Der Himmel ist grau an diesem Mittwochvormittag. Nur vereinzelt sind Menschen auf den Einkaufsstraßen im Ortszentrum von Dortmund-Mengede unterwegs.
Tristesse auch auf dem Marktplatz. Wochenmarkt: Zwischen den Verkaufswagen mit Fleisch und Fisch vor der nordöstlichen Baumreihe und den Textilständen in der Mitte klafft eine große Lücke. Entsprechend der Markierungen könnten wohl 15 Autos hier parken. Ein attraktiver Wochenmarkt sieht gewiss anders aus.
Das sehen auch die Marktbeschicker so. „Die Händler sind weniger geworden“, sagt Mirella Osmic. Sie steht im Verkaufswagen und bietet Fleisch und schlesische Wurstspezialitäten an. „Jeder, der kommt, sagt, keine Stände, keine Leute“, erzählt sie von Kunden-Gesprächen. „Das ist schon schäbig geworden.“ Meist kämen nur noch ältere Stammkundschaft oder „Leute, die zum Arzt wollen“.
„Es kommen keine neuen Händler“
Lisa Lewinski ist Obst- und Gemüsehändlerin in dritter Generation. Sie kennt den Mengeder Markt von Kindesbeinen an. „Nach mir wird keiner mehr kommen“, sagt die 33-Jährige. Die Ursache: „Es macht sich keiner mehr selbstständig.“ Das sei auch eine Frage der Rentabilität. „Es ist alles im Einkauf teurer“, sagt sie. In diesem Sommer infolge des Wetters. „Die Erdbeeren sind teuer, weil auf den Feldern alles abgesoffen ist.“
Ein schweres Los. Lisa Lewinski ist sicher, dass der Mengeder Wochenmarkt in der aktuellen überschaubaren Größe bleiben wird. „Es kommen keine neuen Händler mehr.“ Sie ist froh, dass es die Textilstände in der Mitte der Standreihen gibt. „Ohne die Klamottenhändler wäre es noch leerer.“
Vor drei Jahren erlebte der Wochenmarkt eine Renaissance. „In der Corona-Zeit war es richtig voll“, sagt Fleischverkäuferin Mirella Osmic. An der Anzahl der Händler habe sich nichts geändert, sagt Lisa Lewinski. Aber: „Da war Andrang hier auf dem Markt.“ Wohl wegen des geringeren Infektionsrisikos und um rauszukommen in Zeiten der Kontaktsperre.

Jetzt sei es „schlimm geworden“, erklärt Christine Faust. Sie verkauft mit zwei Kolleginnen Fisch am Holländer-Stand. „Die Leute kaufen nicht mehr so viel, also bleiben auch die Händler zuhause.“ Dabei könne sie sich über das Geschäft gar nicht beklagen. „Wir sind zufrieden“, sagt die Angestellte.
Dennoch wünscht sie sich wie andere Händler und Kunden auch ein wenig mehr Attraktivität. Die Stadt reagiert auf die Entwicklungen – auch wenn sie nur von „leichten“ Rückgängen der Händlerzahl spricht.
Kein Mengeder Spezifikum: „Im Vergleich zu den Wochenmärkten beispielsweise in Lütgendortmund oder Huckarde gibt es hinsichtlich der Entwicklung der Händlerzahlen keine wesentlichen Unterschiede“, schreibt Stadtsprecher Christian Stein auf eine Anfrage unserer Redaktion.

„Aufgrund der sinkenden Händlerzahlen haben sich zwischen den Ständen auf dem Mengeder Wochenmarkt mittlerweile teilweise Lücken gebildet – diese sollen im Sinne eines attraktiven Erscheinungsbildes durch eine Umstellung geschlossen werden.“ Problematisch sei vor allem der Mittwoch. „Der Samstag ist als Markttag bei den Händlern beliebter, da aufgrund des Wochenendes mehr Bürger den Markt besuchen“, so der Stadtsprecher.
Mirella Osmic ist mit dem Fleisch- und Wurststand in der Weihnachtszeit 2023 schon einmal umgezogen. Von der gegenüberliegenden Seite der Reihe an den Rand des Wochenmarktes. Ganz problemlos sei das nicht gewesen. „Die Kunden sind fixiert darauf, mich an gewohnter Stelle zu finden“, sagt sie.
Allerdings stehe sie jetzt nicht mehr mit dem Rücken zu den anderen Marktständen. Von daher sei ihr die geplante Umstellung „wurscht“. An Anzahl und Vielfalt der Angebote werde die Umstellung nichts ändern, glaubt Gemüsehändlerin Lisa Lewinski.

Dennoch: „Durch eine Umstellung soll der Markt übersichtlicher und attraktiver für die Bürger werden“, schreibt Stadtsprecher Christian Stein. „Weiterhin ist die Stadt Dortmund immer auf der Suche nach neuen Händlern, um das Warenangebot auszuweiten.“ Und der Markt versorge die Bürger nicht nur mit Lebensmitteln und Alltagswaren. „Er dient auch als wichtiger Treffpunkt für soziale Kontakte und den Austausch im Stadtteil.“
Die Frage, ob der dezentrale Wochenmarkt ein aussterbendes Modell sei, lässt die Stadt offen. Aber: Seit einiger Zeit finde eine zunehmende Veränderung auf den Wochenmärkten statt. Ein Grund sei sicher das veränderte Konsumverhalten der Gesellschaft.

„Anders als in früheren Jahrzehnten können Waren des täglichen Bedarfs heute auch in den Vollsortimenten des Einzelhandels beschafft werden“, schreibt Christian Stein. „Berufstätige und Familien haben oft weniger Zeit, den Einkauf unter der Woche vormittags zu erledigen beziehungsweise regelmäßig Wochenmärkte zu besuchen.“
Unabhängig davon seien die Wochenmärkte in den Vororten „aber mehr denn je wichtige Orte der Begegnung“, so der Stadtsprecher. „Die Stadt Dortmund setzt sich daher aktiv dafür ein, die Wochenmärkte zu unterstützen und weiterzuentwickeln.“