 1945 von der Gestapo an rund 300 Zwangsarbeitern, politischen Häftlingen und Kriegsgefangenen begangen wurden – darunter viele Franzosen. Jedes Jahr findet hier an Karfreitag eine Gedenkveranstaltung statt, bei der Angehörige der Opfer und andere Gäste zusammenkommen.

„Früher kamen jährlich mehrere Hundert Franzosen zu der Gedenkveranstaltung nach Dortmund, sie reisten in dutzenden Bussen an. Das war immer ein großer Aufwand, sie unterzubringen. Einige habe ich auch bei mir zu Hause wohnen lassen“, erzählt Wolfgang Asshoff. „In diesem Jahr werden es vielleicht nur ein Dutzend sein. Über die Jahre sind viele verstorben.“

Auf dem Bild ist ein Dokument mit einem Bauplan zu sehen. Eine Hand deutet auf den Plan, der einen Teil einer Gedenkstätte oder eines Friedhofs darstellt.
Der Grundriss von dem Mahnmal in der Bittermark zeigt die vielen Grabstätten. © Anika Fischer

Erster Besuch in Frankreich

„Die Menschen, die hier nach Dortmund kamen, hatten oft sehr schlechte Erfahrungen mit Deutschen gemacht und waren nicht gut auf unser Land zu sprechen“, erzählt Wolfgang Asshoff. „1945 gab es in Deutschland einen Umbruch, aber die Franzosen haben nie vergessen, wie es war, in unserem Land zu arbeiten.“

1960 reiste Wolfgang Asshoff erstmals nach Frankreich und gehörte damit zu den ersten deutschen Schülern, die nach dem Krieg die Stadt Amiens besuchten. „Wir waren damals mit dem Orchester für eine Woche nach Amiens gereist. Das war eine echte Weltreise“, erinnert sich der Dortmunder. „Ich war bei einer französischen Familie untergebracht, und beim Abendessen wurde mir gesagt, dass ich den Opa der Familie lieber in Ruhe lassen sollte, er wäre nicht unbedingt gut auf Deutsche zu sprechen. Doch am vorletzten Abend setzte er sich zu mir und fragte mich, wie mir Frankreich gefällt. Ich war etwas verdutzt und sagte ihm, dass mir das Land gut gefällt, meine Sprachkenntnisse aber noch ausbaufähig sind. Am Ende stand er auf, nahm meine Hand und sagte: ‚Ich hätte nie gedacht, dass ich einem Deutschen jemals die Hand schütteln würde.‘“

Das Bild zeigt das Mahnmal in der Bittermark in Dortmund. Mehrere Personen halten Regenschirme und scheinen das Denkmal zu betrachten.
Jährlich an Karfreitag findet am Mahnmal in der Bittermark eine Gedenkveranstaltung statt - hier ein Bild aus dem Jahr 2016. © Oliver Schaper

Engagement als Lehrer

Diese prägende Erfahrung aus seiner Jugend sollte nicht nur Wolfgang Asshoffs persönliche Sicht auf den deutsch-französischen Dialog beeinflussen, sondern auch sein späteres Engagement als Lehrer. Als Französischlehrer am Humboldt-Gymnasium in Dortmund setzte er sich aktiv für die Förderung der bilingualen Ausbildung ein und trug damit maßgeblich zur Stärkung des interkulturellen Verständnisses bei. Der Austausch zwischen den Kulturen, den er als Schüler selbst erlebt hatte, wurde zu einem zentralen Anliegen seiner Lehrtätigkeit.

Für Wolfgang Asshoff war es immer die Sprache, die Brücken gebaut hat – sei es im Austausch zwischen Deutschen und Franzosen oder im Dialog zwischen den jüngeren Generationen und den Erfahrungen der Vergangenheit. „Sprachen eröffnen Kontakte. Deutschland ist nicht alleine auf der Welt. Wenn man in ein anderes Land geht und mit den Menschen spricht, entdeckt man, dass sie so sind wie du und ich – mit ähnlichen Interessen und Problemen“, sagt er. „Es geht nicht nur darum, sich zu verständigen, sondern auch darum, den anderen zu verstehen. Dadurch können Vorurteile abgebaut und Freundschaften geschlossen werden.“

Auf dem Tisch liegen mehrere Fotos, die verschiedene Personen in unterschiedlichen Situationen zeigen, darunter Treffen, Reden und Zusammenkünfte im Freien. Zusätzlich sind Bücher oder Dokumente mit architektonischen Zeichnungen zu sehen.
Wolfgang Asshoff hat aufgrund seines Engagements mehrfach bedeutende Auszeichnungen erhalten. © Anika Fischer

Auszeichnungen und Rückzug

Wolfgang Asshoffs jahrelange Arbeit und Hingabe für den deutsch-französischen Dialog blieben nicht unbemerkt. 1983 wurde ihm das Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen, zwei Jahrzehnten später folgte die goldene Ehrenadel der Stadt Dortmund. Auch aus Frankreich erhielt er Anerkennung: Er wurde zum Ritter des Ordens „du Mérite National de la République Française“ ernannt, eine der höchsten Auszeichnungen des Landes, und erhielt 1978 die silberne und goldene Ehrenadel des französischen Verbands der Zwangs- und Arbeitsdeportierten.

Nach einem Schlaganfall im Jahr 2023 musste Wolfgang Asshoff seine Arbeit mit den französischen Gästen zurückstellen. Den 80. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs möchte er nun als Anlass nehmen, seine Verantwortung an eine jüngere Generation weiterzugeben: „Eine ehemalige Schülerin von mir wird den deutsch-französischen Austausch fortführen. Sie verfügt nicht nur über die nötigen Sprachkenntnisse, sondern auch über die Leidenschaft für dieses Thema“, erklärt er. „Es ist beruhigend zu wissen, dass die Tradition weitergeführt wird und sich die nächste Generation für diese wichtige Aufgabe einsetzt.“

Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien erstmals am 13. April 2025.