Dortmunder schießt gegen Bebauungs-Gegner „Es gibt kein Recht auf einen unverbaubaren Blick“

Dortmunder kritisiert Bürgerinitiative: „Brauchen dringend Wohnraum“
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In Sachen Planungsrecht kennt sich der Dortmunder Werner Jakumeit bestens aus. „Ich habe es quasi im Blut“, sagt der 69-Jährige. Denn: Der heutige Ruheständler war früher Teamleiter im Stadtplanungs- und Bauordnungsamt in Dortmund.

Genau das sei auch der Grund, warum er nicht länger seine Füße mit Blick auf die Aktivitäten der Bürgerinitiative (BI) „Biotope am Grüngürtel“ in Lütgendortmund stillhalten könne. Diese möchte den Bau von rund 220 Wohneinheiten auf der Grünfläche zwischen Idastraße, Auf dem Toren und Martener Straße verhindern. Erst vor wenigen Tagen hat die als Verein eingetragene BI das städtische Vorhaben kritisiert und vor einem „weiteren missglückten Bauprojekt“ gewarnt.

„Ich begrüße prinzipiell bürgerliches Engagement. Aber sowohl hier als auch bei der Bebauung in Dortmund-Menglinghausen habe ich den Eindruck, dass Anlieger versuchen, eine Bebauung unter Außerachtlassung der gesetzlichen Gegebenheiten verhindern zu wollen“, meint Werner Jakumeit.

Bebauungspläne wie der „Lü 141 Auf dem Toren“ seien für die Stadt und ihre Bürger gerade jetzt unverzichtbar, so der ehemalige städtische Mitarbeiter: „Weil Dortmund ganz dringend Wohnraum benötigt. Die Aufnahmekapazitäten der Stadt sind erschöpft.“

Es gebe keine freien Wohnungen mehr, für Ukraineflüchtlinge etwa müssten demnächst Zeltlager aufgestellt werden. Darüber hinaus gebe es die Forderung des Cityrings, Obdachlose nach finnischem Konzept vorbehaltlos in Wohnungen zu unterbringen.

Potenzielle Wohnbaufläche

Grund und Boden seien nicht vermehrbar, betont Werner Jakumeit. „Und wenn der Flächennutzungsplan bereits 2003 besagte Fläche als potenzielle Wohnbaufläche ausgewiesen hat, fragt man sich, warum jetzt dieser aus meiner Sicht unberechtigte Protest kommt.“ Die Lütgendortmunder Bürgerinitiative hingegen hebt hervor, dass genau dieser Flächennutzungsplan „das Areal als nachrangig zu entwickelnde Wohnbaufläche ausweist“.

Es stehe außer Frage, dass sich jeder Bürger artikulieren dürfe, so Werner Jakumeit. „Aber gerade für Bebauungsplanverfahren sind bundeseinheitlich weitgehende Mitwirkungsmöglichkeiten vorgesehen“, betont er.

Der Rat müsse alle Belange in die Abwägungsschale werfen und das Für und Wider sorgfältig abwägen. „Und wenn dann der von den Bürgern der Stadt Dortmund gewählte Rat im Rahmen seiner Planungshoheit einen Bebauungsplan wie in Lütgendortmund letztendlich beschließt, dann ist das gültiges kommunales Planungsrecht. Damit muss der Bürger leben ...“

Am städtischen Friedhof Lütgendortmund soll das neue Wohnquartier entstehen.
Das neue Wohnquartier Auf dem Toren/Idastraße soll im Bereich des städtischen Friedhofs entstehen. Die Planungen stehen aber noch ganz am Anfang. © Beate Dönnewald (Archiv)

Warten auf Umweltbericht

Die Rechte eines Grundstückseigentümer hören am Ende seines Grundstücks auf, meint der 69-Jährige aus Scharnhorst. „Von daher gibt es auch kein Recht auf einen unverbaubaren Blick“, so der ehemalige Schiedsmann.

Das Argument der BI, dass sich die Bebauung dieser wertvollen Freifläche samt ihrer besonderen Funktion in der Biotop-Vernetzung nicht mit den Artenschutz- und Klimaschutzplänen der Stadt vertrage, lässt Werner Jakumeit nicht gelten. „Die Bürgerinitiative soll doch bitte die Erstellung des Umweltberichtes abwarten. Dann kann sie sich immer noch, aber bitte dezidiert, zu Wort melden.“

Linderung der Wohnungsnot

Von einem „Ausbau von Frischluftzonen“, ebenfalls ein Anliegen der BI, habe er noch nie gehört. „Natürlich geht weitere Wohnbebauung mit Eingriffen einher, die kompensiert werden müssen. Und genau das erfolgt im Bebauungsplanverfahren“, so Werner Jakumeit.

Er jedenfalls wünsche sich, dass die Wohnbebauung in Lütgendortmund realisiert wird „und damit einen Beitrag zur Linderung der Wohnungsnot in dieser unserer Stadt leistet.“

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